Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.arg, daß jede Ordnung gestört zu werden drohte, wenn nicht ein energisches Einschreiten erfolgte. So zogen denn ganz heimlich einige Compagnieen Soldaten heran; die Schmuggler, die nichts davon wußten, wurden überrascht, umzingelt und zu einem Gefecht genöthigt, bei dem auf beiden Seiten viel Blut floß. Der Kampf endete unglücklich für die Schmuggler, die Pferde und Waarenpäcke verloren und zuletzt einzeln versuchen mußten, durch die Flucht ihr Leben zu retten. Am nächsten Morgen fand man auf dem Kampfplatze den gefürchteten Anführer der Bande todt am Boden. Eine Kugel hatte seine Brust durchbohrt. Auf der Wunde lag das goldene Kreuz. Halb neben ihm, halb auf seine Schulter gelehnt, die rechte Hand über seine Brust hin so weit vorgestreckt, daß die Fingerspitzen fast das Kreuz berührten, ruhte eine leblose weibliche Gestalt in littauischer Tracht. Es fand sich bei ihr keine Spur äußerer Verletzung. Sie hat nicht leben können ohne ihn, meinten die Soldaten, aber der zur Leichenschau berufene Arzt schüttelte den Kopf und sagte: Sie hat Gift genommen. So endeten Ansas und Grita. arg, daß jede Ordnung gestört zu werden drohte, wenn nicht ein energisches Einschreiten erfolgte. So zogen denn ganz heimlich einige Compagnieen Soldaten heran; die Schmuggler, die nichts davon wußten, wurden überrascht, umzingelt und zu einem Gefecht genöthigt, bei dem auf beiden Seiten viel Blut floß. Der Kampf endete unglücklich für die Schmuggler, die Pferde und Waarenpäcke verloren und zuletzt einzeln versuchen mußten, durch die Flucht ihr Leben zu retten. Am nächsten Morgen fand man auf dem Kampfplatze den gefürchteten Anführer der Bande todt am Boden. Eine Kugel hatte seine Brust durchbohrt. Auf der Wunde lag das goldene Kreuz. Halb neben ihm, halb auf seine Schulter gelehnt, die rechte Hand über seine Brust hin so weit vorgestreckt, daß die Fingerspitzen fast das Kreuz berührten, ruhte eine leblose weibliche Gestalt in littauischer Tracht. Es fand sich bei ihr keine Spur äußerer Verletzung. Sie hat nicht leben können ohne ihn, meinten die Soldaten, aber der zur Leichenschau berufene Arzt schüttelte den Kopf und sagte: Sie hat Gift genommen. So endeten Ansas und Grita. <TEI> <text> <body> <div n="4"> <p><pb facs="#f0108"/> arg, daß jede Ordnung gestört zu werden drohte, wenn nicht ein energisches Einschreiten erfolgte. So zogen denn ganz heimlich einige Compagnieen Soldaten heran; die Schmuggler, die nichts davon wußten, wurden überrascht, umzingelt und zu einem Gefecht genöthigt, bei dem auf beiden Seiten viel Blut floß. Der Kampf endete unglücklich für die Schmuggler, die Pferde und Waarenpäcke verloren und zuletzt einzeln versuchen mußten, durch die Flucht ihr Leben zu retten.</p><lb/> <p>Am nächsten Morgen fand man auf dem Kampfplatze den gefürchteten Anführer der Bande todt am Boden. Eine Kugel hatte seine Brust durchbohrt. Auf der Wunde lag das goldene Kreuz. Halb neben ihm, halb auf seine Schulter gelehnt, die rechte Hand über seine Brust hin so weit vorgestreckt, daß die Fingerspitzen fast das Kreuz berührten, ruhte eine leblose weibliche Gestalt in littauischer Tracht. Es fand sich bei ihr keine Spur äußerer Verletzung. Sie hat nicht leben können ohne ihn, meinten die Soldaten, aber der zur Leichenschau berufene Arzt schüttelte den Kopf und sagte: Sie hat Gift genommen.</p><lb/> <p>So endeten Ansas und Grita.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0108]
arg, daß jede Ordnung gestört zu werden drohte, wenn nicht ein energisches Einschreiten erfolgte. So zogen denn ganz heimlich einige Compagnieen Soldaten heran; die Schmuggler, die nichts davon wußten, wurden überrascht, umzingelt und zu einem Gefecht genöthigt, bei dem auf beiden Seiten viel Blut floß. Der Kampf endete unglücklich für die Schmuggler, die Pferde und Waarenpäcke verloren und zuletzt einzeln versuchen mußten, durch die Flucht ihr Leben zu retten.
Am nächsten Morgen fand man auf dem Kampfplatze den gefürchteten Anführer der Bande todt am Boden. Eine Kugel hatte seine Brust durchbohrt. Auf der Wunde lag das goldene Kreuz. Halb neben ihm, halb auf seine Schulter gelehnt, die rechte Hand über seine Brust hin so weit vorgestreckt, daß die Fingerspitzen fast das Kreuz berührten, ruhte eine leblose weibliche Gestalt in littauischer Tracht. Es fand sich bei ihr keine Spur äußerer Verletzung. Sie hat nicht leben können ohne ihn, meinten die Soldaten, aber der zur Leichenschau berufene Arzt schüttelte den Kopf und sagte: Sie hat Gift genommen.
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Zitationshilfe: | Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/108>, abgerufen am 22.07.2024. |