zen diejenige seyn, die ich vorhin angab, oder kein Geschlecht von Geschöpfen hat bisher sei- ner Bestimmung so sehr zuwider gelebt als die Menschen.
Belph. Jch bitte, ich beschwöre dich, Fromal, mache den verhaßten Schluß nicht! laß mich ihn nicht wissen, wenn er gleich Wahrheit ist! -- Und wenn ja der Mensch im Ganzen das war, wie du ihn schilderst, so sagt mir doch mein Herz, daß, den Men- schen im einzelnen betrachtet -- daß du da lägst. --
Fr. Lügst? -- Das möchte ich bewiesen sehn! Hast du nicht durchgängig Neid und Vorzugssucht, als zwey der stärksten Ge- wichte, in jedem Menschenherze gesunden? Jch dächte, du hättest zu deinem Herzeleide Beispiele genug davon erlebt. Dein eignes menschenfreundliches Herz ist, offenherzig ge- sprochen, nicht davon leer: aber wohl dir, daß die Natur mit deiner sanften liebenden Empfindung dir ein Gegengewicht einhieng, das jenem die Wage hält! Laß deinen izt nur glimmenden Neid, deine izt nur lau- schende Vorzugssucht Zunder finden -- ich
zen diejenige ſeyn, die ich vorhin angab, oder kein Geſchlecht von Geſchoͤpfen hat bisher ſei- ner Beſtimmung ſo ſehr zuwider gelebt als die Menſchen.
Belph. Jch bitte, ich beſchwoͤre dich, Fromal, mache den verhaßten Schluß nicht! laß mich ihn nicht wiſſen, wenn er gleich Wahrheit iſt! — Und wenn ja der Menſch im Ganzen das war, wie du ihn ſchilderſt, ſo ſagt mir doch mein Herz, daß, den Men- ſchen im einzelnen betrachtet — daß du da laͤgſt. —
Fr. Luͤgſt? — Das moͤchte ich bewieſen ſehn! Haſt du nicht durchgaͤngig Neid und Vorzugsſucht, als zwey der ſtaͤrkſten Ge- wichte, in jedem Menſchenherze geſunden? Jch daͤchte, du haͤtteſt zu deinem Herzeleide Beiſpiele genug davon erlebt. Dein eignes menſchenfreundliches Herz iſt, offenherzig ge- ſprochen, nicht davon leer: aber wohl dir, daß die Natur mit deiner ſanften liebenden Empfindung dir ein Gegengewicht einhieng, das jenem die Wage haͤlt! Laß deinen izt nur glimmenden Neid, deine izt nur lau- ſchende Vorzugsſucht Zunder finden — ich
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zen diejenige ſeyn, die ich vorhin angab, oder
kein Geſchlecht von Geſchoͤpfen hat bisher ſei-
ner Beſtimmung ſo ſehr zuwider gelebt als
die Menſchen.
Belph. Jch bitte, ich beſchwoͤre dich,
Fromal, mache den verhaßten Schluß nicht!
laß mich ihn nicht wiſſen, wenn er gleich
Wahrheit iſt! — Und wenn ja der Menſch
im Ganzen das war, wie du ihn ſchilderſt,
ſo ſagt mir doch mein Herz, daß, den Men-
ſchen im einzelnen betrachtet — daß du
da laͤgſt. —
Fr. Luͤgſt? — Das moͤchte ich bewieſen
ſehn! Haſt du nicht durchgaͤngig Neid und
Vorzugsſucht, als zwey der ſtaͤrkſten Ge-
wichte, in jedem Menſchenherze geſunden?
Jch daͤchte, du haͤtteſt zu deinem Herzeleide
Beiſpiele genug davon erlebt. Dein eignes
menſchenfreundliches Herz iſt, offenherzig ge-
ſprochen, nicht davon leer: aber wohl dir,
daß die Natur mit deiner ſanften liebenden
Empfindung dir ein Gegengewicht einhieng,
das jenem die Wage haͤlt! Laß deinen izt
nur glimmenden Neid, deine izt nur lau-
ſchende Vorzugsſucht Zunder finden — ich
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/226>, abgerufen am 18.07.2024.
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