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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Hände zu verfallen, bey jedem Tritte zurück.
Sie faßten aber dennoch Muth, setzten ihre
Wanderschaft fort und fanden hin und wie-
der halblebende Todte, aber nirgends einen
völlig Lebendigen. -- Was soll das? rief
Belphegor. Sind das Anstalten, die mensch-
liche Gattung in diesen Gegenden auszurot-
ten? Eine so ausgesuchte Begierde hat doch
keiner der berühmtesten Tollköpfe noch gehabt.
Wohlan, Freund! wir wollen weiter drin-
gen! Werden wir unter dem allgemeinen
Ruine begraben, was schadets? -- Wir
athmen die verpestete Luft dieses Erdkreises
nicht mehr, deren kleinstes Theilchen durch
den Hauch eines Unmenschen entweiht, durch
die Lunge eines Barbaren gegangen ist.
Gewinn ist ein solcher Verlust. --

Sie setzten ihren Weg noch einige Tage
fort und trafen nichts mehr als die vorher-
gehenden Gegenstände an -- Beweise der
Unmenschlichkeit genug, aber keinen Men-
schen. Endlich wurden sie gewahr, daß die
Einwohner aus den Dörfern nur geflüchtet
waren und einzeln mit bedächtlicher Schüch-
ternheit aus den Wäldern zu ihren Wohnun-
gen zurückkamen. Sie forschten so lange

bis

Haͤnde zu verfallen, bey jedem Tritte zuruͤck.
Sie faßten aber dennoch Muth, ſetzten ihre
Wanderſchaft fort und fanden hin und wie-
der halblebende Todte, aber nirgends einen
voͤllig Lebendigen. — Was ſoll das? rief
Belphegor. Sind das Anſtalten, die menſch-
liche Gattung in dieſen Gegenden auszurot-
ten? Eine ſo ausgeſuchte Begierde hat doch
keiner der beruͤhmteſten Tollkoͤpfe noch gehabt.
Wohlan, Freund! wir wollen weiter drin-
gen! Werden wir unter dem allgemeinen
Ruine begraben, was ſchadets? — Wir
athmen die verpeſtete Luft dieſes Erdkreiſes
nicht mehr, deren kleinſtes Theilchen durch
den Hauch eines Unmenſchen entweiht, durch
die Lunge eines Barbaren gegangen iſt.
Gewinn iſt ein ſolcher Verluſt. —

Sie ſetzten ihren Weg noch einige Tage
fort und trafen nichts mehr als die vorher-
gehenden Gegenſtaͤnde an — Beweiſe der
Unmenſchlichkeit genug, aber keinen Men-
ſchen. Endlich wurden ſie gewahr, daß die
Einwohner aus den Doͤrfern nur gefluͤchtet
waren und einzeln mit bedaͤchtlicher Schuͤch-
ternheit aus den Waͤldern zu ihren Wohnun-
gen zuruͤckkamen. Sie forſchten ſo lange

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[64/0070] Haͤnde zu verfallen, bey jedem Tritte zuruͤck. Sie faßten aber dennoch Muth, ſetzten ihre Wanderſchaft fort und fanden hin und wie- der halblebende Todte, aber nirgends einen voͤllig Lebendigen. — Was ſoll das? rief Belphegor. Sind das Anſtalten, die menſch- liche Gattung in dieſen Gegenden auszurot- ten? Eine ſo ausgeſuchte Begierde hat doch keiner der beruͤhmteſten Tollkoͤpfe noch gehabt. Wohlan, Freund! wir wollen weiter drin- gen! Werden wir unter dem allgemeinen Ruine begraben, was ſchadets? — Wir athmen die verpeſtete Luft dieſes Erdkreiſes nicht mehr, deren kleinſtes Theilchen durch den Hauch eines Unmenſchen entweiht, durch die Lunge eines Barbaren gegangen iſt. Gewinn iſt ein ſolcher Verluſt. — Sie ſetzten ihren Weg noch einige Tage fort und trafen nichts mehr als die vorher- gehenden Gegenſtaͤnde an — Beweiſe der Unmenſchlichkeit genug, aber keinen Men- ſchen. Endlich wurden ſie gewahr, daß die Einwohner aus den Doͤrfern nur gefluͤchtet waren und einzeln mit bedaͤchtlicher Schuͤch- ternheit aus den Waͤldern zu ihren Wohnun- gen zuruͤckkamen. Sie forſchten ſo lange bis

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/70>, abgerufen am 28.11.2024.