Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Stunde länger der gewissen Gefahr von den Wilderern aussetzen und hatte ihn noch eine Strecke geleitet. Jetzt war er allein und ließ sein Pferd ruhig gehen. Oft schaute er zurück. Als er aber weiter hinabkam ins Thal und die Kuppe der Teufelsmühle, um welche unten dichter Nebel lag, zum letztenmale sah, da sang er laut in die Lüfte hinaus: Glaub' wohl, kein Wasser ist so tief, Für das kein Schiff bereit, Gäb' es ein so wildes Herze, Das nimmermehr verzeiht? Muß sein! muß sein! -- Nie kommt zurück Der Tag, der heut vergeht; Eine andere Lieb', ein ander Laub In jedem Frühling steht. Meine Wange ist so frisch und roth, Meine Augen sind so hell: Mein Rößlein schreitet munter, Ich komme nicht von der Stell'. Schau' mich um und schau' gar oft mich um, Als sucht' ich was so sehr; Im Sinn ist mir, als wenn es wohl Verlorene Liebe wär'. Stunde länger der gewissen Gefahr von den Wilderern aussetzen und hatte ihn noch eine Strecke geleitet. Jetzt war er allein und ließ sein Pferd ruhig gehen. Oft schaute er zurück. Als er aber weiter hinabkam ins Thal und die Kuppe der Teufelsmühle, um welche unten dichter Nebel lag, zum letztenmale sah, da sang er laut in die Lüfte hinaus: Glaub' wohl, kein Wasser ist so tief, Für das kein Schiff bereit, Gäb' es ein so wildes Herze, Das nimmermehr verzeiht? Muß sein! muß sein! — Nie kommt zurück Der Tag, der heut vergeht; Eine andere Lieb', ein ander Laub In jedem Frühling steht. Meine Wange ist so frisch und roth, Meine Augen sind so hell: Mein Rößlein schreitet munter, Ich komme nicht von der Stell'. Schau' mich um und schau' gar oft mich um, Als sucht' ich was so sehr; Im Sinn ist mir, als wenn es wohl Verlorene Liebe wär'. <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0075"/> Stunde länger der gewissen Gefahr von den Wilderern aussetzen und hatte ihn noch eine Strecke geleitet.</p><lb/> <p>Jetzt war er allein und ließ sein Pferd ruhig gehen.</p><lb/> <p>Oft schaute er zurück. Als er aber weiter hinabkam ins Thal und die Kuppe der Teufelsmühle, um welche unten dichter Nebel lag, zum letztenmale sah, da sang er laut in die Lüfte hinaus:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Glaub' wohl, kein Wasser ist so tief,</l><lb/> <l>Für das kein Schiff bereit,</l><lb/> <l>Gäb' es ein so wildes Herze,</l><lb/> <l>Das nimmermehr verzeiht?</l><lb/> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Muß sein! muß sein! — Nie kommt zurück</l><lb/> <l>Der Tag, der heut vergeht;</l><lb/> <l>Eine andere Lieb', ein ander Laub</l><lb/> <l>In jedem Frühling steht.</l><lb/> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Meine Wange ist so frisch und roth,</l><lb/> <l>Meine Augen sind so hell:</l><lb/> <l>Mein Rößlein schreitet munter,</l><lb/> <l>Ich komme nicht von der Stell'.</l><lb/> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Schau' mich um und schau' gar oft mich um,</l><lb/> <l>Als sucht' ich was so sehr;</l><lb/> <l>Im Sinn ist mir, als wenn es wohl</l><lb/> <l>Verlorene Liebe wär'.</l><lb/> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [0075]
Stunde länger der gewissen Gefahr von den Wilderern aussetzen und hatte ihn noch eine Strecke geleitet.
Jetzt war er allein und ließ sein Pferd ruhig gehen.
Oft schaute er zurück. Als er aber weiter hinabkam ins Thal und die Kuppe der Teufelsmühle, um welche unten dichter Nebel lag, zum letztenmale sah, da sang er laut in die Lüfte hinaus:
Glaub' wohl, kein Wasser ist so tief,
Für das kein Schiff bereit,
Gäb' es ein so wildes Herze,
Das nimmermehr verzeiht?
Muß sein! muß sein! — Nie kommt zurück
Der Tag, der heut vergeht;
Eine andere Lieb', ein ander Laub
In jedem Frühling steht.
Meine Wange ist so frisch und roth,
Meine Augen sind so hell:
Mein Rößlein schreitet munter,
Ich komme nicht von der Stell'.
Schau' mich um und schau' gar oft mich um,
Als sucht' ich was so sehr;
Im Sinn ist mir, als wenn es wohl
Verlorene Liebe wär'.
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Zitationshilfe: | Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/75>, abgerufen am 25.07.2024. |