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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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zählten ihre Drangseligkeiten, und Belphe-
gor beschloß jede Erzählung mit einem herben
Klageliede über die Grausamkeit der Men-
schen; und da die Reihe herum war, brach
er in melancholischem Tone, mit Thränen in
den Augen aus: O Fromal! was ist die
Welt? du riethest mir, dies barbarische
Schlachthaus kennen zu lernen: der Zufall
erfüllte deinen Rath: ich hasse dich dafür;
du hast mich unglücklich gemacht -- Freund!
in den engen Kreis der Unwissenheit einge-
zäunt, als ich nie über mich, meine kleinen
Bedürfnisse und zwey oder drey Freunde hin-
ausblickte, da ich mich vom Strome der Zeit
hinwegreißen ließ, ohne mit Einer Minute
Nachdenken bey einer Scene außer mir zu
verweilen, da ich mit meinen Empfindungen
über die kleinen einzelnen Anhöhen auf mei-
nem Wege hinabgleitete, da ich aß, trank, schlief
und empfand, ohne mich zu kümmern, wer
in Norden oder Süden würgte, vergiftete,
unterdrückte; wie wohl war mir da! -- und
izt wie düster, mitternächtlich schwarz um die
ganze Seele! Sonst schien mir die Erde eine
Blumenwiese, wo die Menschen zwischen rie-
selnden einladenden Bächen, Hand in Hand,



zaͤhlten ihre Drangſeligkeiten, und Belphe-
gor beſchloß jede Erzaͤhlung mit einem herben
Klageliede uͤber die Grauſamkeit der Men-
ſchen; und da die Reihe herum war, brach
er in melancholiſchem Tone, mit Thraͤnen in
den Augen aus: O Fromal! was iſt die
Welt? du rietheſt mir, dies barbariſche
Schlachthaus kennen zu lernen: der Zufall
erfuͤllte deinen Rath: ich haſſe dich dafuͤr;
du haſt mich ungluͤcklich gemacht — Freund!
in den engen Kreis der Unwiſſenheit einge-
zaͤunt, als ich nie uͤber mich, meine kleinen
Beduͤrfniſſe und zwey oder drey Freunde hin-
ausblickte, da ich mich vom Strome der Zeit
hinwegreißen ließ, ohne mit Einer Minute
Nachdenken bey einer Scene außer mir zu
verweilen, da ich mit meinen Empfindungen
uͤber die kleinen einzelnen Anhoͤhen auf mei-
nem Wege hinabgleitete, da ich aß, trank, ſchlief
und empfand, ohne mich zu kuͤmmern, wer
in Norden oder Suͤden wuͤrgte, vergiftete,
unterdruͤckte; wie wohl war mir da! — und
izt wie duͤſter, mitternaͤchtlich ſchwarz um die
ganze Seele! Sonſt ſchien mir die Erde eine
Blumenwieſe, wo die Menſchen zwiſchen rie-
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[189/0209] zaͤhlten ihre Drangſeligkeiten, und Belphe- gor beſchloß jede Erzaͤhlung mit einem herben Klageliede uͤber die Grauſamkeit der Men- ſchen; und da die Reihe herum war, brach er in melancholiſchem Tone, mit Thraͤnen in den Augen aus: O Fromal! was iſt die Welt? du rietheſt mir, dies barbariſche Schlachthaus kennen zu lernen: der Zufall erfuͤllte deinen Rath: ich haſſe dich dafuͤr; du haſt mich ungluͤcklich gemacht — Freund! in den engen Kreis der Unwiſſenheit einge- zaͤunt, als ich nie uͤber mich, meine kleinen Beduͤrfniſſe und zwey oder drey Freunde hin- ausblickte, da ich mich vom Strome der Zeit hinwegreißen ließ, ohne mit Einer Minute Nachdenken bey einer Scene außer mir zu verweilen, da ich mit meinen Empfindungen uͤber die kleinen einzelnen Anhoͤhen auf mei- nem Wege hinabgleitete, da ich aß, trank, ſchlief und empfand, ohne mich zu kuͤmmern, wer in Norden oder Suͤden wuͤrgte, vergiftete, unterdruͤckte; wie wohl war mir da! — und izt wie duͤſter, mitternaͤchtlich ſchwarz um die ganze Seele! Sonſt ſchien mir die Erde eine Blumenwieſe, wo die Menſchen zwiſchen rie- ſelnden einladenden Baͤchen, Hand in Hand,

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/209>, abgerufen am 24.11.2024.