Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Nachdem die lächerlichste Pantomime auf
allen Seiten gespielt war, wobey Fromal
kaum seine Muskeln zu der nöthigen Ernst-
haftigkeit zwingen konnte, und Belphegor vor
Erstaunen über den unsinnigen Grad, zu wel-
chem er die kindischste Vorzugssucht hier ge-
stiegen sah, nicht zu sich kam, sprang endlich
der König auf, gab jedem seiner Vasallen eine
Ohrfeige, und ließ sich von ihnen vor den
Palast tragen, wo er der Sonne, die eben
untergehen wollte, den Auftrag gab, dem
großen Könige des Nordens, zu welchem sie
nun bald kommen würde, großgünstig zu mel-
den, daß er, der mächtige Nazib, sein Gebet
erhört, ihn zum ersten seiner Vasallen, zum
Sessel seines Hintern erhoben habe, und ihm
verspreche, ihm alle Huld und Schuz in Gna-
den angedeihn zu lassen. Da die Gesandten
aus vielen wichtigen Ursachen die zugedachte
Ehre verbeten hatten, das ertheilte Erbamt
ihres Principals in eigner Person zu verrich-
ten und dem großen Nazib zum Sessel des
Hintern zu dienen, wie es anfangs veranstal-
tet war, so mußte sich der oberste von den
Vasallen dazu bequemen, der über dieses Glück
so stolz wurde, daß er Tages darauf einem

Q

Nachdem die laͤcherlichſte Pantomime auf
allen Seiten geſpielt war, wobey Fromal
kaum ſeine Muskeln zu der noͤthigen Ernſt-
haftigkeit zwingen konnte, und Belphegor vor
Erſtaunen uͤber den unſinnigen Grad, zu wel-
chem er die kindiſchſte Vorzugsſucht hier ge-
ſtiegen ſah, nicht zu ſich kam, ſprang endlich
der Koͤnig auf, gab jedem ſeiner Vaſallen eine
Ohrfeige, und ließ ſich von ihnen vor den
Palaſt tragen, wo er der Sonne, die eben
untergehen wollte, den Auftrag gab, dem
großen Koͤnige des Nordens, zu welchem ſie
nun bald kommen wuͤrde, großguͤnſtig zu mel-
den, daß er, der maͤchtige Nazib, ſein Gebet
erhoͤrt, ihn zum erſten ſeiner Vaſallen, zum
Seſſel ſeines Hintern erhoben habe, und ihm
verſpreche, ihm alle Huld und Schuz in Gna-
den angedeihn zu laſſen. Da die Geſandten
aus vielen wichtigen Urſachen die zugedachte
Ehre verbeten hatten, das ertheilte Erbamt
ihres Principals in eigner Perſon zu verrich-
ten und dem großen Nazib zum Seſſel des
Hintern zu dienen, wie es anfangs veranſtal-
tet war, ſo mußte ſich der oberſte von den
Vaſallen dazu bequemen, der uͤber dieſes Gluͤck
ſo ſtolz wurde, daß er Tages darauf einem

Q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0261" n="241"/>
        <p>Nachdem die la&#x0364;cherlich&#x017F;te Pantomime auf<lb/>
allen Seiten ge&#x017F;pielt war, wobey Fromal<lb/>
kaum &#x017F;eine Muskeln zu der no&#x0364;thigen Ern&#x017F;t-<lb/>
haftigkeit zwingen konnte, und Belphegor vor<lb/>
Er&#x017F;taunen u&#x0364;ber den un&#x017F;innigen Grad, zu wel-<lb/>
chem er die kindi&#x017F;ch&#x017F;te Vorzugs&#x017F;ucht hier ge-<lb/>
&#x017F;tiegen &#x017F;ah, nicht zu &#x017F;ich kam, &#x017F;prang endlich<lb/>
der Ko&#x0364;nig auf, gab jedem &#x017F;einer Va&#x017F;allen eine<lb/>
Ohrfeige, und ließ &#x017F;ich von ihnen vor den<lb/>
Pala&#x017F;t tragen, wo er der Sonne, die eben<lb/>
untergehen wollte, den Auftrag gab, dem<lb/>
großen Ko&#x0364;nige des Nordens, zu welchem &#x017F;ie<lb/>
nun bald kommen wu&#x0364;rde, großgu&#x0364;n&#x017F;tig zu mel-<lb/>
den, daß er, der ma&#x0364;chtige Nazib, &#x017F;ein Gebet<lb/>
erho&#x0364;rt, ihn zum er&#x017F;ten &#x017F;einer Va&#x017F;allen, zum<lb/>
Se&#x017F;&#x017F;el &#x017F;eines Hintern erhoben habe, und ihm<lb/>
ver&#x017F;preche, ihm alle Huld und Schuz in Gna-<lb/>
den angedeihn zu la&#x017F;&#x017F;en. Da die Ge&#x017F;andten<lb/>
aus vielen wichtigen Ur&#x017F;achen die zugedachte<lb/>
Ehre verbeten hatten, das ertheilte Erbamt<lb/>
ihres Principals in eigner Per&#x017F;on zu verrich-<lb/>
ten und dem großen Nazib zum Se&#x017F;&#x017F;el des<lb/>
Hintern zu dienen, wie es anfangs veran&#x017F;tal-<lb/>
tet war, &#x017F;o mußte &#x017F;ich der ober&#x017F;te von den<lb/>
Va&#x017F;allen dazu bequemen, der u&#x0364;ber die&#x017F;es Glu&#x0364;ck<lb/>
&#x017F;o &#x017F;tolz wurde, daß er Tages darauf einem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0261] Nachdem die laͤcherlichſte Pantomime auf allen Seiten geſpielt war, wobey Fromal kaum ſeine Muskeln zu der noͤthigen Ernſt- haftigkeit zwingen konnte, und Belphegor vor Erſtaunen uͤber den unſinnigen Grad, zu wel- chem er die kindiſchſte Vorzugsſucht hier ge- ſtiegen ſah, nicht zu ſich kam, ſprang endlich der Koͤnig auf, gab jedem ſeiner Vaſallen eine Ohrfeige, und ließ ſich von ihnen vor den Palaſt tragen, wo er der Sonne, die eben untergehen wollte, den Auftrag gab, dem großen Koͤnige des Nordens, zu welchem ſie nun bald kommen wuͤrde, großguͤnſtig zu mel- den, daß er, der maͤchtige Nazib, ſein Gebet erhoͤrt, ihn zum erſten ſeiner Vaſallen, zum Seſſel ſeines Hintern erhoben habe, und ihm verſpreche, ihm alle Huld und Schuz in Gna- den angedeihn zu laſſen. Da die Geſandten aus vielen wichtigen Urſachen die zugedachte Ehre verbeten hatten, das ertheilte Erbamt ihres Principals in eigner Perſon zu verrich- ten und dem großen Nazib zum Seſſel des Hintern zu dienen, wie es anfangs veranſtal- tet war, ſo mußte ſich der oberſte von den Vaſallen dazu bequemen, der uͤber dieſes Gluͤck ſo ſtolz wurde, daß er Tages darauf einem Q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/261
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/261>, abgerufen am 17.05.2024.