Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.kannst du dir das Geld abholen kommen. Wenn nicht, so ist es mir -- um so lieber; ich kaufe gern billig. Er wandte sich dann an seinen Kämmerer, der verwundert zugeschaut hatte. Ihr seid Zeuge, Mann! Und heute fangt ihr mit den Bäumen hinter dem Hause an; ich will freies Feld haben. Er ging, ohne zu grüßen. Ansas' erster Gang war zum Richter. Er fragte ihn, ob der König in seiner Angelegenheit nichts veranlaßt habe? O, gewiß, hieß es, ein großes Schreiben sei heruntergekommen zum Bericht, und sogar einer der Herren vom Obergericht habe eine außerordentliche Revision abgehalten, aber es sei Alles in bester Ordnung gefunden. Wanags schwieg; eine Krähe hackt der andern nicht die Augen aus, dachte er. Ein Besuch beim Landrath endete nicht tröstlicher. Das Grundstück sei in allen Formen Rechtens verkauft, wurde er beschieden, und da sei nichts weiter zu thun. Er suchte auch den Pfarrer auf, zu dem er stets Vertrauen gehabt hatte, und klagte bei ihm die irdische Gerechtigkeit an. Aber der Geistliche hielt ihm selbst eine Strafpredigt nach dem Thema: Unfriede verzehrt, und meinte, er habe seinen Verlust sich selbst und seiner Prozeßsucht zuzuschreiben und solle sich nun fleißig an die Arbeit machen, wenigstens einen Theil des Verlornen wieder einzubringen. Ansas küßte beim Abschied in gewohnter Weise seine Hand, aber die Galle lief ihm dabei ins Herz. Nicht einmal in der kannst du dir das Geld abholen kommen. Wenn nicht, so ist es mir — um so lieber; ich kaufe gern billig. Er wandte sich dann an seinen Kämmerer, der verwundert zugeschaut hatte. Ihr seid Zeuge, Mann! Und heute fangt ihr mit den Bäumen hinter dem Hause an; ich will freies Feld haben. Er ging, ohne zu grüßen. Ansas' erster Gang war zum Richter. Er fragte ihn, ob der König in seiner Angelegenheit nichts veranlaßt habe? O, gewiß, hieß es, ein großes Schreiben sei heruntergekommen zum Bericht, und sogar einer der Herren vom Obergericht habe eine außerordentliche Revision abgehalten, aber es sei Alles in bester Ordnung gefunden. Wanags schwieg; eine Krähe hackt der andern nicht die Augen aus, dachte er. Ein Besuch beim Landrath endete nicht tröstlicher. Das Grundstück sei in allen Formen Rechtens verkauft, wurde er beschieden, und da sei nichts weiter zu thun. Er suchte auch den Pfarrer auf, zu dem er stets Vertrauen gehabt hatte, und klagte bei ihm die irdische Gerechtigkeit an. Aber der Geistliche hielt ihm selbst eine Strafpredigt nach dem Thema: Unfriede verzehrt, und meinte, er habe seinen Verlust sich selbst und seiner Prozeßsucht zuzuschreiben und solle sich nun fleißig an die Arbeit machen, wenigstens einen Theil des Verlornen wieder einzubringen. Ansas küßte beim Abschied in gewohnter Weise seine Hand, aber die Galle lief ihm dabei ins Herz. Nicht einmal in der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0085"/> kannst du dir das Geld abholen kommen. Wenn nicht, so ist es mir — um so lieber; ich kaufe gern billig. Er wandte sich dann an seinen Kämmerer, der verwundert zugeschaut hatte. Ihr seid Zeuge, Mann! Und heute fangt ihr mit den Bäumen hinter dem Hause an; ich will freies Feld haben. Er ging, ohne zu grüßen.</p><lb/> <p>Ansas' erster Gang war zum Richter. Er fragte ihn, ob der König in seiner Angelegenheit nichts veranlaßt habe? O, gewiß, hieß es, ein großes Schreiben sei heruntergekommen zum Bericht, und sogar einer der Herren vom Obergericht habe eine außerordentliche Revision abgehalten, aber es sei Alles in bester Ordnung gefunden. Wanags schwieg; eine Krähe hackt der andern nicht die Augen aus, dachte er.</p><lb/> <p>Ein Besuch beim Landrath endete nicht tröstlicher. Das Grundstück sei in allen Formen Rechtens verkauft, wurde er beschieden, und da sei nichts weiter zu thun. Er suchte auch den Pfarrer auf, zu dem er stets Vertrauen gehabt hatte, und klagte bei ihm die irdische Gerechtigkeit an. Aber der Geistliche hielt ihm selbst eine Strafpredigt nach dem Thema: Unfriede verzehrt, und meinte, er habe seinen Verlust sich selbst und seiner Prozeßsucht zuzuschreiben und solle sich nun fleißig an die Arbeit machen, wenigstens einen Theil des Verlornen wieder einzubringen. Ansas küßte beim Abschied in gewohnter Weise seine Hand, aber die Galle lief ihm dabei ins Herz. Nicht einmal in der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0085]
kannst du dir das Geld abholen kommen. Wenn nicht, so ist es mir — um so lieber; ich kaufe gern billig. Er wandte sich dann an seinen Kämmerer, der verwundert zugeschaut hatte. Ihr seid Zeuge, Mann! Und heute fangt ihr mit den Bäumen hinter dem Hause an; ich will freies Feld haben. Er ging, ohne zu grüßen.
Ansas' erster Gang war zum Richter. Er fragte ihn, ob der König in seiner Angelegenheit nichts veranlaßt habe? O, gewiß, hieß es, ein großes Schreiben sei heruntergekommen zum Bericht, und sogar einer der Herren vom Obergericht habe eine außerordentliche Revision abgehalten, aber es sei Alles in bester Ordnung gefunden. Wanags schwieg; eine Krähe hackt der andern nicht die Augen aus, dachte er.
Ein Besuch beim Landrath endete nicht tröstlicher. Das Grundstück sei in allen Formen Rechtens verkauft, wurde er beschieden, und da sei nichts weiter zu thun. Er suchte auch den Pfarrer auf, zu dem er stets Vertrauen gehabt hatte, und klagte bei ihm die irdische Gerechtigkeit an. Aber der Geistliche hielt ihm selbst eine Strafpredigt nach dem Thema: Unfriede verzehrt, und meinte, er habe seinen Verlust sich selbst und seiner Prozeßsucht zuzuschreiben und solle sich nun fleißig an die Arbeit machen, wenigstens einen Theil des Verlornen wieder einzubringen. Ansas küßte beim Abschied in gewohnter Weise seine Hand, aber die Galle lief ihm dabei ins Herz. Nicht einmal in der
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Zitationshilfe: | Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/85>, abgerufen am 16.02.2025. |