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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Da sieht man doch, daß die Vorsicht noch
lebt! würde Freund Medardus ausrufen --
sprach Belphegor, ohne zu überlegen, daß
dieß ein Mittel seyn könnte, sich vor der
Zeit zu verrathen: allein Akante war zu sehr
in ihre Geschichte vertieft, um sich ein sol-
ches Anzeichen nicht entwischen zu lassen.
Sie hielt sich also blos an das Wesentliche
des Ausrufs und fiel ihm hastig ins Wort:
-- Ja, so würde ich auch denken; aber
warum mußte denn der unglückliche Fali um-
kommen, der treu für seinen Herrn gefoch-
ten und eine niederträchtige Beleidigung
nicht als ein feiges Lamm erdulden, son-
dern den Urheber derselben muthig bestrafen
wollte? warum ließ da deine Vorsicht nicht
lieber den Streich des Fali gelingen, der in
seinem Herrn einen grösern Bösewicht ge-
züchtigt hätte als Edzar war? --

Belphegor wollte antworten, aber sie ließ
ihn nicht zum Worte: in Einem unaufhalt-
samen Strome fuhr sie zu fragen fort. --
Warum mußte ich, die ich zu dem gottlosen
Anschlage hingeschleppt worden war, die
ich wie eine leblose Maschine dabey gleich-
sam fortgestoßen wurde, warum mußte ich

ärger
K 3

Da ſieht man doch, daß die Vorſicht noch
lebt! wuͤrde Freund Medardus ausrufen —
ſprach Belphegor, ohne zu uͤberlegen, daß
dieß ein Mittel ſeyn koͤnnte, ſich vor der
Zeit zu verrathen: allein Akante war zu ſehr
in ihre Geſchichte vertieft, um ſich ein ſol-
ches Anzeichen nicht entwiſchen zu laſſen.
Sie hielt ſich alſo blos an das Weſentliche
des Ausrufs und fiel ihm haſtig ins Wort:
— Ja, ſo wuͤrde ich auch denken; aber
warum mußte denn der ungluͤckliche Fali um-
kommen, der treu fuͤr ſeinen Herrn gefoch-
ten und eine niedertraͤchtige Beleidigung
nicht als ein feiges Lamm erdulden, ſon-
dern den Urheber derſelben muthig beſtrafen
wollte? warum ließ da deine Vorſicht nicht
lieber den Streich des Fali gelingen, der in
ſeinem Herrn einen groͤſern Boͤſewicht ge-
zuͤchtigt haͤtte als Edzar war? —

Belphegor wollte antworten, aber ſie ließ
ihn nicht zum Worte: in Einem unaufhalt-
ſamen Strome fuhr ſie zu fragen fort. —
Warum mußte ich, die ich zu dem gottloſen
Anſchlage hingeſchleppt worden war, die
ich wie eine lebloſe Maſchine dabey gleich-
ſam fortgeſtoßen wurde, warum mußte ich

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[147/0153] Da ſieht man doch, daß die Vorſicht noch lebt! wuͤrde Freund Medardus ausrufen — ſprach Belphegor, ohne zu uͤberlegen, daß dieß ein Mittel ſeyn koͤnnte, ſich vor der Zeit zu verrathen: allein Akante war zu ſehr in ihre Geſchichte vertieft, um ſich ein ſol- ches Anzeichen nicht entwiſchen zu laſſen. Sie hielt ſich alſo blos an das Weſentliche des Ausrufs und fiel ihm haſtig ins Wort: — Ja, ſo wuͤrde ich auch denken; aber warum mußte denn der ungluͤckliche Fali um- kommen, der treu fuͤr ſeinen Herrn gefoch- ten und eine niedertraͤchtige Beleidigung nicht als ein feiges Lamm erdulden, ſon- dern den Urheber derſelben muthig beſtrafen wollte? warum ließ da deine Vorſicht nicht lieber den Streich des Fali gelingen, der in ſeinem Herrn einen groͤſern Boͤſewicht ge- zuͤchtigt haͤtte als Edzar war? — Belphegor wollte antworten, aber ſie ließ ihn nicht zum Worte: in Einem unaufhalt- ſamen Strome fuhr ſie zu fragen fort. — Warum mußte ich, die ich zu dem gottloſen Anſchlage hingeſchleppt worden war, die ich wie eine lebloſe Maſchine dabey gleich- ſam fortgeſtoßen wurde, warum mußte ich aͤrger K 3

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/153>, abgerufen am 04.05.2024.