sehn mishandelte einen Juden auf das här- teste, dem er unaufhörliche Vorwürfe mach- te, aus welchen man schließen konnte, daß ihn der Hebräer betrogen haben mußte.
Freund, zischelte Belphegor seinem Ge- fährten leise ins Ohr, siehe! wo der Mensch nicht mit Gewalt unterdrücken kann, da un- terdrückt er mit List, da betriegt er. Jm- mer Mensch wider Menschen! --
Als der thätlichste Theil des Streits vor- über war, ließ sich der Zorn in Worte aus: man legte die Waffen nieder und kehrte sich zu einem mündlichen Prozesse.
Der Mann, der den Juden mishandelte, war der Statthalter und Justizpfleger des Orts. Nachdem er dem Jsraeliten, der izt mit den empfangenen Schlägen noch zu viel zu thun hatte, um seine Einreden anders als in den Bart zu murmeln, seine Titel und Macht umständlich explicirt und ihm dabey begreiflich gemacht, daß, obwohln er anbe- fugter Maßen ihn mit härterer Strafe hätte belegen können, er doch sich nicht entbrochen habe, ihm die Ehre anzuthun und seinen Rü- cken in eigner hoher Person den tragenden
E 5
ſehn mishandelte einen Juden auf das haͤr- teſte, dem er unaufhoͤrliche Vorwuͤrfe mach- te, aus welchen man ſchließen konnte, daß ihn der Hebraͤer betrogen haben mußte.
Freund, ziſchelte Belphegor ſeinem Ge- faͤhrten leiſe ins Ohr, ſiehe! wo der Menſch nicht mit Gewalt unterdruͤcken kann, da un- terdruͤckt er mit Liſt, da betriegt er. Jm- mer Menſch wider Menſchen! —
Als der thaͤtlichſte Theil des Streits vor- uͤber war, ließ ſich der Zorn in Worte aus: man legte die Waffen nieder und kehrte ſich zu einem muͤndlichen Prozeſſe.
Der Mann, der den Juden mishandelte, war der Statthalter und Juſtizpfleger des Orts. Nachdem er dem Jſraeliten, der izt mit den empfangenen Schlaͤgen noch zu viel zu thun hatte, um ſeine Einreden anders als in den Bart zu murmeln, ſeine Titel und Macht umſtaͤndlich explicirt und ihm dabey begreiflich gemacht, daß, obwohln er anbe- fugter Maßen ihn mit haͤrterer Strafe haͤtte belegen koͤnnen, er doch ſich nicht entbrochen habe, ihm die Ehre anzuthun und ſeinen Ruͤ- cken in eigner hoher Perſon den tragenden
E 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0093"n="73"/>ſehn mishandelte einen Juden auf das haͤr-<lb/>
teſte, dem er unaufhoͤrliche Vorwuͤrfe mach-<lb/>
te, aus welchen man ſchließen konnte, daß<lb/>
ihn der Hebraͤer betrogen haben mußte.</p><lb/><p>Freund, ziſchelte Belphegor ſeinem Ge-<lb/>
faͤhrten leiſe ins Ohr, ſiehe! wo der Menſch<lb/>
nicht mit Gewalt unterdruͤcken kann, da un-<lb/>
terdruͤckt er mit Liſt, da betriegt er. Jm-<lb/>
mer Menſch wider Menſchen! —</p><lb/><p>Als der thaͤtlichſte Theil des Streits vor-<lb/>
uͤber war, ließ ſich der Zorn in Worte aus:<lb/>
man legte die Waffen nieder und kehrte ſich<lb/>
zu einem muͤndlichen Prozeſſe.</p><lb/><p>Der Mann, der den Juden mishandelte,<lb/>
war der Statthalter und Juſtizpfleger des<lb/>
Orts. Nachdem er dem Jſraeliten, der izt<lb/>
mit den empfangenen Schlaͤgen noch zu viel<lb/>
zu thun hatte, um ſeine Einreden anders als<lb/>
in den Bart zu murmeln, ſeine Titel und<lb/>
Macht umſtaͤndlich explicirt und ihm dabey<lb/>
begreiflich gemacht, daß, obwohln er anbe-<lb/>
fugter Maßen ihn mit haͤrterer Strafe haͤtte<lb/>
belegen koͤnnen, er doch ſich nicht entbrochen<lb/>
habe, ihm die Ehre anzuthun und ſeinen Ruͤ-<lb/>
cken in eigner hoher Perſon den tragenden<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 5</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[73/0093]
ſehn mishandelte einen Juden auf das haͤr-
teſte, dem er unaufhoͤrliche Vorwuͤrfe mach-
te, aus welchen man ſchließen konnte, daß
ihn der Hebraͤer betrogen haben mußte.
Freund, ziſchelte Belphegor ſeinem Ge-
faͤhrten leiſe ins Ohr, ſiehe! wo der Menſch
nicht mit Gewalt unterdruͤcken kann, da un-
terdruͤckt er mit Liſt, da betriegt er. Jm-
mer Menſch wider Menſchen! —
Als der thaͤtlichſte Theil des Streits vor-
uͤber war, ließ ſich der Zorn in Worte aus:
man legte die Waffen nieder und kehrte ſich
zu einem muͤndlichen Prozeſſe.
Der Mann, der den Juden mishandelte,
war der Statthalter und Juſtizpfleger des
Orts. Nachdem er dem Jſraeliten, der izt
mit den empfangenen Schlaͤgen noch zu viel
zu thun hatte, um ſeine Einreden anders als
in den Bart zu murmeln, ſeine Titel und
Macht umſtaͤndlich explicirt und ihm dabey
begreiflich gemacht, daß, obwohln er anbe-
fugter Maßen ihn mit haͤrterer Strafe haͤtte
belegen koͤnnen, er doch ſich nicht entbrochen
habe, ihm die Ehre anzuthun und ſeinen Ruͤ-
cken in eigner hoher Perſon den tragenden
E 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/93>, abgerufen am 04.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.