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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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ich doch: wer weiß, wozu das gut ist? Ich
komme am besten dabey zu rechte: ist auch
wirklich alles Nothwendigkeit und Zufall;
muß ich mich von diesen beyden Mächten
herumstoßen laßen -- wohlan! ich wills
gar nicht wissen, daß sie mich blind herum-
stoßen. Der Kopf wird so dadurch wirb-
licht genug, soll ich mir ihn noch durch Grü-
beleyen wirblicht machen? -- Nein! jede
Freude genossen, wie sie sich anbietet, jeden
Puff angenommen, wie er kömmt, und im-
mer gedacht: wer weiß, wozu er gut ist? --
das heißt klug gelebt! -- Und das kannst
Du mir doch nicht läugnen, Brüderchen,
daß die gottlosen Kerle, die mich mit dem
Boote fortwandern ließen, mich in die
Angst versetzen mußten, damit ich dich wie-
derfände? Wäre ich in dem Palaste zu Nie-
meamaye nicht beynahe verbrannt, hätte ich
nicht so viele Gefahren zur See und in Ame-
rika ausgestanden, so wäre ich itzt nicht bey
Dir, so freueten wir uns itzt nicht --

Bester Freund! unterbrach ihn Belphe-
gor: dieser Zweck ist auf deiner Seite er-
reicht, aber auf der meinigen nicht. In
dem Sturme der Leidenschaften, unter dem

Gefühle

ich doch: wer weiß, wozu das gut iſt? Ich
komme am beſten dabey zu rechte: iſt auch
wirklich alles Nothwendigkeit und Zufall;
muß ich mich von dieſen beyden Maͤchten
herumſtoßen laßen — wohlan! ich wills
gar nicht wiſſen, daß ſie mich blind herum-
ſtoßen. Der Kopf wird ſo dadurch wirb-
licht genug, ſoll ich mir ihn noch durch Gruͤ-
beleyen wirblicht machen? — Nein! jede
Freude genoſſen, wie ſie ſich anbietet, jeden
Puff angenommen, wie er koͤmmt, und im-
mer gedacht: wer weiß, wozu er gut iſt? —
das heißt klug gelebt! — Und das kannſt
Du mir doch nicht laͤugnen, Bruͤderchen,
daß die gottloſen Kerle, die mich mit dem
Boote fortwandern ließen, mich in die
Angſt verſetzen mußten, damit ich dich wie-
derfaͤnde? Waͤre ich in dem Palaſte zu Nie-
meamaye nicht beynahe verbrannt, haͤtte ich
nicht ſo viele Gefahren zur See und in Ame-
rika ausgeſtanden, ſo waͤre ich itzt nicht bey
Dir, ſo freueten wir uns itzt nicht —

Beſter Freund! unterbrach ihn Belphe-
gor: dieſer Zweck iſt auf deiner Seite er-
reicht, aber auf der meinigen nicht. In
dem Sturme der Leidenſchaften, unter dem

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[228/0234] ich doch: wer weiß, wozu das gut iſt? Ich komme am beſten dabey zu rechte: iſt auch wirklich alles Nothwendigkeit und Zufall; muß ich mich von dieſen beyden Maͤchten herumſtoßen laßen — wohlan! ich wills gar nicht wiſſen, daß ſie mich blind herum- ſtoßen. Der Kopf wird ſo dadurch wirb- licht genug, ſoll ich mir ihn noch durch Gruͤ- beleyen wirblicht machen? — Nein! jede Freude genoſſen, wie ſie ſich anbietet, jeden Puff angenommen, wie er koͤmmt, und im- mer gedacht: wer weiß, wozu er gut iſt? — das heißt klug gelebt! — Und das kannſt Du mir doch nicht laͤugnen, Bruͤderchen, daß die gottloſen Kerle, die mich mit dem Boote fortwandern ließen, mich in die Angſt verſetzen mußten, damit ich dich wie- derfaͤnde? Waͤre ich in dem Palaſte zu Nie- meamaye nicht beynahe verbrannt, haͤtte ich nicht ſo viele Gefahren zur See und in Ame- rika ausgeſtanden, ſo waͤre ich itzt nicht bey Dir, ſo freueten wir uns itzt nicht — Beſter Freund! unterbrach ihn Belphe- gor: dieſer Zweck iſt auf deiner Seite er- reicht, aber auf der meinigen nicht. In dem Sturme der Leidenſchaften, unter dem Gefuͤhle

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/234>, abgerufen am 04.05.2024.