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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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sich sehr in seine Gunst empfahl, weil er sich
nach seinem Verlangen nur die Hälfte des
Werthes dafür bezahlen ließ. Er versprach
ihm für höfliche Worte und einen mäßigen
Vortheil seinen Schutz und seine Gesellschaft,
in welcher er nach Asien übergieng. Weil
der Werth seines Goldes nicht lange mehr
aushalten zu wollen schien, so bot er seinem
Beschützer seine Dienste an, der sie nicht
ausschlug und ihm in kurzer Zeit einen Auf-
trag nach Persien gab, wo er gewisse Hand-
lungsgeschäfte für ihn besorgen sollte.

Seine Reise gieng glücklich und ohne wi-
drige Zufälle von statten bis zu seiner Annä-
herung an die persischen Gränzen. Bey der
Gesellschaft, mit welcher er reiste, befanden
sich einige Aliden, *) die zu jeder Zeit des
Tags, wenn es die Gesetze ihrer Religion
foderten, seitwärts giengen, um ihr Gebet
einsam zu verrichten. Belphegor ward von
der Innbrunst, mit welcher er sie es ver-
richten sah, wenn er sie belauschte, so ent-
zückt, daß er nur eine Ueberredung und ein
Messer brauchte, um sich auf der Stelle be-

schneiden
*) Eine von den mahomedanischen Sekten.

ſich ſehr in ſeine Gunſt empfahl, weil er ſich
nach ſeinem Verlangen nur die Haͤlfte des
Werthes dafuͤr bezahlen ließ. Er verſprach
ihm fuͤr hoͤfliche Worte und einen maͤßigen
Vortheil ſeinen Schutz und ſeine Geſellſchaft,
in welcher er nach Aſien uͤbergieng. Weil
der Werth ſeines Goldes nicht lange mehr
aushalten zu wollen ſchien, ſo bot er ſeinem
Beſchuͤtzer ſeine Dienſte an, der ſie nicht
ausſchlug und ihm in kurzer Zeit einen Auf-
trag nach Perſien gab, wo er gewiſſe Hand-
lungsgeſchaͤfte fuͤr ihn beſorgen ſollte.

Seine Reiſe gieng gluͤcklich und ohne wi-
drige Zufaͤlle von ſtatten bis zu ſeiner Annaͤ-
herung an die perſiſchen Graͤnzen. Bey der
Geſellſchaft, mit welcher er reiſte, befanden
ſich einige Aliden, *) die zu jeder Zeit des
Tags, wenn es die Geſetze ihrer Religion
foderten, ſeitwaͤrts giengen, um ihr Gebet
einſam zu verrichten. Belphegor ward von
der Innbrunſt, mit welcher er ſie es ver-
richten ſah, wenn er ſie belauſchte, ſo ent-
zuͤckt, daß er nur eine Ueberredung und ein
Meſſer brauchte, um ſich auf der Stelle be-

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*) Eine von den mahomedaniſchen Sekten.
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[44/0050] ſich ſehr in ſeine Gunſt empfahl, weil er ſich nach ſeinem Verlangen nur die Haͤlfte des Werthes dafuͤr bezahlen ließ. Er verſprach ihm fuͤr hoͤfliche Worte und einen maͤßigen Vortheil ſeinen Schutz und ſeine Geſellſchaft, in welcher er nach Aſien uͤbergieng. Weil der Werth ſeines Goldes nicht lange mehr aushalten zu wollen ſchien, ſo bot er ſeinem Beſchuͤtzer ſeine Dienſte an, der ſie nicht ausſchlug und ihm in kurzer Zeit einen Auf- trag nach Perſien gab, wo er gewiſſe Hand- lungsgeſchaͤfte fuͤr ihn beſorgen ſollte. Seine Reiſe gieng gluͤcklich und ohne wi- drige Zufaͤlle von ſtatten bis zu ſeiner Annaͤ- herung an die perſiſchen Graͤnzen. Bey der Geſellſchaft, mit welcher er reiſte, befanden ſich einige Aliden, *) die zu jeder Zeit des Tags, wenn es die Geſetze ihrer Religion foderten, ſeitwaͤrts giengen, um ihr Gebet einſam zu verrichten. Belphegor ward von der Innbrunſt, mit welcher er ſie es ver- richten ſah, wenn er ſie belauſchte, ſo ent- zuͤckt, daß er nur eine Ueberredung und ein Meſſer brauchte, um ſich auf der Stelle be- ſchneiden *) Eine von den mahomedaniſchen Sekten.

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/50>, abgerufen am 29.03.2024.