Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.muß, und doch scheint die Sonne schon im Wasserspiegel. Wir müssen aber zuvor auf die Glashütte; da wird's schon vier, fünf Uhr, ehe wir nur ans Abspüren kommen. -- Doch, daß ich es nicht vergesse, was hat denn der Herr Otto bei der Mühle gesehen? fragte er endlich; ist der Herr hübsch vorsichtig gewesen und hübsch umsichtig, wie's der vollkommene Jäger lernen soll? Ich ging durch den schwarzen Winkel und sah nach den Tauben, antwortete der junge Jägersmann; dann schlich ich durch den alten Schlag auf den großen Stein bei der Mühle, es war noch Alles leer und still; die Räder standen, und kein Mensch ließ sich blicken. -- Otto wandte sich um, als horchte er auf etwas, um den spähenden Blicken des Försters zu entgehen, auf die Frage aber: Und hinter der Mühle? -- antwortete er leicht hin, indem er sich zum Gehen anschickte: Ueberall ganzer Thau, den kein Vogel gestreift hat. Ja! rief der Alte, man findet nie etwas, als könnte das katholische Pack nur auch durch die Luft fliegen. -- Er hielt inne und griff mit der Hand an den Kappenschild empor: Weiß wohl, der Herr Vater sind auch katholisch und der Herr Otto auch, aber nicht so katholisch; -- allen Respect! -- Aber, wie gesagt, das katholische -- die katholische Mühle ist mir ein Dorn im Auge, so lange ich lebe. Seit hundert Jahren hat dieselbe Sippschaft das Haus, und Jeder ist ein ärgerer Wilddieb gewesen, als sein Vater. Der Jetzige treibt's an die dreißig Jahr; und es ist, als hätte er mit dem muß, und doch scheint die Sonne schon im Wasserspiegel. Wir müssen aber zuvor auf die Glashütte; da wird's schon vier, fünf Uhr, ehe wir nur ans Abspüren kommen. — Doch, daß ich es nicht vergesse, was hat denn der Herr Otto bei der Mühle gesehen? fragte er endlich; ist der Herr hübsch vorsichtig gewesen und hübsch umsichtig, wie's der vollkommene Jäger lernen soll? Ich ging durch den schwarzen Winkel und sah nach den Tauben, antwortete der junge Jägersmann; dann schlich ich durch den alten Schlag auf den großen Stein bei der Mühle, es war noch Alles leer und still; die Räder standen, und kein Mensch ließ sich blicken. — Otto wandte sich um, als horchte er auf etwas, um den spähenden Blicken des Försters zu entgehen, auf die Frage aber: Und hinter der Mühle? — antwortete er leicht hin, indem er sich zum Gehen anschickte: Ueberall ganzer Thau, den kein Vogel gestreift hat. Ja! rief der Alte, man findet nie etwas, als könnte das katholische Pack nur auch durch die Luft fliegen. — Er hielt inne und griff mit der Hand an den Kappenschild empor: Weiß wohl, der Herr Vater sind auch katholisch und der Herr Otto auch, aber nicht so katholisch; — allen Respect! — Aber, wie gesagt, das katholische — die katholische Mühle ist mir ein Dorn im Auge, so lange ich lebe. Seit hundert Jahren hat dieselbe Sippschaft das Haus, und Jeder ist ein ärgerer Wilddieb gewesen, als sein Vater. Der Jetzige treibt's an die dreißig Jahr; und es ist, als hätte er mit dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025"/> muß, und doch scheint die Sonne schon im Wasserspiegel. Wir müssen aber zuvor auf die Glashütte; da wird's schon vier, fünf Uhr, ehe wir nur ans Abspüren kommen. — Doch, daß ich es nicht vergesse, was hat denn der Herr Otto bei der Mühle gesehen? fragte er endlich; ist der Herr hübsch vorsichtig gewesen und hübsch umsichtig, wie's der vollkommene Jäger lernen soll?</p><lb/> <p>Ich ging durch den schwarzen Winkel und sah nach den Tauben, antwortete der junge Jägersmann; dann schlich ich durch den alten Schlag auf den großen Stein bei der Mühle, es war noch Alles leer und still; die Räder standen, und kein Mensch ließ sich blicken. — Otto wandte sich um, als horchte er auf etwas, um den spähenden Blicken des Försters zu entgehen, auf die Frage aber: Und hinter der Mühle? — antwortete er leicht hin, indem er sich zum Gehen anschickte: Ueberall ganzer Thau, den kein Vogel gestreift hat.</p><lb/> <p>Ja! rief der Alte, man findet nie etwas, als könnte das katholische Pack nur auch durch die Luft fliegen. — Er hielt inne und griff mit der Hand an den Kappenschild empor: Weiß wohl, der Herr Vater sind auch katholisch und der Herr Otto auch, aber nicht so katholisch; — allen Respect! — Aber, wie gesagt, das katholische — die katholische Mühle ist mir ein Dorn im Auge, so lange ich lebe. Seit hundert Jahren hat dieselbe Sippschaft das Haus, und Jeder ist ein ärgerer Wilddieb gewesen, als sein Vater. Der Jetzige treibt's an die dreißig Jahr; und es ist, als hätte er mit dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0025]
muß, und doch scheint die Sonne schon im Wasserspiegel. Wir müssen aber zuvor auf die Glashütte; da wird's schon vier, fünf Uhr, ehe wir nur ans Abspüren kommen. — Doch, daß ich es nicht vergesse, was hat denn der Herr Otto bei der Mühle gesehen? fragte er endlich; ist der Herr hübsch vorsichtig gewesen und hübsch umsichtig, wie's der vollkommene Jäger lernen soll?
Ich ging durch den schwarzen Winkel und sah nach den Tauben, antwortete der junge Jägersmann; dann schlich ich durch den alten Schlag auf den großen Stein bei der Mühle, es war noch Alles leer und still; die Räder standen, und kein Mensch ließ sich blicken. — Otto wandte sich um, als horchte er auf etwas, um den spähenden Blicken des Försters zu entgehen, auf die Frage aber: Und hinter der Mühle? — antwortete er leicht hin, indem er sich zum Gehen anschickte: Ueberall ganzer Thau, den kein Vogel gestreift hat.
Ja! rief der Alte, man findet nie etwas, als könnte das katholische Pack nur auch durch die Luft fliegen. — Er hielt inne und griff mit der Hand an den Kappenschild empor: Weiß wohl, der Herr Vater sind auch katholisch und der Herr Otto auch, aber nicht so katholisch; — allen Respect! — Aber, wie gesagt, das katholische — die katholische Mühle ist mir ein Dorn im Auge, so lange ich lebe. Seit hundert Jahren hat dieselbe Sippschaft das Haus, und Jeder ist ein ärgerer Wilddieb gewesen, als sein Vater. Der Jetzige treibt's an die dreißig Jahr; und es ist, als hätte er mit dem
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Zitationshilfe: | Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/25>, abgerufen am 04.07.2024. |