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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Menge; und bey mir zu Hause ist mehr Sand
als Gold: davon möcht' ich auch etwas, und
wo es möglich wäre, alles. Jch kann es
ohnehin nicht verdauen, daß der König von
Persien sich den großen König nennt, so viele
Länder und Leute hat, und ich hier in dem
engen Kerker so einsam sitzen soll. Die grie-
chischen Republiken thun so groß auf ihre
Freiheit und brüsten sich, daß man in Persien
ihren Namen weis: sie müssen unter mich.
Alles das kann ich mir und andern Leuten
aber nicht so geradezu sagen: wir müssen al-
so das Ding ein wenig übertünchen. Zu
mir will ich sagen: -- das allgemeine Vor-
urtheil hat es zu dem wahrsten Grundsatze
gemacht, daß nichts so groß, so edel ist, so
sehr Ruhm erwirbt, als Tapferkeit und Muth;
der Krieg ist die Laufbahn großer Seelen.
Jch will sie betreten und Lorbern erndten,
mein Haus und mein Vaterland bis zum En-
de der Welt verherrlichen. Jch habe die ge-
rechteste Gelegenheit dazu: ich muß die Sache
Griechenlands wider die Perser vertheidigen,
ich muß das Blut ihrer Vorväter an diesen
stolzen Königen rächen. Jhr tapfern Gefähr-
ten sollt für eute Begleitung Reichthum und



Menge; und bey mir zu Hauſe iſt mehr Sand
als Gold: davon moͤcht’ ich auch etwas, und
wo es moͤglich waͤre, alles. Jch kann es
ohnehin nicht verdauen, daß der Koͤnig von
Perſien ſich den großen Koͤnig nennt, ſo viele
Laͤnder und Leute hat, und ich hier in dem
engen Kerker ſo einſam ſitzen ſoll. Die grie-
chiſchen Republiken thun ſo groß auf ihre
Freiheit und bruͤſten ſich, daß man in Perſien
ihren Namen weis: ſie muͤſſen unter mich.
Alles das kann ich mir und andern Leuten
aber nicht ſo geradezu ſagen: wir muͤſſen al-
ſo das Ding ein wenig uͤbertuͤnchen. Zu
mir will ich ſagen: — das allgemeine Vor-
urtheil hat es zu dem wahrſten Grundſatze
gemacht, daß nichts ſo groß, ſo edel iſt, ſo
ſehr Ruhm erwirbt, als Tapferkeit und Muth;
der Krieg iſt die Laufbahn großer Seelen.
Jch will ſie betreten und Lorbern erndten,
mein Haus und mein Vaterland bis zum En-
de der Welt verherrlichen. Jch habe die ge-
rechteſte Gelegenheit dazu: ich muß die Sache
Griechenlands wider die Perſer vertheidigen,
ich muß das Blut ihrer Vorvaͤter an dieſen
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[200/0220] Menge; und bey mir zu Hauſe iſt mehr Sand als Gold: davon moͤcht’ ich auch etwas, und wo es moͤglich waͤre, alles. Jch kann es ohnehin nicht verdauen, daß der Koͤnig von Perſien ſich den großen Koͤnig nennt, ſo viele Laͤnder und Leute hat, und ich hier in dem engen Kerker ſo einſam ſitzen ſoll. Die grie- chiſchen Republiken thun ſo groß auf ihre Freiheit und bruͤſten ſich, daß man in Perſien ihren Namen weis: ſie muͤſſen unter mich. Alles das kann ich mir und andern Leuten aber nicht ſo geradezu ſagen: wir muͤſſen al- ſo das Ding ein wenig uͤbertuͤnchen. Zu mir will ich ſagen: — das allgemeine Vor- urtheil hat es zu dem wahrſten Grundſatze gemacht, daß nichts ſo groß, ſo edel iſt, ſo ſehr Ruhm erwirbt, als Tapferkeit und Muth; der Krieg iſt die Laufbahn großer Seelen. Jch will ſie betreten und Lorbern erndten, mein Haus und mein Vaterland bis zum En- de der Welt verherrlichen. Jch habe die ge- rechteſte Gelegenheit dazu: ich muß die Sache Griechenlands wider die Perſer vertheidigen, ich muß das Blut ihrer Vorvaͤter an dieſen ſtolzen Koͤnigen raͤchen. Jhr tapfern Gefaͤhr- ten ſollt fuͤr eute Begleitung Reichthum und

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/220>, abgerufen am 25.11.2024.