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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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ten in den Flammen zurückließ? -- Sagte
ich doch: die Vorsicht lebt noch: wir dach-
ten einander nimmermehr wieder zu finden,
aber siehe! hier sind wir beysammen. Wer
hätte das denken sollen? -- Und Du auch,
Akantchen? -- Wohl uns! wenn wir erst
wieder in Karthagena sind! Dann solls euch
gehn! -- so gut, als ihrs itzt schlecht ge-
habt habt! Glückliches Wiedersehn, und
nimmermehr wieder Verlieren! -- und so
trank er munter sein Glas aus. --

Aber, sprach Belphegor, wenn die Vor-
sicht noch lebt, wie Du noch immer fest
glaubst, warum ließ sie mich erst so lange
Zeit zweifeln, ob überhaupt eine existirte?
Warum mußte ich geschunden, zerschnitten,
gesengt und beynahe gefressen werden, um
davon überzeugt zu werden? und noch kann
unser Wiedersehn eben so sehr die Wirkung
eines Ohngefehrs, eines zufälligen Schick-
sals als einer Vorsicht seyn? Meine Leiden
machen meinen Glauben an sie kein Haarbreit
stärker; ja so gar -- sie schwächen ihn. --

Bist Du noch so ein Grübelkopf, Brü-
derchen? unterbrach ihn Medardus. Er-
säufe Zweifel und Grillen in der Flasche:

genug,
P

ten in den Flammen zuruͤckließ? — Sagte
ich doch: die Vorſicht lebt noch: wir dach-
ten einander nimmermehr wieder zu finden,
aber ſiehe! hier ſind wir beyſammen. Wer
haͤtte das denken ſollen? — Und Du auch,
Akantchen? — Wohl uns! wenn wir erſt
wieder in Karthagena ſind! Dann ſolls euch
gehn! — ſo gut, als ihrs itzt ſchlecht ge-
habt habt! Gluͤckliches Wiederſehn, und
nimmermehr wieder Verlieren! — und ſo
trank er munter ſein Glas aus. —

Aber, ſprach Belphegor, wenn die Vor-
ſicht noch lebt, wie Du noch immer feſt
glaubſt, warum ließ ſie mich erſt ſo lange
Zeit zweifeln, ob uͤberhaupt eine exiſtirte?
Warum mußte ich geſchunden, zerſchnitten,
geſengt und beynahe gefreſſen werden, um
davon uͤberzeugt zu werden? und noch kann
unſer Wiederſehn eben ſo ſehr die Wirkung
eines Ohngefehrs, eines zufaͤlligen Schick-
ſals als einer Vorſicht ſeyn? Meine Leiden
machen meinen Glauben an ſie kein Haarbreit
ſtaͤrker; ja ſo gar — ſie ſchwaͤchen ihn. —

Biſt Du noch ſo ein Gruͤbelkopf, Bruͤ-
derchen? unterbrach ihn Medardus. Er-
ſaͤufe Zweifel und Grillen in der Flaſche:

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[223/0229] ten in den Flammen zuruͤckließ? — Sagte ich doch: die Vorſicht lebt noch: wir dach- ten einander nimmermehr wieder zu finden, aber ſiehe! hier ſind wir beyſammen. Wer haͤtte das denken ſollen? — Und Du auch, Akantchen? — Wohl uns! wenn wir erſt wieder in Karthagena ſind! Dann ſolls euch gehn! — ſo gut, als ihrs itzt ſchlecht ge- habt habt! Gluͤckliches Wiederſehn, und nimmermehr wieder Verlieren! — und ſo trank er munter ſein Glas aus. — Aber, ſprach Belphegor, wenn die Vor- ſicht noch lebt, wie Du noch immer feſt glaubſt, warum ließ ſie mich erſt ſo lange Zeit zweifeln, ob uͤberhaupt eine exiſtirte? Warum mußte ich geſchunden, zerſchnitten, geſengt und beynahe gefreſſen werden, um davon uͤberzeugt zu werden? und noch kann unſer Wiederſehn eben ſo ſehr die Wirkung eines Ohngefehrs, eines zufaͤlligen Schick- ſals als einer Vorſicht ſeyn? Meine Leiden machen meinen Glauben an ſie kein Haarbreit ſtaͤrker; ja ſo gar — ſie ſchwaͤchen ihn. — Biſt Du noch ſo ein Gruͤbelkopf, Bruͤ- derchen? unterbrach ihn Medardus. Er- ſaͤufe Zweifel und Grillen in der Flaſche: genug, P

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/229>, abgerufen am 04.05.2024.