Wiedersehn die Stärke desselben ungemein gemildert hatte, so berührte er ihn nicht als einen Vorwurf, sondern vielmehr als eine Erzählung welcher er nicht sonderlichen Glau- ben beymaß. Fromal rechtfertigte sich nicht, sondern ohne große Betheurungen berichtete er ihm in planem historischem Stile, daß er allerdings Belphegorn von Akanten zu ent- fernen gesucht habe, doch ohne die schmerz- liche Begegnung, welche seinem Befehle und seiner Absicht zuwider gewesen wäre.
Jch wußte, sprach er, daß du auf der Neige deines Geldes warst, daß deine zu feu- rige Liebe dir keine eigne Rückkehr erlauben würde: du warst von dem gänzlichen Verder- ben nur einen Strohhalm breit entfernt; ich beschloß, dir eine schimpfliche Verabschiedung zu ersparen, und bot mich Akanten an deine Stelle an. Jch bot mich ihr blos an, damit sie desto leichter in deine Trennung willigen sollte: denn den Ruin deines Vermögens wußte sie noch nicht. Damit sie mich desto williger annähme, stellte ich mich reich, ob ich gleich nicht mehr in der Tasche hatte, als eben so viel, wie ich dir gab: hätte ich ge- wußt, daß sie einen andern viel reichern Lieb-
Wiederſehn die Staͤrke deſſelben ungemein gemildert hatte, ſo beruͤhrte er ihn nicht als einen Vorwurf, ſondern vielmehr als eine Erzaͤhlung welcher er nicht ſonderlichen Glau- ben beymaß. Fromal rechtfertigte ſich nicht, ſondern ohne große Betheurungen berichtete er ihm in planem hiſtoriſchem Stile, daß er allerdings Belphegorn von Akanten zu ent- fernen geſucht habe, doch ohne die ſchmerz- liche Begegnung, welche ſeinem Befehle und ſeiner Abſicht zuwider geweſen waͤre.
Jch wußte, ſprach er, daß du auf der Neige deines Geldes warſt, daß deine zu feu- rige Liebe dir keine eigne Ruͤckkehr erlauben wuͤrde: du warſt von dem gaͤnzlichen Verder- ben nur einen Strohhalm breit entfernt; ich beſchloß, dir eine ſchimpfliche Verabſchiedung zu erſparen, und bot mich Akanten an deine Stelle an. Jch bot mich ihr blos an, damit ſie deſto leichter in deine Trennung willigen ſollte: denn den Ruin deines Vermoͤgens wußte ſie noch nicht. Damit ſie mich deſto williger annaͤhme, ſtellte ich mich reich, ob ich gleich nicht mehr in der Taſche hatte, als eben ſo viel, wie ich dir gab: haͤtte ich ge- wußt, daß ſie einen andern viel reichern Lieb-
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Wiederſehn die Staͤrke deſſelben ungemein
gemildert hatte, ſo beruͤhrte er ihn nicht als
einen Vorwurf, ſondern vielmehr als eine
Erzaͤhlung welcher er nicht ſonderlichen Glau-
ben beymaß. Fromal rechtfertigte ſich nicht,
ſondern ohne große Betheurungen berichtete
er ihm in planem hiſtoriſchem Stile, daß er
allerdings Belphegorn von Akanten zu ent-
fernen geſucht habe, doch ohne die ſchmerz-
liche Begegnung, welche ſeinem Befehle und
ſeiner Abſicht zuwider geweſen waͤre.
Jch wußte, ſprach er, daß du auf der
Neige deines Geldes warſt, daß deine zu feu-
rige Liebe dir keine eigne Ruͤckkehr erlauben
wuͤrde: du warſt von dem gaͤnzlichen Verder-
ben nur einen Strohhalm breit entfernt; ich
beſchloß, dir eine ſchimpfliche Verabſchiedung
zu erſparen, und bot mich Akanten an deine
Stelle an. Jch bot mich ihr blos an, damit
ſie deſto leichter in deine Trennung willigen
ſollte: denn den Ruin deines Vermoͤgens
wußte ſie noch nicht. Damit ſie mich deſto
williger annaͤhme, ſtellte ich mich reich, ob
ich gleich nicht mehr in der Taſche hatte, als
eben ſo viel, wie ich dir gab: haͤtte ich ge-
wußt, daß ſie einen andern viel reichern Lieb-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/172>, abgerufen am 26.11.2024.
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