Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

unterstützte, so blieb doch Belphegor in sei-
nem Vorsatze unbeweglich: eben so unbe-
weglich blieb auch der Araber in dem seini-
gen, und trennte sich von seinem Gefährten,
um wieder in sein Vaterland zurückzukehren,
wo man nach seiner Meinung viel edelmü-
thiger stiehlt und raubt als irgendwo.

Belphegor kletterte nebst seinem Wegwei-
ser mit seinem gewöhnlichen Ungestüme über
Felsenspitzen, steinichte unsichre Wege, schlü-
pfrige hervorragende Stücken Stein, wo
ein einziger Fehltritt in unabsehbare Tiefen
stürzte, wo den herabfallenden Millionen
hervorstehende Spitzen erwarteten, um ihn
zu zermalmen, durch stechendes Gesträuch
von Wacholdern, die einen kleinen ver-
schlungnen Wald bildeten, über Wasserfälle,
über Schnee, Eis und fast durch die Wol-
ken, um zu dem Derwische der Berge zu
gelangen. Nachdem sie drey Tage mit dem
höchstmühsamen Wege gekämpft hatten, so
wurde er selbst ein wenig mißtrauisch gegen
seinen Führer: doch drückte die Hitze seiner
Erwartung und die Größe der gehofften
Freuden bald jeden Argwohn nieder; er
beruhigte sich damit, daß er dem Wegweiser

alles
E 3

unterſtuͤtzte, ſo blieb doch Belphegor in ſei-
nem Vorſatze unbeweglich: eben ſo unbe-
weglich blieb auch der Araber in dem ſeini-
gen, und trennte ſich von ſeinem Gefaͤhrten,
um wieder in ſein Vaterland zuruͤckzukehren,
wo man nach ſeiner Meinung viel edelmuͤ-
thiger ſtiehlt und raubt als irgendwo.

Belphegor kletterte nebſt ſeinem Wegwei-
ſer mit ſeinem gewoͤhnlichen Ungeſtuͤme uͤber
Felſenſpitzen, ſteinichte unſichre Wege, ſchluͤ-
pfrige hervorragende Stuͤcken Stein, wo
ein einziger Fehltritt in unabſehbare Tiefen
ſtuͤrzte, wo den herabfallenden Millionen
hervorſtehende Spitzen erwarteten, um ihn
zu zermalmen, durch ſtechendes Geſtraͤuch
von Wacholdern, die einen kleinen ver-
ſchlungnen Wald bildeten, uͤber Waſſerfaͤlle,
uͤber Schnee, Eis und faſt durch die Wol-
ken, um zu dem Derwiſche der Berge zu
gelangen. Nachdem ſie drey Tage mit dem
hoͤchſtmuͤhſamen Wege gekaͤmpft hatten, ſo
wurde er ſelbſt ein wenig mißtrauiſch gegen
ſeinen Fuͤhrer: doch druͤckte die Hitze ſeiner
Erwartung und die Groͤße der gehofften
Freuden bald jeden Argwohn nieder; er
beruhigte ſich damit, daß er dem Wegweiſer

alles
E 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0073" n="67"/>
unter&#x017F;tu&#x0364;tzte, &#x017F;o blieb doch Belphegor in &#x017F;ei-<lb/>
nem Vor&#x017F;atze unbeweglich: eben &#x017F;o unbe-<lb/>
weglich blieb auch der Araber in dem &#x017F;eini-<lb/>
gen, und trennte &#x017F;ich von &#x017F;einem Gefa&#x0364;hrten,<lb/>
um wieder in &#x017F;ein Vaterland zuru&#x0364;ckzukehren,<lb/>
wo man nach &#x017F;einer Meinung viel edelmu&#x0364;-<lb/>
thiger &#x017F;tiehlt und raubt als irgendwo.</p><lb/>
        <p>Belphegor kletterte neb&#x017F;t &#x017F;einem Wegwei-<lb/>
&#x017F;er mit &#x017F;einem gewo&#x0364;hnlichen Unge&#x017F;tu&#x0364;me u&#x0364;ber<lb/>
Fel&#x017F;en&#x017F;pitzen, &#x017F;teinichte un&#x017F;ichre Wege, &#x017F;chlu&#x0364;-<lb/>
pfrige hervorragende Stu&#x0364;cken Stein, wo<lb/>
ein einziger Fehltritt in unab&#x017F;ehbare Tiefen<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rzte, wo den herabfallenden Millionen<lb/>
hervor&#x017F;tehende Spitzen erwarteten, um ihn<lb/>
zu zermalmen, durch &#x017F;techendes Ge&#x017F;tra&#x0364;uch<lb/>
von Wacholdern, die einen kleinen ver-<lb/>
&#x017F;chlungnen Wald bildeten, u&#x0364;ber Wa&#x017F;&#x017F;erfa&#x0364;lle,<lb/>
u&#x0364;ber Schnee, Eis und fa&#x017F;t durch die Wol-<lb/>
ken, um zu dem Derwi&#x017F;che der Berge zu<lb/>
gelangen. Nachdem &#x017F;ie drey Tage mit dem<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;tmu&#x0364;h&#x017F;amen Wege geka&#x0364;mpft hatten, &#x017F;o<lb/>
wurde er &#x017F;elb&#x017F;t ein wenig mißtraui&#x017F;ch gegen<lb/>
&#x017F;einen Fu&#x0364;hrer: doch dru&#x0364;ckte die Hitze &#x017F;einer<lb/>
Erwartung und die Gro&#x0364;ße der gehofften<lb/>
Freuden bald jeden Argwohn nieder; er<lb/>
beruhigte &#x017F;ich damit, daß er dem Wegwei&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 3</fw><fw place="bottom" type="catch">alles</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0073] unterſtuͤtzte, ſo blieb doch Belphegor in ſei- nem Vorſatze unbeweglich: eben ſo unbe- weglich blieb auch der Araber in dem ſeini- gen, und trennte ſich von ſeinem Gefaͤhrten, um wieder in ſein Vaterland zuruͤckzukehren, wo man nach ſeiner Meinung viel edelmuͤ- thiger ſtiehlt und raubt als irgendwo. Belphegor kletterte nebſt ſeinem Wegwei- ſer mit ſeinem gewoͤhnlichen Ungeſtuͤme uͤber Felſenſpitzen, ſteinichte unſichre Wege, ſchluͤ- pfrige hervorragende Stuͤcken Stein, wo ein einziger Fehltritt in unabſehbare Tiefen ſtuͤrzte, wo den herabfallenden Millionen hervorſtehende Spitzen erwarteten, um ihn zu zermalmen, durch ſtechendes Geſtraͤuch von Wacholdern, die einen kleinen ver- ſchlungnen Wald bildeten, uͤber Waſſerfaͤlle, uͤber Schnee, Eis und faſt durch die Wol- ken, um zu dem Derwiſche der Berge zu gelangen. Nachdem ſie drey Tage mit dem hoͤchſtmuͤhſamen Wege gekaͤmpft hatten, ſo wurde er ſelbſt ein wenig mißtrauiſch gegen ſeinen Fuͤhrer: doch druͤckte die Hitze ſeiner Erwartung und die Groͤße der gehofften Freuden bald jeden Argwohn nieder; er beruhigte ſich damit, daß er dem Wegweiſer alles E 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/73
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/73>, abgerufen am 06.05.2024.