Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Theil wahre Anhänger dieses Systems hin-
weg; und welche Menge in den übrigen
Welttheilen, die insgesammt bey der ersten
einzig gewissen evidenten Beobachtung
stehen geblieben sind, dem Grunde, von wel-
chem alle unsre Erklärungen und Vorstel-
lungsarten entstanden sind, und in welchen
sie sich alle auflösen lassen, nämlich: daß
ein festgeketteter unwidertreiblicher Zusam-
hang in den Begebenheiten der Welt ist.
Frage den Neger, den Indianer, den Kal-
mucken! und wenn er seine dunkle Empfin-
dung hiervon auszudrücken weis, so wird
er dir diese Idee geben; und doch, obgleich
das Fatum der herrschende Glaube von mehr
als der halben Menschheit ist, streitet der
Türke mit der Kühnheit eines Löwen, und
jederman glaubt, er habe seinen Muth seinem
Glauben an das unausweichbare Schicksal
zu verdanken. Das System der Vorsehung
scheint mehr die Stärke zum Dulden als zum
Handeln zu geben; und, Freund, du wirst
herrlichen Trost von ihm empfangen haben?

Medard. Herrlichen Trost? Wer weis
wozu mir das gut ist? -- so dachte ich bey

dem

Theil wahre Anhaͤnger dieſes Syſtems hin-
weg; und welche Menge in den uͤbrigen
Welttheilen, die insgeſammt bey der erſten
einzig gewiſſen evidenten Beobachtung
ſtehen geblieben ſind, dem Grunde, von wel-
chem alle unſre Erklaͤrungen und Vorſtel-
lungsarten entſtanden ſind, und in welchen
ſie ſich alle aufloͤſen laſſen, naͤmlich: daß
ein feſtgeketteter unwidertreiblicher Zuſam-
hang in den Begebenheiten der Welt iſt.
Frage den Neger, den Indianer, den Kal-
mucken! und wenn er ſeine dunkle Empfin-
dung hiervon auszudruͤcken weis, ſo wird
er dir dieſe Idee geben; und doch, obgleich
das Fatum der herrſchende Glaube von mehr
als der halben Menſchheit iſt, ſtreitet der
Tuͤrke mit der Kuͤhnheit eines Loͤwen, und
jederman glaubt, er habe ſeinen Muth ſeinem
Glauben an das unausweichbare Schickſal
zu verdanken. Das Syſtem der Vorſehung
ſcheint mehr die Staͤrke zum Dulden als zum
Handeln zu geben; und, Freund, du wirſt
herrlichen Troſt von ihm empfangen haben?

Medard. Herrlichen Troſt? Wer weis
wozu mir das gut iſt? — ſo dachte ich bey

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0291" n="285"/>
Theil wahre Anha&#x0364;nger die&#x017F;es Sy&#x017F;tems hin-<lb/>
weg; und welche Menge in den u&#x0364;brigen<lb/>
Welttheilen, die insge&#x017F;ammt bey der er&#x017F;ten<lb/>
einzig <hi rendition="#fr">gewi&#x017F;&#x017F;en evidenten</hi> Beobachtung<lb/>
&#x017F;tehen geblieben &#x017F;ind, dem Grunde, von wel-<lb/>
chem alle un&#x017F;re Erkla&#x0364;rungen und Vor&#x017F;tel-<lb/>
lungsarten ent&#x017F;tanden &#x017F;ind, und in welchen<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich alle auflo&#x0364;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, na&#x0364;mlich: daß<lb/>
ein fe&#x017F;tgeketteter unwidertreiblicher Zu&#x017F;am-<lb/>
hang in den Begebenheiten der Welt i&#x017F;t.<lb/>
Frage den Neger, den Indianer, den Kal-<lb/>
mucken! und wenn er &#x017F;eine dunkle Empfin-<lb/>
dung hiervon auszudru&#x0364;cken weis, &#x017F;o wird<lb/>
er dir die&#x017F;e Idee geben; und doch, obgleich<lb/>
das Fatum der herr&#x017F;chende Glaube von mehr<lb/>
als der halben Men&#x017F;chheit i&#x017F;t, &#x017F;treitet der<lb/>
Tu&#x0364;rke mit der Ku&#x0364;hnheit eines Lo&#x0364;wen, und<lb/>
jederman glaubt, er habe &#x017F;einen Muth &#x017F;einem<lb/>
Glauben an das unausweichbare Schick&#x017F;al<lb/>
zu verdanken. Das Sy&#x017F;tem der Vor&#x017F;ehung<lb/>
&#x017F;cheint mehr die Sta&#x0364;rke zum Dulden als zum<lb/>
Handeln zu geben; und, Freund, du wir&#x017F;t<lb/>
herrlichen Tro&#x017F;t von ihm empfangen haben?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Medard.</hi> Herrlichen Tro&#x017F;t? Wer weis<lb/>
wozu mir das gut i&#x017F;t? &#x2014; &#x017F;o dachte ich bey<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0291] Theil wahre Anhaͤnger dieſes Syſtems hin- weg; und welche Menge in den uͤbrigen Welttheilen, die insgeſammt bey der erſten einzig gewiſſen evidenten Beobachtung ſtehen geblieben ſind, dem Grunde, von wel- chem alle unſre Erklaͤrungen und Vorſtel- lungsarten entſtanden ſind, und in welchen ſie ſich alle aufloͤſen laſſen, naͤmlich: daß ein feſtgeketteter unwidertreiblicher Zuſam- hang in den Begebenheiten der Welt iſt. Frage den Neger, den Indianer, den Kal- mucken! und wenn er ſeine dunkle Empfin- dung hiervon auszudruͤcken weis, ſo wird er dir dieſe Idee geben; und doch, obgleich das Fatum der herrſchende Glaube von mehr als der halben Menſchheit iſt, ſtreitet der Tuͤrke mit der Kuͤhnheit eines Loͤwen, und jederman glaubt, er habe ſeinen Muth ſeinem Glauben an das unausweichbare Schickſal zu verdanken. Das Syſtem der Vorſehung ſcheint mehr die Staͤrke zum Dulden als zum Handeln zu geben; und, Freund, du wirſt herrlichen Troſt von ihm empfangen haben? Medard. Herrlichen Troſt? Wer weis wozu mir das gut iſt? — ſo dachte ich bey dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/291
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/291>, abgerufen am 19.05.2024.