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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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zu widriges dabey, um ihm nicht ein Vor-
urtheil wider den Mann einzuslößen, der
sie thun konnte. Aus dieser Ursache brach
er kurz darauf abermals das Gespräch ab,
ohne weiter einen Anspruch auf Belphegors
Freundschaft zu machen, der ihn ungern
verließ, weil er von dieser Unterredung den
entscheidenden Ausschlag gehoft hatte.

Indessen blieb doch Fromaln, so schwer
es ihm fiel, sich mit seiner Eigenliebe ganz
zu entzweyen, ein Stachel zurück, der ihn
von Zeit zu Zeit an Belphegors Vorhaltun-
gen erinnerte: er liebte ihn wegen seines
Eifers für seine Besserung, er wollte ihn
gern oft sehen, und gleichwohl fürchtete er
eben diesen Eifer zu sehr, um ihn oft sehen
zu können. Endlich schlug seine Eigen-
liebe einen Mittelweg ein: er bemühte sich,
ihn durch Liebkosungen, Geschenke und Eh-
renbezeugungen zu gewinnen, oder seine
ernste Beredsamkeit einzuschläfern: er zer-
streute ihn durch verfchiedene Vergnügun-
gen; er kützelte ihn durch Wohlleben und
dachte seine ernste Tugend im Weine zu er-
säufen. Zur Hälfte gelangs ihm; aber mit-
ten unter Ergötzlichkeiten mußte er sichs oft

gefallen

zu widriges dabey, um ihm nicht ein Vor-
urtheil wider den Mann einzuſloͤßen, der
ſie thun konnte. Aus dieſer Urſache brach
er kurz darauf abermals das Geſpraͤch ab,
ohne weiter einen Anſpruch auf Belphegors
Freundſchaft zu machen, der ihn ungern
verließ, weil er von dieſer Unterredung den
entſcheidenden Ausſchlag gehoft hatte.

Indeſſen blieb doch Fromaln, ſo ſchwer
es ihm fiel, ſich mit ſeiner Eigenliebe ganz
zu entzweyen, ein Stachel zuruͤck, der ihn
von Zeit zu Zeit an Belphegors Vorhaltun-
gen erinnerte: er liebte ihn wegen ſeines
Eifers fuͤr ſeine Beſſerung, er wollte ihn
gern oft ſehen, und gleichwohl fuͤrchtete er
eben dieſen Eifer zu ſehr, um ihn oft ſehen
zu koͤnnen. Endlich ſchlug ſeine Eigen-
liebe einen Mittelweg ein: er bemuͤhte ſich,
ihn durch Liebkoſungen, Geſchenke und Eh-
renbezeugungen zu gewinnen, oder ſeine
ernſte Beredſamkeit einzuſchlaͤfern: er zer-
ſtreute ihn durch verfchiedene Vergnuͤgun-
gen; er kuͤtzelte ihn durch Wohlleben und
dachte ſeine ernſte Tugend im Weine zu er-
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[270/0276] zu widriges dabey, um ihm nicht ein Vor- urtheil wider den Mann einzuſloͤßen, der ſie thun konnte. Aus dieſer Urſache brach er kurz darauf abermals das Geſpraͤch ab, ohne weiter einen Anſpruch auf Belphegors Freundſchaft zu machen, der ihn ungern verließ, weil er von dieſer Unterredung den entſcheidenden Ausſchlag gehoft hatte. Indeſſen blieb doch Fromaln, ſo ſchwer es ihm fiel, ſich mit ſeiner Eigenliebe ganz zu entzweyen, ein Stachel zuruͤck, der ihn von Zeit zu Zeit an Belphegors Vorhaltun- gen erinnerte: er liebte ihn wegen ſeines Eifers fuͤr ſeine Beſſerung, er wollte ihn gern oft ſehen, und gleichwohl fuͤrchtete er eben dieſen Eifer zu ſehr, um ihn oft ſehen zu koͤnnen. Endlich ſchlug ſeine Eigen- liebe einen Mittelweg ein: er bemuͤhte ſich, ihn durch Liebkoſungen, Geſchenke und Eh- renbezeugungen zu gewinnen, oder ſeine ernſte Beredſamkeit einzuſchlaͤfern: er zer- ſtreute ihn durch verfchiedene Vergnuͤgun- gen; er kuͤtzelte ihn durch Wohlleben und dachte ſeine ernſte Tugend im Weine zu er- ſaͤufen. Zur Haͤlfte gelangs ihm; aber mit- ten unter Ergoͤtzlichkeiten mußte er ſichs oft gefallen

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/276>, abgerufen am 23.12.2024.