Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

te, wasserlose Gegenden gelangten sie endlich
zum königlichen Palaste, einer viereckichten
großen Hütte von Palmbäumen aufgeführt,
dessen Dach man gegenwärtig, wie bey allen
vorzüglichen Feierlichkeiten, über dem Haupte
des großen Königs weggerissen hatte, weil
nach seiner eignen Versichrung ein so großer
Monarch nichts als den Himmel Gottes über
seinem Haupte dulden könne; die innern
Wände waren mit Palmblättern austapeziert.
Der mächtige Nazib saß in halbnackter Ma-
jestät auf zween Klötzen, erhaben über alle
die schmutzigen Vasallen, die, wie Sphynxe,
um seinen Thron herum demüthigst auf den
Bäuchen lagen und die Köpfe auf den un-
tergestüzten Armen in die Höhe richteten.
Zween langausgestreckte Vasallen genossen
die Ehre, ihm zum Fußschemel zu dienen, auf
die er von Zeit zu Zeit seinen erhabnen Spei-
chel herabzuwerfen würdigte, sie ihrer Nie-
drigkeit und seiner Größe zu erinnern: plöz-
lich blies er die Backen auf und ließ sie mit
einem lauten Ausblasen des Athems wieder
zusammenfallen, welches ein Befehl an alle
Fürsten des Erdbodens seyn sollte, vor ihm
niederzufallen.

Nachdem

te, waſſerloſe Gegenden gelangten ſie endlich
zum koͤniglichen Palaſte, einer viereckichten
großen Huͤtte von Palmbaͤumen aufgefuͤhrt,
deſſen Dach man gegenwaͤrtig, wie bey allen
vorzuͤglichen Feierlichkeiten, uͤber dem Haupte
des großen Koͤnigs weggeriſſen hatte, weil
nach ſeiner eignen Verſichrung ein ſo großer
Monarch nichts als den Himmel Gottes uͤber
ſeinem Haupte dulden koͤnne; die innern
Waͤnde waren mit Palmblaͤttern austapeziert.
Der maͤchtige Nazib ſaß in halbnackter Ma-
jeſtaͤt auf zween Kloͤtzen, erhaben uͤber alle
die ſchmutzigen Vaſallen, die, wie Sphynxe,
um ſeinen Thron herum demuͤthigſt auf den
Baͤuchen lagen und die Koͤpfe auf den un-
tergeſtuͤzten Armen in die Hoͤhe richteten.
Zween langausgeſtreckte Vaſallen genoſſen
die Ehre, ihm zum Fußſchemel zu dienen, auf
die er von Zeit zu Zeit ſeinen erhabnen Spei-
chel herabzuwerfen wuͤrdigte, ſie ihrer Nie-
drigkeit und ſeiner Groͤße zu erinnern: ploͤz-
lich blies er die Backen auf und ließ ſie mit
einem lauten Ausblaſen des Athems wieder
zuſammenfallen, welches ein Befehl an alle
Fuͤrſten des Erdbodens ſeyn ſollte, vor ihm
niederzufallen.

Nachdem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0260" n="240"/>
te, wa&#x017F;&#x017F;erlo&#x017F;e Gegenden gelangten &#x017F;ie endlich<lb/>
zum ko&#x0364;niglichen Pala&#x017F;te, einer viereckichten<lb/>
großen Hu&#x0364;tte von Palmba&#x0364;umen aufgefu&#x0364;hrt,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Dach man gegenwa&#x0364;rtig, wie bey allen<lb/>
vorzu&#x0364;glichen Feierlichkeiten, u&#x0364;ber dem Haupte<lb/>
des großen Ko&#x0364;nigs weggeri&#x017F;&#x017F;en hatte, weil<lb/>
nach &#x017F;einer eignen Ver&#x017F;ichrung ein &#x017F;o großer<lb/>
Monarch nichts als den Himmel Gottes u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;einem Haupte dulden ko&#x0364;nne; die innern<lb/>
Wa&#x0364;nde waren mit Palmbla&#x0364;ttern austapeziert.<lb/>
Der ma&#x0364;chtige <hi rendition="#fr">Nazib</hi> &#x017F;aß in halbnackter Ma-<lb/>
je&#x017F;ta&#x0364;t auf zween Klo&#x0364;tzen, erhaben u&#x0364;ber alle<lb/>
die &#x017F;chmutzigen Va&#x017F;allen, die, wie Sphynxe,<lb/>
um &#x017F;einen Thron herum demu&#x0364;thig&#x017F;t auf den<lb/>
Ba&#x0364;uchen lagen und die Ko&#x0364;pfe auf den un-<lb/>
terge&#x017F;tu&#x0364;zten Armen in die Ho&#x0364;he richteten.<lb/>
Zween langausge&#x017F;treckte Va&#x017F;allen geno&#x017F;&#x017F;en<lb/>
die Ehre, ihm zum Fuß&#x017F;chemel zu dienen, auf<lb/>
die er von Zeit zu Zeit &#x017F;einen erhabnen Spei-<lb/>
chel herabzuwerfen wu&#x0364;rdigte, &#x017F;ie ihrer Nie-<lb/>
drigkeit und &#x017F;einer Gro&#x0364;ße zu erinnern: plo&#x0364;z-<lb/>
lich blies er die Backen auf und ließ &#x017F;ie mit<lb/>
einem lauten Ausbla&#x017F;en des Athems wieder<lb/>
zu&#x017F;ammenfallen, welches ein Befehl an alle<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten des Erdbodens &#x017F;eyn &#x017F;ollte, vor ihm<lb/>
niederzufallen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Nachdem</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0260] te, waſſerloſe Gegenden gelangten ſie endlich zum koͤniglichen Palaſte, einer viereckichten großen Huͤtte von Palmbaͤumen aufgefuͤhrt, deſſen Dach man gegenwaͤrtig, wie bey allen vorzuͤglichen Feierlichkeiten, uͤber dem Haupte des großen Koͤnigs weggeriſſen hatte, weil nach ſeiner eignen Verſichrung ein ſo großer Monarch nichts als den Himmel Gottes uͤber ſeinem Haupte dulden koͤnne; die innern Waͤnde waren mit Palmblaͤttern austapeziert. Der maͤchtige Nazib ſaß in halbnackter Ma- jeſtaͤt auf zween Kloͤtzen, erhaben uͤber alle die ſchmutzigen Vaſallen, die, wie Sphynxe, um ſeinen Thron herum demuͤthigſt auf den Baͤuchen lagen und die Koͤpfe auf den un- tergeſtuͤzten Armen in die Hoͤhe richteten. Zween langausgeſtreckte Vaſallen genoſſen die Ehre, ihm zum Fußſchemel zu dienen, auf die er von Zeit zu Zeit ſeinen erhabnen Spei- chel herabzuwerfen wuͤrdigte, ſie ihrer Nie- drigkeit und ſeiner Groͤße zu erinnern: ploͤz- lich blies er die Backen auf und ließ ſie mit einem lauten Ausblaſen des Athems wieder zuſammenfallen, welches ein Befehl an alle Fuͤrſten des Erdbodens ſeyn ſollte, vor ihm niederzufallen. Nachdem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/260
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/260>, abgerufen am 17.05.2024.