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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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er könne sie doch nicht unglücklich machen. Endlich ließ er sich erweichen, den Wandschrank aufzuschließen. Hier hast du's, sagte er, indem er ihr ein kleines Papierpäckchen zusteckte, aber komme mir nicht wieder; ich will mit deinen Liebschaften nichts zu thun haben.

Grita dankte und machte sich wieder auf den Weg, nicht nach Hause freilich, sondern über die Grenze. Sie vermied geschickt die russischen Patrouillen und gelangte unangefochten nach dem nächsten großen Dorf, in dessen Mitte die katholische Kirche stand. Es war noch nicht spät am Nachmittag; aber die Sonne schon untergegangen und der Himmel bewölkt; sie durfte nicht befürchten, erkannt zu werden. Die Fenster der Kirche zeigten sich matt erleuchtet, wahrscheinlich wurde noch eine Messe gelesen. Grita ging eilig und ohne sich irgendwo aufzuhalten nach dem Portal und fand, wie sie gehofft hatte, die kleine Eingangsthür offen. Nachdem sie sich scheu umgesehen, ob ihr Jemand folge, trat sie in die Vorhalle unter dem Thurm und horchte einige Secunden lang an der nur leicht angelegten Pforte, über der auf dem Bindebalken der zwei plumpen Säulen ein großes Crucifix stand. Es war nur das eintönige Murmeln des Geistlichen vernehmbar und von Zeit zu Zeit das Klingeln eines feinen Glöckchens. Grita wandte sich zur Seite, wo an der Wand hinter der einen Säule eine kleine Lampe über dem Weihwasserbecken brannte. Auf letzteres war's abgesehen. Sie knixte, wie sie es von den Katholiken gesehen hatte,

er könne sie doch nicht unglücklich machen. Endlich ließ er sich erweichen, den Wandschrank aufzuschließen. Hier hast du's, sagte er, indem er ihr ein kleines Papierpäckchen zusteckte, aber komme mir nicht wieder; ich will mit deinen Liebschaften nichts zu thun haben.

Grita dankte und machte sich wieder auf den Weg, nicht nach Hause freilich, sondern über die Grenze. Sie vermied geschickt die russischen Patrouillen und gelangte unangefochten nach dem nächsten großen Dorf, in dessen Mitte die katholische Kirche stand. Es war noch nicht spät am Nachmittag; aber die Sonne schon untergegangen und der Himmel bewölkt; sie durfte nicht befürchten, erkannt zu werden. Die Fenster der Kirche zeigten sich matt erleuchtet, wahrscheinlich wurde noch eine Messe gelesen. Grita ging eilig und ohne sich irgendwo aufzuhalten nach dem Portal und fand, wie sie gehofft hatte, die kleine Eingangsthür offen. Nachdem sie sich scheu umgesehen, ob ihr Jemand folge, trat sie in die Vorhalle unter dem Thurm und horchte einige Secunden lang an der nur leicht angelegten Pforte, über der auf dem Bindebalken der zwei plumpen Säulen ein großes Crucifix stand. Es war nur das eintönige Murmeln des Geistlichen vernehmbar und von Zeit zu Zeit das Klingeln eines feinen Glöckchens. Grita wandte sich zur Seite, wo an der Wand hinter der einen Säule eine kleine Lampe über dem Weihwasserbecken brannte. Auf letzteres war's abgesehen. Sie knixte, wie sie es von den Katholiken gesehen hatte,

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/61>, abgerufen am 24.11.2024.