Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Belphegor mußten noch einmal ihre Komödie
zu Segelmesse spielen, und bekamen zu ihrer
Belohnung zwey von den offnen Königreichen,
die sie im Namen des Königs vom Norden von
ihm zur Lehn nehmen mußten, und ihr Lehns-
herr freute sich ungemein, einen so großen
Monarchen zum Vasallen zu haben, von dem
er nicht einmal wußte, ob er eristirte.

Belphegor war mehr zum friedlichen ein-
samen Betrachter der Welt, als zum wirksa-
men Mitspieler gemacht, wenigstens nicht zur
Rolle eines Monarchen: Fromal paßte mehr
dazu. Sie suchten beide einen Grad von
europäischer Kultur in ihren Reichen einzu-
führen, ihre Völker von dem Kriege abzulen-
ken und zu den Künsten des Friedens zu lei-
ten. Das Projekt war etwas weitläuftig
und ungemein schwer; auch blieb es nur bey
dem Entwurfe.

Der Franzose, der Neider der neuen Mo-
narchen, war izt nicht mehr über ihr Glück
neidisch sondern rachsüchtig: er wollte es ih-
nen schlechterdings verbittern oder gar rau-
ben. Er wollte seinen Nazib zum Kriege wi-
der sie reizen; allein der Schuz, den sie ihr

Ober-

Belphegor mußten noch einmal ihre Komoͤdie
zu Segelmeſſe ſpielen, und bekamen zu ihrer
Belohnung zwey von den offnen Koͤnigreichen,
die ſie im Namen des Koͤnigs vom Norden von
ihm zur Lehn nehmen mußten, und ihr Lehns-
herr freute ſich ungemein, einen ſo großen
Monarchen zum Vaſallen zu haben, von dem
er nicht einmal wußte, ob er eriſtirte.

Belphegor war mehr zum friedlichen ein-
ſamen Betrachter der Welt, als zum wirkſa-
men Mitſpieler gemacht, wenigſtens nicht zur
Rolle eines Monarchen: Fromal paßte mehr
dazu. Sie ſuchten beide einen Grad von
europaͤiſcher Kultur in ihren Reichen einzu-
fuͤhren, ihre Voͤlker von dem Kriege abzulen-
ken und zu den Kuͤnſten des Friedens zu lei-
ten. Das Projekt war etwas weitlaͤuftig
und ungemein ſchwer; auch blieb es nur bey
dem Entwurfe.

Der Franzoſe, der Neider der neuen Mo-
narchen, war izt nicht mehr uͤber ihr Gluͤck
neidiſch ſondern rachſuͤchtig: er wollte es ih-
nen ſchlechterdings verbittern oder gar rau-
ben. Er wollte ſeinen Nazib zum Kriege wi-
der ſie reizen; allein der Schuz, den ſie ihr

Ober-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0276" n="256"/>
Belphegor mußten noch einmal ihre Komo&#x0364;die<lb/>
zu Segelme&#x017F;&#x017F;e &#x017F;pielen, und bekamen zu ihrer<lb/>
Belohnung zwey von den offnen Ko&#x0364;nigreichen,<lb/>
die &#x017F;ie im Namen des Ko&#x0364;nigs vom Norden von<lb/>
ihm zur Lehn nehmen mußten, und ihr Lehns-<lb/>
herr freute &#x017F;ich ungemein, einen &#x017F;o großen<lb/>
Monarchen zum Va&#x017F;allen zu haben, von dem<lb/>
er nicht einmal wußte, ob er eri&#x017F;tirte.</p><lb/>
        <p>Belphegor war mehr zum friedlichen ein-<lb/>
&#x017F;amen Betrachter der Welt, als zum wirk&#x017F;a-<lb/>
men Mit&#x017F;pieler gemacht, wenig&#x017F;tens nicht zur<lb/>
Rolle eines Monarchen: Fromal paßte mehr<lb/>
dazu. Sie &#x017F;uchten beide einen Grad von<lb/>
europa&#x0364;i&#x017F;cher Kultur in ihren Reichen einzu-<lb/>
fu&#x0364;hren, ihre Vo&#x0364;lker von dem Kriege abzulen-<lb/>
ken und zu den Ku&#x0364;n&#x017F;ten des Friedens zu lei-<lb/>
ten. Das Projekt war etwas weitla&#x0364;uftig<lb/>
und ungemein &#x017F;chwer; auch blieb es nur bey<lb/>
dem Entwurfe.</p><lb/>
        <p>Der Franzo&#x017F;e, der Neider der neuen Mo-<lb/>
narchen, war izt nicht mehr u&#x0364;ber ihr Glu&#x0364;ck<lb/>
neidi&#x017F;ch &#x017F;ondern rach&#x017F;u&#x0364;chtig: er wollte es ih-<lb/>
nen &#x017F;chlechterdings verbittern oder gar rau-<lb/>
ben. Er wollte &#x017F;einen Nazib zum Kriege wi-<lb/>
der &#x017F;ie reizen; allein der Schuz, den &#x017F;ie ihr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ober-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0276] Belphegor mußten noch einmal ihre Komoͤdie zu Segelmeſſe ſpielen, und bekamen zu ihrer Belohnung zwey von den offnen Koͤnigreichen, die ſie im Namen des Koͤnigs vom Norden von ihm zur Lehn nehmen mußten, und ihr Lehns- herr freute ſich ungemein, einen ſo großen Monarchen zum Vaſallen zu haben, von dem er nicht einmal wußte, ob er eriſtirte. Belphegor war mehr zum friedlichen ein- ſamen Betrachter der Welt, als zum wirkſa- men Mitſpieler gemacht, wenigſtens nicht zur Rolle eines Monarchen: Fromal paßte mehr dazu. Sie ſuchten beide einen Grad von europaͤiſcher Kultur in ihren Reichen einzu- fuͤhren, ihre Voͤlker von dem Kriege abzulen- ken und zu den Kuͤnſten des Friedens zu lei- ten. Das Projekt war etwas weitlaͤuftig und ungemein ſchwer; auch blieb es nur bey dem Entwurfe. Der Franzoſe, der Neider der neuen Mo- narchen, war izt nicht mehr uͤber ihr Gluͤck neidiſch ſondern rachſuͤchtig: er wollte es ih- nen ſchlechterdings verbittern oder gar rau- ben. Er wollte ſeinen Nazib zum Kriege wi- der ſie reizen; allein der Schuz, den ſie ihr Ober-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/276
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/276>, abgerufen am 21.05.2024.