bey meiner Einnahme sehr brauchte -- recht viel Gutes, weil ich unter ihnen war.
Jn diesem Aemtchen nahm ich meine ver- storbne Frau. -- Die Thränen standen ihm schon in den Augen, als er sie nur nennte; und er fuhr schluchzend fort: Ach, Brüder- chen, das beste Weibchen unter der Sonne! Jch möchte heute noch sterben, um sie wieder- zusehn: sie war so gut! so treuherzig! wahr- haftig, ich bin nur ein Schurke gegen sie. Daß doch die guten Leute so frühzeitig ster- ben! das herzeliebe Weib! -- Hier brach er in eine Fluth von Thränen aus, die nicht in Tropfen sondern in Einem Gusse über die Backen herabschossen. Der Strom war noch in vollem Laufe, als der ganze Horizont sei- nes Gesichts sich schon wieder aufklärte. Jhr ewiges Andenken, Brüderchen! rief er mit thränenvollen Backen und frölicher Mine, und trank.
O Akante, murmelte Belphegor, könnte ich so dein Andenken bey mir erneuern! Aber, du undankbare Schlange -- --
Brüderchen, das Herze springt mir, wie ein Lamm, wenn ich nur an einen Buchsta-
bey meiner Einnahme ſehr brauchte — recht viel Gutes, weil ich unter ihnen war.
Jn dieſem Aemtchen nahm ich meine ver- ſtorbne Frau. — Die Thraͤnen ſtanden ihm ſchon in den Augen, als er ſie nur nennte; und er fuhr ſchluchzend fort: Ach, Bruͤder- chen, das beſte Weibchen unter der Sonne! Jch moͤchte heute noch ſterben, um ſie wieder- zuſehn: ſie war ſo gut! ſo treuherzig! wahr- haftig, ich bin nur ein Schurke gegen ſie. Daß doch die guten Leute ſo fruͤhzeitig ſter- ben! das herzeliebe Weib! — Hier brach er in eine Fluth von Thraͤnen aus, die nicht in Tropfen ſondern in Einem Guſſe uͤber die Backen herabſchoſſen. Der Strom war noch in vollem Laufe, als der ganze Horizont ſei- nes Geſichts ſich ſchon wieder aufklaͤrte. Jhr ewiges Andenken, Bruͤderchen! rief er mit thraͤnenvollen Backen und froͤlicher Mine, und trank.
O Akante, murmelte Belphegor, koͤnnte ich ſo dein Andenken bey mir erneuern! Aber, du undankbare Schlange — —
Bruͤderchen, das Herze ſpringt mir, wie ein Lamm, wenn ich nur an einen Buchſta-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0088"n="68"/>
bey meiner Einnahme ſehr brauchte — recht<lb/>
viel Gutes, weil ich <hirendition="#fr">unter</hi> ihnen war.</p><lb/><p>Jn dieſem Aemtchen nahm ich meine ver-<lb/>ſtorbne Frau. — Die Thraͤnen ſtanden ihm<lb/>ſchon in den Augen, als er ſie nur nennte;<lb/>
und er fuhr ſchluchzend fort: Ach, Bruͤder-<lb/>
chen, das beſte Weibchen unter der Sonne!<lb/>
Jch moͤchte heute noch ſterben, um ſie wieder-<lb/>
zuſehn: ſie war ſo gut! ſo treuherzig! wahr-<lb/>
haftig, ich bin nur ein Schurke gegen ſie.<lb/>
Daß doch die guten Leute ſo fruͤhzeitig ſter-<lb/>
ben! das herzeliebe Weib! — Hier brach er<lb/>
in eine Fluth von Thraͤnen aus, die nicht in<lb/>
Tropfen ſondern in Einem Guſſe uͤber die<lb/>
Backen herabſchoſſen. Der Strom war noch<lb/>
in vollem Laufe, als der ganze Horizont ſei-<lb/>
nes Geſichts ſich ſchon wieder aufklaͤrte. Jhr<lb/>
ewiges Andenken, Bruͤderchen! rief er mit<lb/>
thraͤnenvollen Backen und froͤlicher Mine,<lb/>
und trank.</p><lb/><p>O Akante, murmelte Belphegor, koͤnnte<lb/>
ich ſo dein Andenken bey mir erneuern! Aber,<lb/>
du undankbare Schlange ——</p><lb/><p>Bruͤderchen, das Herze ſpringt mir, wie<lb/>
ein Lamm, wenn ich nur an einen Buchſta-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[68/0088]
bey meiner Einnahme ſehr brauchte — recht
viel Gutes, weil ich unter ihnen war.
Jn dieſem Aemtchen nahm ich meine ver-
ſtorbne Frau. — Die Thraͤnen ſtanden ihm
ſchon in den Augen, als er ſie nur nennte;
und er fuhr ſchluchzend fort: Ach, Bruͤder-
chen, das beſte Weibchen unter der Sonne!
Jch moͤchte heute noch ſterben, um ſie wieder-
zuſehn: ſie war ſo gut! ſo treuherzig! wahr-
haftig, ich bin nur ein Schurke gegen ſie.
Daß doch die guten Leute ſo fruͤhzeitig ſter-
ben! das herzeliebe Weib! — Hier brach er
in eine Fluth von Thraͤnen aus, die nicht in
Tropfen ſondern in Einem Guſſe uͤber die
Backen herabſchoſſen. Der Strom war noch
in vollem Laufe, als der ganze Horizont ſei-
nes Geſichts ſich ſchon wieder aufklaͤrte. Jhr
ewiges Andenken, Bruͤderchen! rief er mit
thraͤnenvollen Backen und froͤlicher Mine,
und trank.
O Akante, murmelte Belphegor, koͤnnte
ich ſo dein Andenken bey mir erneuern! Aber,
du undankbare Schlange — —
Bruͤderchen, das Herze ſpringt mir, wie
ein Lamm, wenn ich nur an einen Buchſta-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/88>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.