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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Nach unsrer Ankunft in eine Hütte von
Baumästen wurde die Tafel von Meerkatzen
besetzt, die in dieser Gegend alle häusliche
und galante Verrichtungen unter Händen
haben, und sehr frühzeitig dazu abgerichtet
werden. Sie lernen ihre Wissenschaften so
schnell, daß in einem Jahre eine Meerkatze
den höchsten Grad ihrer Vollkommenheit er-
reicht. Siehst Du, Brüderchen? es wurde
viel aufgetragen, von wenigem gegessen,
und nichts füllte uur eine Viertelelle Hunger
in meinem Magen aus. Man spielte nur
mit dem Essen; und ich hatte Lust, im völli-
gen Ernste damit zu verfahren. Man lach-
te abermals über mich; und da man sich
überdrüßig gelacht hatte, sahe man mich
mit keinem Blicke mehr an. Ich wurde aus
der Hütte verwiesen, mußte eine ziemliche
Strecke von dem Schlafgemache meiner
Gönnerinnen in einer kleinen Kabane schla-
fen und mich mit Seilen von Bast fest an-
binden lassen; -- vermuthlich damit sie
ungestört und sicher für meinen nächtlichen
Ueberfällen schlafen können, dachte ich: aber
es mußte wohl nur eine Cerimonie seyn;
denn mit jeder Viertelstunde bekam ich von

einer
C

Nach unſrer Ankunft in eine Huͤtte von
Baumaͤſten wurde die Tafel von Meerkatzen
beſetzt, die in dieſer Gegend alle haͤusliche
und galante Verrichtungen unter Haͤnden
haben, und ſehr fruͤhzeitig dazu abgerichtet
werden. Sie lernen ihre Wiſſenſchaften ſo
ſchnell, daß in einem Jahre eine Meerkatze
den hoͤchſten Grad ihrer Vollkommenheit er-
reicht. Siehſt Du, Bruͤderchen? es wurde
viel aufgetragen, von wenigem gegeſſen,
und nichts fuͤllte uur eine Viertelelle Hunger
in meinem Magen aus. Man ſpielte nur
mit dem Eſſen; und ich hatte Luſt, im voͤlli-
gen Ernſte damit zu verfahren. Man lach-
te abermals uͤber mich; und da man ſich
uͤberdruͤßig gelacht hatte, ſahe man mich
mit keinem Blicke mehr an. Ich wurde aus
der Huͤtte verwieſen, mußte eine ziemliche
Strecke von dem Schlafgemache meiner
Goͤnnerinnen in einer kleinen Kabane ſchla-
fen und mich mit Seilen von Baſt feſt an-
binden laſſen; — vermuthlich damit ſie
ungeſtoͤrt und ſicher fuͤr meinen naͤchtlichen
Ueberfaͤllen ſchlafen koͤnnen, dachte ich: aber
es mußte wohl nur eine Cerimonie ſeyn;
denn mit jeder Viertelſtunde bekam ich von

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[31/0037] Nach unſrer Ankunft in eine Huͤtte von Baumaͤſten wurde die Tafel von Meerkatzen beſetzt, die in dieſer Gegend alle haͤusliche und galante Verrichtungen unter Haͤnden haben, und ſehr fruͤhzeitig dazu abgerichtet werden. Sie lernen ihre Wiſſenſchaften ſo ſchnell, daß in einem Jahre eine Meerkatze den hoͤchſten Grad ihrer Vollkommenheit er- reicht. Siehſt Du, Bruͤderchen? es wurde viel aufgetragen, von wenigem gegeſſen, und nichts fuͤllte uur eine Viertelelle Hunger in meinem Magen aus. Man ſpielte nur mit dem Eſſen; und ich hatte Luſt, im voͤlli- gen Ernſte damit zu verfahren. Man lach- te abermals uͤber mich; und da man ſich uͤberdruͤßig gelacht hatte, ſahe man mich mit keinem Blicke mehr an. Ich wurde aus der Huͤtte verwieſen, mußte eine ziemliche Strecke von dem Schlafgemache meiner Goͤnnerinnen in einer kleinen Kabane ſchla- fen und mich mit Seilen von Baſt feſt an- binden laſſen; — vermuthlich damit ſie ungeſtoͤrt und ſicher fuͤr meinen naͤchtlichen Ueberfaͤllen ſchlafen koͤnnen, dachte ich: aber es mußte wohl nur eine Cerimonie ſeyn; denn mit jeder Viertelſtunde bekam ich von einer C

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/37>, abgerufen am 29.03.2024.