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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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ihr konntet euch um eines lecren Titels, ei-
ner einfältigen Grille: eines blendenden
Nichts, würgen, zerfetzen, verstümmeln:
und doch kam keiner noch auf den edlern
Vorsatz, das weibliche Geschlecht in allge-
meine
Freiheit zu setzen. Schämt euch,
ihr Elenden! Um euern verfluchten Durst
nach Golde, nach Ländern, Titeln oder an-
dere noch niedrigere Leidenschaften der Ra-
che, der Zanksucht, des Neides zu sättigen,
macht ihr, so oft es euch beliebt, die Erde
zum Schlachtfelde und wißt euren unmensch-
lichen Thaten tausend schimmernde Mäntel
umzuhäugen und tausend glänzende Anstriche
von Edelmuth, Großmuth, Menschenliebe,
Patriotismus zu geben: doch für das Ge-
schlecht: das euch mit Schmerzen gebar,
wagtet ihr nie einen Schritt! vergoßt ihr
nie einen Tropfen eures menschenfeindlichen
Blutes! Wohl den guten freundlichen Rit-
tern, die während der Barbarey unsers va-
terländischen Himmelsstrichs sich über alle
Vortheile und Rücksichten des Eigennutzes
emporschwangen und mit der Lanze in der
Hand, von dem einzigen Triebe der Ehre
und Menschenliebe begeistert ausgiengen, die

Ban-

ihr konntet euch um eines lecren Titels, ei-
ner einfaͤltigen Grille: eines blendenden
Nichts, wuͤrgen, zerfetzen, verſtuͤmmeln:
und doch kam keiner noch auf den edlern
Vorſatz, das weibliche Geſchlecht in allge-
meine
Freiheit zu ſetzen. Schaͤmt euch,
ihr Elenden! Um euern verfluchten Durſt
nach Golde, nach Laͤndern, Titeln oder an-
dere noch niedrigere Leidenſchaften der Ra-
che, der Zankſucht, des Neides zu ſaͤttigen,
macht ihr, ſo oft es euch beliebt, die Erde
zum Schlachtfelde und wißt euren unmenſch-
lichen Thaten tauſend ſchimmernde Maͤntel
umzuhaͤugen und tauſend glaͤnzende Anſtriche
von Edelmuth, Großmuth, Menſchenliebe,
Patriotiſmus zu geben: doch fuͤr das Ge-
ſchlecht: das euch mit Schmerzen gebar,
wagtet ihr nie einen Schritt! vergoßt ihr
nie einen Tropfen eures menſchenfeindlichen
Blutes! Wohl den guten freundlichen Rit-
tern, die waͤhrend der Barbarey unſers va-
terlaͤndiſchen Himmelsſtrichs ſich uͤber alle
Vortheile und Ruͤckſichten des Eigennutzes
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Hand, von dem einzigen Triebe der Ehre
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[152/0158] ihr konntet euch um eines lecren Titels, ei- ner einfaͤltigen Grille: eines blendenden Nichts, wuͤrgen, zerfetzen, verſtuͤmmeln: und doch kam keiner noch auf den edlern Vorſatz, das weibliche Geſchlecht in allge- meine Freiheit zu ſetzen. Schaͤmt euch, ihr Elenden! Um euern verfluchten Durſt nach Golde, nach Laͤndern, Titeln oder an- dere noch niedrigere Leidenſchaften der Ra- che, der Zankſucht, des Neides zu ſaͤttigen, macht ihr, ſo oft es euch beliebt, die Erde zum Schlachtfelde und wißt euren unmenſch- lichen Thaten tauſend ſchimmernde Maͤntel umzuhaͤugen und tauſend glaͤnzende Anſtriche von Edelmuth, Großmuth, Menſchenliebe, Patriotiſmus zu geben: doch fuͤr das Ge- ſchlecht: das euch mit Schmerzen gebar, wagtet ihr nie einen Schritt! vergoßt ihr nie einen Tropfen eures menſchenfeindlichen Blutes! Wohl den guten freundlichen Rit- tern, die waͤhrend der Barbarey unſers va- terlaͤndiſchen Himmelsſtrichs ſich uͤber alle Vortheile und Ruͤckſichten des Eigennutzes emporſchwangen und mit der Lanze in der Hand, von dem einzigen Triebe der Ehre und Menſchenliebe begeiſtert ausgiengen, die Ban-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/158>, abgerufen am 04.05.2024.