Herz aus allen moralischen Vollkommenhei- ten einen Koloß zusammensezten und ihn den Menschen nannten: ich dünkte mir selbst groß und erhaben, weil ich mein Geschlecht dafür hielt: meine ganze Aussicht war in mich selbst konzentrirt und -- laß michs of- fenherzig gestehn! -- ich sah nichts als Gu- tes, nichts als Liebenswürdiges. -- Ein fan- tastischer Traum, aber wahrhaftig süß! Wenn ich izt ausgeträumt habe, wenn dies wachen heißt, so habe ich unendlich verlo- ren, daß ich nicht mein ganzes Leben in dem Schooße der Einbildung verschlummerte: denn izt scheine ich mir selbst aus einem Kau- kasus in einen Ameisenhaufen zusammenge- schrumpft, und der Stolz auf die Menschheit liegt darunter begraben. -- O Akante! Akante! wehe dir, daß du mich aus diesem engen Gesichtskreise in die weite Aussicht der Welt hinausstießest! -- Wenn du nicht wärest, Freund, -- wo sollte alsdann meine Empfin- dung etwas finden, um sich anzuhängen; und wie öde ist ein Leben, wo unser Gefühl immer im Finstern herumtappt und nie einen Gegen- stand erhascht, den es umarmen kann! -- Er sprach dies mit einer affektvollen Bewegung. --
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Herz aus allen moraliſchen Vollkommenhei- ten einen Koloß zuſammenſezten und ihn den Menſchen nannten: ich duͤnkte mir ſelbſt groß und erhaben, weil ich mein Geſchlecht dafuͤr hielt: meine ganze Ausſicht war in mich ſelbſt konzentrirt und — laß michs of- fenherzig geſtehn! — ich ſah nichts als Gu- tes, nichts als Liebenswuͤrdiges. — Ein fan- taſtiſcher Traum, aber wahrhaftig ſuͤß! Wenn ich izt ausgetraͤumt habe, wenn dies wachen heißt, ſo habe ich unendlich verlo- ren, daß ich nicht mein ganzes Leben in dem Schooße der Einbildung verſchlummerte: denn izt ſcheine ich mir ſelbſt aus einem Kau- kaſus in einen Ameiſenhaufen zuſammenge- ſchrumpft, und der Stolz auf die Menſchheit liegt darunter begraben. — O Akante! Akante! wehe dir, daß du mich aus dieſem engen Geſichtskreiſe in die weite Ausſicht der Welt hinausſtießeſt! — Wenn du nicht waͤreſt, Freund, — wo ſollte alsdann meine Empfin- dung etwas finden, um ſich anzuhaͤngen; und wie oͤde iſt ein Leben, wo unſer Gefuͤhl immer im Finſtern herumtappt und nie einen Gegen- ſtand erhaſcht, den es umarmen kann! — Er ſprach dies mit einer affektvollen Bewegung. —
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Herz aus allen moraliſchen Vollkommenhei-
ten einen Koloß zuſammenſezten und ihn den
Menſchen nannten: ich duͤnkte mir ſelbſt
groß und erhaben, weil ich mein Geſchlecht
dafuͤr hielt: meine ganze Ausſicht war in
mich ſelbſt konzentrirt und — laß michs of-
fenherzig geſtehn! — ich ſah nichts als Gu-
tes, nichts als Liebenswuͤrdiges. — Ein fan-
taſtiſcher Traum, aber wahrhaftig ſuͤß!
Wenn ich izt ausgetraͤumt habe, wenn dies
wachen heißt, ſo habe ich unendlich verlo-
ren, daß ich nicht mein ganzes Leben in dem
Schooße der Einbildung verſchlummerte:
denn izt ſcheine ich mir ſelbſt aus einem Kau-
kaſus in einen Ameiſenhaufen zuſammenge-
ſchrumpft, und der Stolz auf die Menſchheit
liegt darunter begraben. — O Akante!
Akante! wehe dir, daß du mich aus dieſem
engen Geſichtskreiſe in die weite Ausſicht der
Welt hinausſtießeſt! — Wenn du nicht waͤreſt,
Freund, — wo ſollte alsdann meine Empfin-
dung etwas finden, um ſich anzuhaͤngen; und
wie oͤde iſt ein Leben, wo unſer Gefuͤhl immer
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/100>, abgerufen am 27.11.2024.
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