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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Was für Seiten, sprach er zu sich, habe
ich, seit Akantens Kniestoße, an dem Men-
schen
gesehn! Seiten, die ich in dem Tau-
mel meiner ersten Jahre mir schlechterdings
nicht denken konnte! -- Ja, Fromal, der
Mensch ist ein Würfel mit unzählbaren Sei-
ten; man werfe ihn, wie und so oft man
will, so kehrt er allemal eine empor, auf wel-
cher Neid und Unterdrückung mit verschiede-
ner Farbe gemahlt steht. Fromal, du lehr-
test mich das; ich glaubte dir nicht, ich
glaubte nur meinem Herze, das mit stolzem
Selbstzutrauen sich selbst verkannte. Du
wolltest mir es benehmen, und ich schwur,
weil mein Herz schwur. Jch Unglücklicher,
ich habe dich selbst zum Beweise gemacht, daß
ich ein Meineidiger bin. Hätte ich das ge-
glaubt? -- Geglaubt, daß unter dieser feu-
rigen freundschaftlichen Brust Eis genug lie-
gen könne, die Flamme der Treue zu löschen,
alle Regungen des Mitleids, der Liebe so lan-
ge zu ersticken? geglaubt, daß in einem Win-
kel meines Herzens Sauerteig des Neides ge-
nug liege, um die ganze lautere Masse dessel-
ben anzustecken? -- Was bin ich denn nun
besser, als jene Grausamen, deren Unterdrü-

S

Was fuͤr Seiten, ſprach er zu ſich, habe
ich, ſeit Akantens Knieſtoße, an dem Men-
ſchen
geſehn! Seiten, die ich in dem Tau-
mel meiner erſten Jahre mir ſchlechterdings
nicht denken konnte! — Ja, Fromal, der
Menſch iſt ein Wuͤrfel mit unzaͤhlbaren Sei-
ten; man werfe ihn, wie und ſo oft man
will, ſo kehrt er allemal eine empor, auf wel-
cher Neid und Unterdruͤckung mit verſchiede-
ner Farbe gemahlt ſteht. Fromal, du lehr-
teſt mich das; ich glaubte dir nicht, ich
glaubte nur meinem Herze, das mit ſtolzem
Selbſtzutrauen ſich ſelbſt verkannte. Du
wollteſt mir es benehmen, und ich ſchwur,
weil mein Herz ſchwur. Jch Ungluͤcklicher,
ich habe dich ſelbſt zum Beweiſe gemacht, daß
ich ein Meineidiger bin. Haͤtte ich das ge-
glaubt? — Geglaubt, daß unter dieſer feu-
rigen freundſchaftlichen Bruſt Eis genug lie-
gen koͤnne, die Flamme der Treue zu loͤſchen,
alle Regungen des Mitleids, der Liebe ſo lan-
ge zu erſticken? geglaubt, daß in einem Win-
kel meines Herzens Sauerteig des Neides ge-
nug liege, um die ganze lautere Maſſe deſſel-
ben anzuſtecken? — Was bin ich denn nun
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[273/0293] Was fuͤr Seiten, ſprach er zu ſich, habe ich, ſeit Akantens Knieſtoße, an dem Men- ſchen geſehn! Seiten, die ich in dem Tau- mel meiner erſten Jahre mir ſchlechterdings nicht denken konnte! — Ja, Fromal, der Menſch iſt ein Wuͤrfel mit unzaͤhlbaren Sei- ten; man werfe ihn, wie und ſo oft man will, ſo kehrt er allemal eine empor, auf wel- cher Neid und Unterdruͤckung mit verſchiede- ner Farbe gemahlt ſteht. Fromal, du lehr- teſt mich das; ich glaubte dir nicht, ich glaubte nur meinem Herze, das mit ſtolzem Selbſtzutrauen ſich ſelbſt verkannte. Du wollteſt mir es benehmen, und ich ſchwur, weil mein Herz ſchwur. Jch Ungluͤcklicher, ich habe dich ſelbſt zum Beweiſe gemacht, daß ich ein Meineidiger bin. Haͤtte ich das ge- glaubt? — Geglaubt, daß unter dieſer feu- rigen freundſchaftlichen Bruſt Eis genug lie- gen koͤnne, die Flamme der Treue zu loͤſchen, alle Regungen des Mitleids, der Liebe ſo lan- ge zu erſticken? geglaubt, daß in einem Win- kel meines Herzens Sauerteig des Neides ge- nug liege, um die ganze lautere Maſſe deſſel- ben anzuſtecken? — Was bin ich denn nun beſſer, als jene Grauſamen, deren Unterdruͤ- S

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/293>, abgerufen am 22.11.2024.