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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Vorbericht.

Weil nach unserm Plan der Character un-
sers Helden auf verschiedene Proben gestellt
werden sollte, durch welche seine Denkensart
und seine Tugend erläutert, und dasjenige,
was darinn übertrieben, und unächt war,
nach und nach abgesondert würde; so war es
um so viel nöthiger ihn auch dieser Probe zu
unterwerfen, da Hippias, bekannter massen,
eine historische Person ist, und mit den übrigen
Sophisten derselben Zeit sehr vieles zur Ver-
derbniß der Sitten unter den Griechen beyge-
tragen hat. Ueberdem diente er den Charak-
ter und die Grundsäze unsers Helden durch den
Contrast, den er mit selbigen macht, in ein de-
sto höheres Licht zu sezen. Und da es mehr als
zu gewiß ist, daß der grösseste Theil derjenigen,
welche die grosse Welt ausmachen, wie Hippias
denkt, oder doch nach seinen Grundsäzen han-
delt; so war es auch in dem Plan der morali-
schen Absichten, welche wir uns bey diesem
Werke vorgesezt haben, zu zeigen, was für ei-
nen Effect diese Grundsäze machen, wenn sie in

den
Vorbericht.

Weil nach unſerm Plan der Character un-
ſers Helden auf verſchiedene Proben geſtellt
werden ſollte, durch welche ſeine Denkensart
und ſeine Tugend erlaͤutert, und dasjenige,
was darinn uͤbertrieben, und unaͤcht war,
nach und nach abgeſondert wuͤrde; ſo war es
um ſo viel noͤthiger ihn auch dieſer Probe zu
unterwerfen, da Hippias, bekannter maſſen,
eine hiſtoriſche Perſon iſt, und mit den uͤbrigen
Sophiſten derſelben Zeit ſehr vieles zur Ver-
derbniß der Sitten unter den Griechen beyge-
tragen hat. Ueberdem diente er den Charak-
ter und die Grundſaͤze unſers Helden durch den
Contraſt, den er mit ſelbigen macht, in ein de-
ſto hoͤheres Licht zu ſezen. Und da es mehr als
zu gewiß iſt, daß der groͤſſeſte Theil derjenigen,
welche die groſſe Welt ausmachen, wie Hippias
denkt, oder doch nach ſeinen Grundſaͤzen han-
delt; ſo war es auch in dem Plan der morali-
ſchen Abſichten, welche wir uns bey dieſem
Werke vorgeſezt haben, zu zeigen, was fuͤr ei-
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[0020] Vorbericht. Weil nach unſerm Plan der Character un- ſers Helden auf verſchiedene Proben geſtellt werden ſollte, durch welche ſeine Denkensart und ſeine Tugend erlaͤutert, und dasjenige, was darinn uͤbertrieben, und unaͤcht war, nach und nach abgeſondert wuͤrde; ſo war es um ſo viel noͤthiger ihn auch dieſer Probe zu unterwerfen, da Hippias, bekannter maſſen, eine hiſtoriſche Perſon iſt, und mit den uͤbrigen Sophiſten derſelben Zeit ſehr vieles zur Ver- derbniß der Sitten unter den Griechen beyge- tragen hat. Ueberdem diente er den Charak- ter und die Grundſaͤze unſers Helden durch den Contraſt, den er mit ſelbigen macht, in ein de- ſto hoͤheres Licht zu ſezen. Und da es mehr als zu gewiß iſt, daß der groͤſſeſte Theil derjenigen, welche die groſſe Welt ausmachen, wie Hippias denkt, oder doch nach ſeinen Grundſaͤzen han- delt; ſo war es auch in dem Plan der morali- ſchen Abſichten, welche wir uns bey dieſem Werke vorgeſezt haben, zu zeigen, was fuͤr ei- nen Effect dieſe Grundſaͤze machen, wenn ſie in den

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/20>, abgerufen am 25.04.2024.