Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

ihrer Verfeinerung fügen wollten, zumal da
ihm seine natürliche Hastigkeit nicht erlaubte,
anders als sprungweise zu verfahren. Durch
Einen mächtigen Zauberschlag sollten seine
afrikanische Thiere in europäische Menschen
verwandelt seyn: sie lehnten sich gegen seine
schnelle Umschaffung auf, blieben, was sie
waren, und ihr Regent ward misvergnügt,
überdrüßig, an ihrer Polirung zu arbeiten.
Fromal hingegen war glücklicher: entweder
waren seine Untergebnen von besserm Stoffe,
oder durch zufällige Ursachen schon vorher in
der Kultur weiter fortgerückt, oder hatte ihr
Beherrscher bessere Maasregeln ergriffen --
genug, sein Reich war polirter und mit bes-
sern Menschen angefüllt als Belphegors Ge-
biet. Fromals Bemühungen waren freilich
durch etliche günstige Zufälle unterstüzt wor-
den, die jenem fehlten, allein er gieng auch
mit kälterer Bedachtsamkeit und mehr anhal-
tender Geduld zu Werke, als jener. Genug,
die beiden Distrikte schienen zwo Nationen
von verschiedenem Geschlechte zu seyn, so auf-
fallend war ihr Unterschied; und Belphegor
konnte sich nicht enthalten, den Unterschied
mit scheelem Blicke zu bemerken, Fromals

ihrer Verfeinerung fuͤgen wollten, zumal da
ihm ſeine natuͤrliche Haſtigkeit nicht erlaubte,
anders als ſprungweiſe zu verfahren. Durch
Einen maͤchtigen Zauberſchlag ſollten ſeine
afrikaniſche Thiere in europaͤiſche Menſchen
verwandelt ſeyn: ſie lehnten ſich gegen ſeine
ſchnelle Umſchaffung auf, blieben, was ſie
waren, und ihr Regent ward misvergnuͤgt,
uͤberdruͤßig, an ihrer Polirung zu arbeiten.
Fromal hingegen war gluͤcklicher: entweder
waren ſeine Untergebnen von beſſerm Stoffe,
oder durch zufaͤllige Urſachen ſchon vorher in
der Kultur weiter fortgeruͤckt, oder hatte ihr
Beherrſcher beſſere Maasregeln ergriffen —
genug, ſein Reich war polirter und mit beſ-
ſern Menſchen angefuͤllt als Belphegors Ge-
biet. Fromals Bemuͤhungen waren freilich
durch etliche guͤnſtige Zufaͤlle unterſtuͤzt wor-
den, die jenem fehlten, allein er gieng auch
mit kaͤlterer Bedachtſamkeit und mehr anhal-
tender Geduld zu Werke, als jener. Genug,
die beiden Diſtrikte ſchienen zwo Nationen
von verſchiedenem Geſchlechte zu ſeyn, ſo auf-
fallend war ihr Unterſchied; und Belphegor
konnte ſich nicht enthalten, den Unterſchied
mit ſcheelem Blicke zu bemerken, Fromals

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0278" n="258"/>
ihrer Verfeinerung fu&#x0364;gen wollten, zumal da<lb/>
ihm &#x017F;eine natu&#x0364;rliche Ha&#x017F;tigkeit nicht erlaubte,<lb/>
anders als &#x017F;prungwei&#x017F;e zu verfahren. Durch<lb/>
Einen ma&#x0364;chtigen Zauber&#x017F;chlag &#x017F;ollten &#x017F;eine<lb/>
afrikani&#x017F;che Thiere in europa&#x0364;i&#x017F;che Men&#x017F;chen<lb/>
verwandelt &#x017F;eyn: &#x017F;ie lehnten &#x017F;ich gegen &#x017F;eine<lb/>
&#x017F;chnelle Um&#x017F;chaffung auf, blieben, was &#x017F;ie<lb/>
waren, und ihr Regent ward misvergnu&#x0364;gt,<lb/>
u&#x0364;berdru&#x0364;ßig, an ihrer Polirung zu arbeiten.<lb/>
Fromal hingegen war glu&#x0364;cklicher: entweder<lb/>
waren &#x017F;eine Untergebnen von be&#x017F;&#x017F;erm Stoffe,<lb/>
oder durch zufa&#x0364;llige Ur&#x017F;achen &#x017F;chon vorher in<lb/>
der Kultur weiter fortgeru&#x0364;ckt, oder hatte ihr<lb/>
Beherr&#x017F;cher be&#x017F;&#x017F;ere Maasregeln ergriffen &#x2014;<lb/>
genug, &#x017F;ein Reich war polirter und mit be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern Men&#x017F;chen angefu&#x0364;llt als Belphegors Ge-<lb/>
biet. Fromals Bemu&#x0364;hungen waren freilich<lb/>
durch etliche gu&#x0364;n&#x017F;tige Zufa&#x0364;lle unter&#x017F;tu&#x0364;zt wor-<lb/>
den, die jenem fehlten, allein er gieng auch<lb/>
mit ka&#x0364;lterer Bedacht&#x017F;amkeit und mehr anhal-<lb/>
tender Geduld zu Werke, als jener. Genug,<lb/>
die beiden Di&#x017F;trikte &#x017F;chienen zwo Nationen<lb/>
von ver&#x017F;chiedenem Ge&#x017F;chlechte zu &#x017F;eyn, &#x017F;o auf-<lb/>
fallend war ihr Unter&#x017F;chied; und Belphegor<lb/>
konnte &#x017F;ich nicht enthalten, den Unter&#x017F;chied<lb/>
mit &#x017F;cheelem Blicke zu bemerken, Fromals<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0278] ihrer Verfeinerung fuͤgen wollten, zumal da ihm ſeine natuͤrliche Haſtigkeit nicht erlaubte, anders als ſprungweiſe zu verfahren. Durch Einen maͤchtigen Zauberſchlag ſollten ſeine afrikaniſche Thiere in europaͤiſche Menſchen verwandelt ſeyn: ſie lehnten ſich gegen ſeine ſchnelle Umſchaffung auf, blieben, was ſie waren, und ihr Regent ward misvergnuͤgt, uͤberdruͤßig, an ihrer Polirung zu arbeiten. Fromal hingegen war gluͤcklicher: entweder waren ſeine Untergebnen von beſſerm Stoffe, oder durch zufaͤllige Urſachen ſchon vorher in der Kultur weiter fortgeruͤckt, oder hatte ihr Beherrſcher beſſere Maasregeln ergriffen — genug, ſein Reich war polirter und mit beſ- ſern Menſchen angefuͤllt als Belphegors Ge- biet. Fromals Bemuͤhungen waren freilich durch etliche guͤnſtige Zufaͤlle unterſtuͤzt wor- den, die jenem fehlten, allein er gieng auch mit kaͤlterer Bedachtſamkeit und mehr anhal- tender Geduld zu Werke, als jener. Genug, die beiden Diſtrikte ſchienen zwo Nationen von verſchiedenem Geſchlechte zu ſeyn, ſo auf- fallend war ihr Unterſchied; und Belphegor konnte ſich nicht enthalten, den Unterſchied mit ſcheelem Blicke zu bemerken, Fromals

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/278
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/278>, abgerufen am 17.05.2024.