der sich an dem geopferten Fleische seiner Feinde labte -- nein, eine lange Reihe von nicht selbst gewählten Ursachen ga- ben den Erkenntuißkräften dieser Völker eine solche Wendung, drangen ihnen solche Ideen in einem solchen Lichte auf, daß sie sich ih- ren Gott so und nicht anders, seine Vereh- rung so und nicht anders denken konnten: ihre Begriffe vom Guten und Bösen, von Recht und Billigkeit bildete das Schicksal, nicht sie. Sie deswegen strafen, weil ihr Geist zu schwach war, sich durch aufge- drungne Irrthümer hindurchzuarbeiten, hieße das nicht einen Menschen mit Stricken und Fesseln allmählich auf den Boden niederziehn und ihn züchtigen, daß er nicht gerade steht? Hieße das nicht einen Bucklichen peitschen, weil er seine verwachsne Brust nicht gerade ausdehnt? -- Und gleichwohl unterstan- den sich es Sterbliche, dem Richter der Welt dies Verfahren zuzuschreiben, ja sogar es an der Stelle des Richters der Welt zu thun! -- Gewiß, die Menschen sammelten sich, um sich zu trennen, um zu kriegen, und weil es ihrem Neide und ihrer Vorzugssucht an hinlänglichen Platze fehlte, so peitschen
sie
der ſich an dem geopferten Fleiſche ſeiner Feinde labte — nein, eine lange Reihe von nicht ſelbſt gewaͤhlten Urſachen ga- ben den Erkenntuißkraͤften dieſer Voͤlker eine ſolche Wendung, drangen ihnen ſolche Ideen in einem ſolchen Lichte auf, daß ſie ſich ih- ren Gott ſo und nicht anders, ſeine Vereh- rung ſo und nicht anders denken konnten: ihre Begriffe vom Guten und Boͤſen, von Recht und Billigkeit bildete das Schickſal, nicht ſie. Sie deswegen ſtrafen, weil ihr Geiſt zu ſchwach war, ſich durch aufge- drungne Irrthuͤmer hindurchzuarbeiten, hieße das nicht einen Menſchen mit Stricken und Feſſeln allmaͤhlich auf den Boden niederziehn und ihn zuͤchtigen, daß er nicht gerade ſteht? Hieße das nicht einen Bucklichen peitſchen, weil er ſeine verwachſne Bruſt nicht gerade ausdehnt? — Und gleichwohl unterſtan- den ſich es Sterbliche, dem Richter der Welt dies Verfahren zuzuſchreiben, ja ſogar es an der Stelle des Richters der Welt zu thun! — Gewiß, die Menſchen ſammelten ſich, um ſich zu trennen, um zu kriegen, und weil es ihrem Neide und ihrer Vorzugsſucht an hinlaͤnglichen Platze fehlte, ſo peitſchen
ſie
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der ſich an dem geopferten Fleiſche ſeiner
Feinde labte — nein, eine lange Reihe
von nicht ſelbſt gewaͤhlten Urſachen ga-
ben den Erkenntuißkraͤften dieſer Voͤlker eine
ſolche Wendung, drangen ihnen ſolche Ideen
in einem ſolchen Lichte auf, daß ſie ſich ih-
ren Gott ſo und nicht anders, ſeine Vereh-
rung ſo und nicht anders denken konnten:
ihre Begriffe vom Guten und Boͤſen, von
Recht und Billigkeit bildete das Schickſal,
nicht ſie. Sie deswegen ſtrafen, weil ihr
Geiſt zu ſchwach war, ſich durch aufge-
drungne Irrthuͤmer hindurchzuarbeiten, hieße
das nicht einen Menſchen mit Stricken und
Feſſeln allmaͤhlich auf den Boden niederziehn
und ihn zuͤchtigen, daß er nicht gerade ſteht?
Hieße das nicht einen Bucklichen peitſchen,
weil er ſeine verwachſne Bruſt nicht gerade
ausdehnt? — Und gleichwohl unterſtan-
den ſich es Sterbliche, dem Richter der Welt
dies Verfahren zuzuſchreiben, ja ſogar es
an der Stelle des Richters der Welt zu thun!
— Gewiß, die Menſchen ſammelten ſich,
um ſich zu trennen, um zu kriegen, und
weil es ihrem Neide und ihrer Vorzugsſucht
an hinlaͤnglichen Platze fehlte, ſo peitſchen
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/54>, abgerufen am 27.11.2024.
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