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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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worden waren. Man stürmte sein Haus,
man nahm ihn gefangen, man steinigte ihn,
und er wurde im Getümmel erdrückt. Die-
sen Tumult nüzten einige Banden weiße
Knechte, setzten sich in Freiheit, erschlugen
ihre Herren, und unter diesen Streitern der
Freiheit war auch ich. Da das. Volk sich
selbst einen Befehlshaber wählen wollte und
doch in zwo Parteien getheilt war, so stellte
ich mich mit meiner Bande an die Spitze der
mächtigern, half ihr siegen, und ihre Wahl,
weil sie keinem unter sich einen so wichtigen
Vorzug gönnten, fiel auf mich: ich wurde
ihr Befehlshaber und blieb es so lange, bis
mich die Kabalen eines Nichtswürdigen be-
fürchten ließen, daß ich, da mir die Bestä-
tigung des Hofs fehlte, zulezt unterliegen
würde. Mein Sklavenstand und die rohe
Behandlung darinne hatten mir einen Theil
meiner Menschlichkeit genommen: drücken
und bedrückt werden, hatte sich mit mir so fa-
miliarisirt, daß es mir nicht mehr wie sonst
einen Schauer abnöthigte, sondern ich konnte
es mit kältern Blute sehen und denken, weil
es mein täglicher Anblick und mein tägliches
Gesühl gewesen war. Ich kam mit dieser

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worden waren. Man ſtuͤrmte ſein Haus,
man nahm ihn gefangen, man ſteinigte ihn,
und er wurde im Getuͤmmel erdruͤckt. Die-
ſen Tumult nuͤzten einige Banden weiße
Knechte, ſetzten ſich in Freiheit, erſchlugen
ihre Herren, und unter dieſen Streitern der
Freiheit war auch ich. Da das. Volk ſich
ſelbſt einen Befehlshaber waͤhlen wollte und
doch in zwo Parteien getheilt war, ſo ſtellte
ich mich mit meiner Bande an die Spitze der
maͤchtigern, half ihr ſiegen, und ihre Wahl,
weil ſie keinem unter ſich einen ſo wichtigen
Vorzug goͤnnten, fiel auf mich: ich wurde
ihr Befehlshaber und blieb es ſo lange, bis
mich die Kabalen eines Nichtswuͤrdigen be-
fuͤrchten ließen, daß ich, da mir die Beſtaͤ-
tigung des Hofs fehlte, zulezt unterliegen
wuͤrde. Mein Sklavenſtand und die rohe
Behandlung darinne hatten mir einen Theil
meiner Menſchlichkeit genommen: druͤcken
und bedruͤckt werden, hatte ſich mit mir ſo fa-
miliariſirt, daß es mir nicht mehr wie ſonſt
einen Schauer abnoͤthigte, ſondern ich konnte
es mit kaͤltern Blute ſehen und denken, weil
es mein taͤglicher Anblick und mein taͤgliches
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[293/0299] worden waren. Man ſtuͤrmte ſein Haus, man nahm ihn gefangen, man ſteinigte ihn, und er wurde im Getuͤmmel erdruͤckt. Die- ſen Tumult nuͤzten einige Banden weiße Knechte, ſetzten ſich in Freiheit, erſchlugen ihre Herren, und unter dieſen Streitern der Freiheit war auch ich. Da das. Volk ſich ſelbſt einen Befehlshaber waͤhlen wollte und doch in zwo Parteien getheilt war, ſo ſtellte ich mich mit meiner Bande an die Spitze der maͤchtigern, half ihr ſiegen, und ihre Wahl, weil ſie keinem unter ſich einen ſo wichtigen Vorzug goͤnnten, fiel auf mich: ich wurde ihr Befehlshaber und blieb es ſo lange, bis mich die Kabalen eines Nichtswuͤrdigen be- fuͤrchten ließen, daß ich, da mir die Beſtaͤ- tigung des Hofs fehlte, zulezt unterliegen wuͤrde. Mein Sklavenſtand und die rohe Behandlung darinne hatten mir einen Theil meiner Menſchlichkeit genommen: druͤcken und bedruͤckt werden, hatte ſich mit mir ſo fa- miliariſirt, daß es mir nicht mehr wie ſonſt einen Schauer abnoͤthigte, ſondern ich konnte es mit kaͤltern Blute ſehen und denken, weil es mein taͤglicher Anblick und mein taͤgliches Geſuͤhl geweſen war. Ich kam mit dieſer ver- T 4

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/299>, abgerufen am 22.12.2024.