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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Seine Geschäfte führten ihn oft in solche
Verbindungen, daß er das ganze Spiel der
Leidenschaften und des Eigennutzes in dem
deutlichsten Lichte sehen konnte: er fand,
daß auch in dieser neuen Welt, wie in der
alten, der Neid beständig den Bogen ge-
spannt hielt, und jeder seine Obermacht zur
Unterdrückung mißbrauchte. Anfangs ließ
er sich zwar von der Klugheit zurückhalten,
allein in kurzem häuften sich die Reizungen
so sehr, daß sein Unwille alle Klugheit über-
stimmte: er riß ihn hin und stürzte ihn in
täusend Unannehmlichkeiten und eben so
viele Gefahren.

Der Herr, in dessen Diensten er stand,
war ein Kreole *) und hatte deswegen den
Haß aller gebornen Spanier auszustehn:
bey jeder Gelegenheit, wo von einem unter
diesen das Interesse oder die Ehre seines
Herrn gekränkt wurde, focht Belphegor mit
allen Kräften seiner Beredsamkeit und sei-
nes Leibes, ihn zu vertheidigen. Sein Ei-
fer machte ihn bey seinem Herrn beliebt und
wurde dadurch um so viel stärker angefacht.

So lange
*) Ein in Amerika von europäischen Eltern
geborner.

Seine Geſchaͤfte fuͤhrten ihn oft in ſolche
Verbindungen, daß er das ganze Spiel der
Leidenſchaften und des Eigennutzes in dem
deutlichſten Lichte ſehen konnte: er fand,
daß auch in dieſer neuen Welt, wie in der
alten, der Neid beſtaͤndig den Bogen ge-
ſpannt hielt, und jeder ſeine Obermacht zur
Unterdruͤckung mißbrauchte. Anfangs ließ
er ſich zwar von der Klugheit zuruͤckhalten,
allein in kurzem haͤuften ſich die Reizungen
ſo ſehr, daß ſein Unwille alle Klugheit uͤber-
ſtimmte: er riß ihn hin und ſtuͤrzte ihn in
täuſend Unannehmlichkeiten und eben ſo
viele Gefahren.

Der Herr, in deſſen Dienſten er ſtand,
war ein Kreole *) und hatte deswegen den
Haß aller gebornen Spanier auszuſtehn:
bey jeder Gelegenheit, wo von einem unter
dieſen das Intereſſe oder die Ehre ſeines
Herrn gekraͤnkt wurde, focht Belphegor mit
allen Kraͤften ſeiner Beredſamkeit und ſei-
nes Leibes, ihn zu vertheidigen. Sein Ei-
fer machte ihn bey ſeinem Herrn beliebt und
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*) Ein in Amerika von europaͤiſchen Eltern
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[236/0242] Seine Geſchaͤfte fuͤhrten ihn oft in ſolche Verbindungen, daß er das ganze Spiel der Leidenſchaften und des Eigennutzes in dem deutlichſten Lichte ſehen konnte: er fand, daß auch in dieſer neuen Welt, wie in der alten, der Neid beſtaͤndig den Bogen ge- ſpannt hielt, und jeder ſeine Obermacht zur Unterdruͤckung mißbrauchte. Anfangs ließ er ſich zwar von der Klugheit zuruͤckhalten, allein in kurzem haͤuften ſich die Reizungen ſo ſehr, daß ſein Unwille alle Klugheit uͤber- ſtimmte: er riß ihn hin und ſtuͤrzte ihn in täuſend Unannehmlichkeiten und eben ſo viele Gefahren. Der Herr, in deſſen Dienſten er ſtand, war ein Kreole *) und hatte deswegen den Haß aller gebornen Spanier auszuſtehn: bey jeder Gelegenheit, wo von einem unter dieſen das Intereſſe oder die Ehre ſeines Herrn gekraͤnkt wurde, focht Belphegor mit allen Kraͤften ſeiner Beredſamkeit und ſei- nes Leibes, ihn zu vertheidigen. Sein Ei- fer machte ihn bey ſeinem Herrn beliebt und wurde dadurch um ſo viel ſtaͤrker angefacht. So lange *) Ein in Amerika von europaͤiſchen Eltern geborner.

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/242>, abgerufen am 04.05.2024.