Lust hätten, ihre Herren zu seyn. Jch ver- ließ diese fühllose Stadt und gieng in einer Verkleidung durch die Schweiz und Deutsch- land hieher, wo ich dich, edler Belphegor, unvermuthet fand, wo ich Vergebung von dir für eine Beleidigung erwarte, zu welcher mich mein Schicksal und dein arglistiger treu- loser Freund zwangen, wo ich diese Verge- bung erlangen muß, sollte ich sie auch durch den Verlust meines halben Jchs erkaufen müs- sen. Belphegor! könntest du unerbittlich, könntest du unversöhnlich seyn? -- Du, des- sen Herz nur von Edelmuthe schlägt? -- Bel- phegor! -- und so fiel sie vor ihm auf die Kniee. --
Siehst du, Brüderchen? Die Hüfte ist ja wieder heil: vergieb ihr doch! Du hast ja gehört, daß ihr das Herz weh genug that, als sie dich zur Thür heraus warf: aber der gottlose Fromal! wenn er nur damals ge- hängt worden wäre, als ich ihn zum Tode bereiten sollte: der Galgen wäre ihm doch nur pränumerirt worden. -- Nu, Brüder- chen, vergieb ihr! dann, Akante, komm und trinke in meinem neuen Hause einen Krug Apfelwein mit mir! --
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Luſt haͤtten, ihre Herren zu ſeyn. Jch ver- ließ dieſe fuͤhlloſe Stadt und gieng in einer Verkleidung durch die Schweiz und Deutſch- land hieher, wo ich dich, edler Belphegor, unvermuthet fand, wo ich Vergebung von dir fuͤr eine Beleidigung erwarte, zu welcher mich mein Schickſal und dein argliſtiger treu- loſer Freund zwangen, wo ich dieſe Verge- bung erlangen muß, ſollte ich ſie auch durch den Verluſt meines halben Jchs erkaufen muͤſ- ſen. Belphegor! koͤnnteſt du unerbittlich, koͤnnteſt du unverſoͤhnlich ſeyn? — Du, deſ- ſen Herz nur von Edelmuthe ſchlaͤgt? — Bel- phegor! — und ſo fiel ſie vor ihm auf die Kniee. —
Siehſt du, Bruͤderchen? Die Huͤfte iſt ja wieder heil: vergieb ihr doch! Du haſt ja gehoͤrt, daß ihr das Herz weh genug that, als ſie dich zur Thuͤr heraus warf: aber der gottloſe Fromal! wenn er nur damals ge- haͤngt worden waͤre, als ich ihn zum Tode bereiten ſollte: der Galgen waͤre ihm doch nur praͤnumerirt worden. — Nu, Bruͤder- chen, vergieb ihr! dann, Akante, komm und trinke in meinem neuen Hauſe einen Krug Apfelwein mit mir! —
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Luſt haͤtten, ihre Herren zu ſeyn. Jch ver-
ließ dieſe fuͤhlloſe Stadt und gieng in einer
Verkleidung durch die Schweiz und Deutſch-
land hieher, wo ich dich, edler Belphegor,
unvermuthet fand, wo ich Vergebung von
dir fuͤr eine Beleidigung erwarte, zu welcher
mich mein Schickſal und dein argliſtiger treu-
loſer Freund zwangen, wo ich dieſe Verge-
bung erlangen muß, ſollte ich ſie auch durch
den Verluſt meines halben Jchs erkaufen muͤſ-
ſen. Belphegor! koͤnnteſt du unerbittlich,
koͤnnteſt du unverſoͤhnlich ſeyn? — Du, deſ-
ſen Herz nur von Edelmuthe ſchlaͤgt? — Bel-
phegor! — und ſo fiel ſie vor ihm auf die
Kniee. —
Siehſt du, Bruͤderchen? Die Huͤfte iſt ja
wieder heil: vergieb ihr doch! Du haſt ja
gehoͤrt, daß ihr das Herz weh genug that,
als ſie dich zur Thuͤr heraus warf: aber der
gottloſe Fromal! wenn er nur damals ge-
haͤngt worden waͤre, als ich ihn zum Tode
bereiten ſollte: der Galgen waͤre ihm doch
nur praͤnumerirt worden. — Nu, Bruͤder-
chen, vergieb ihr! dann, Akante, komm und
trinke in meinem neuen Hauſe einen Krug
Apfelwein mit mir! —
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/133>, abgerufen am 24.11.2024.
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