Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite
Werner
Doch hat er gereeft nun und hat ihm der Wind
Die Augen gehörig verklart,
Dann ist auch verflogen der Aerger geschwind
Sobald er das Grogfaß gewahrt.
Mit Hoi! ho! da fliegen die Raaen hinauf,
Dann wird das Besanschrot geholt9.
Zur Coje! schallt's nun und im schnellsten Lauf
Die Freiwach' hinunter sich trollt.
Wenn's in den Beschüten10 sich regt und bewegt
Von Würmern und Gott weiß was mehr,
Daß, wenn man sie hin auf die Back11 vor sich legt,
Von selber sie laufen umher;
Wenn Erbsen und Bohnen wie Blei sind so hart,
Bramstagläufer12 ähnlich wie Stein,
Wenn's Salzfleisch nicht riecht aromatischer Art
Und das Speck hat nun goldgelben Schein,
Was kümmert es Janmaat? ihm ist es egal,
Kaum daß er verziehet den Mund,
Er klopfet das Brod auf die Back ein'ge Mal
Und dann geht's hinein in den Mund.
Er tröstet sich dann, daß er bald kommt zu Haus,
Da giebt es den Beutel voll Geld,
Damit wird gejubelt in Saus und in Braus
Und alles kopfüber gestellt.
Wie lebt sich's so lustig und fröhlich an Land!
Da wird nicht geheißt und gereeft,
Da wird nicht gescheuert mit Steinen und Sand;
Da stört ihn kein Wind, wenn er schläft.

Stunde der Wache übrig. Da die Arbeit des Reefens aber oft eine
Stunde und länger dauert, so haben die dazu verwendeten Leute der Frei-
wache keine Chance, noch einmal zur Coje zu gehen und kommen deshalb
in ihrem Schlafe zu kurz.
9 Figürlich für "Schnapsaustheilen". Das
Besanschrot ist ein Tau, das auf dem Hinterdeck fährt und in seiner
Nähe treten die Leute an, um Schnaps zu empfangen.
10 Schiffs-
zwieback, englisch Biscuit.
11 Tisch.
12 Graue Erbsen.
Werner
Doch hat er gereeft nun und hat ihm der Wind
Die Augen gehörig verklart,
Dann iſt auch verflogen der Aerger geſchwind
Sobald er das Grogfaß gewahrt.
Mit Hoi! ho! da fliegen die Raaen hinauf,
Dann wird das Beſanſchrot geholt9.
Zur Coje! ſchallt’s nun und im ſchnellſten Lauf
Die Freiwach’ hinunter ſich trollt.
Wenn’s in den Beſchüten10 ſich regt und bewegt
Von Würmern und Gott weiß was mehr,
Daß, wenn man ſie hin auf die Back11 vor ſich legt,
Von ſelber ſie laufen umher;
Wenn Erbſen und Bohnen wie Blei ſind ſo hart,
Bramſtagläufer12 ähnlich wie Stein,
Wenn’s Salzfleiſch nicht riecht aromatiſcher Art
Und das Speck hat nun goldgelben Schein,
Was kümmert es Janmaat? ihm iſt es egal,
Kaum daß er verziehet den Mund,
Er klopfet das Brod auf die Back ein’ge Mal
Und dann geht’s hinein in den Mund.
Er tröſtet ſich dann, daß er bald kommt zu Haus,
Da giebt es den Beutel voll Geld,
Damit wird gejubelt in Saus und in Braus
Und alles kopfüber geſtellt.
Wie lebt ſich’s ſo luſtig und fröhlich an Land!
Da wird nicht geheißt und gereeft,
Da wird nicht geſcheuert mit Steinen und Sand;
Da ſtört ihn kein Wind, wenn er ſchläft.

Stunde der Wache übrig. Da die Arbeit des Reefens aber oft eine
Stunde und länger dauert, ſo haben die dazu verwendeten Leute der Frei-
wache keine Chance, noch einmal zur Coje zu gehen und kommen deshalb
in ihrem Schlafe zu kurz.
9 Figürlich für „Schnapsaustheilen“. Das
Beſanſchrot iſt ein Tau, das auf dem Hinterdeck fährt und in ſeiner
Nähe treten die Leute an, um Schnaps zu empfangen.
10 Schiffs-
zwieback, engliſch Biscuit.
11 Tiſch.
12 Graue Erbſen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0080" n="68"/>
          <fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Doch hat er gereeft nun und hat ihm der Wind</l><lb/>
            <l>Die Augen gehörig verklart,</l><lb/>
            <l>Dann i&#x017F;t auch verflogen der Aerger ge&#x017F;chwind</l><lb/>
            <l>Sobald er das Grogfaß gewahrt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <l>Mit Hoi! ho! da fliegen die Raaen hinauf,</l><lb/>
            <l>Dann wird das Be&#x017F;an&#x017F;chrot geholt<note place="foot" n="9">Figürlich für &#x201E;Schnapsaustheilen&#x201C;. Das<lb/>
Be&#x017F;an&#x017F;chrot i&#x017F;t ein Tau, das auf dem Hinterdeck fährt und in &#x017F;einer<lb/>
Nähe treten die Leute an, um Schnaps zu empfangen.</note>.</l><lb/>
            <l>Zur Coje! &#x017F;challt&#x2019;s nun und im &#x017F;chnell&#x017F;ten Lauf</l><lb/>
            <l>Die Freiwach&#x2019; hinunter &#x017F;ich trollt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="9">
            <l>Wenn&#x2019;s in den Be&#x017F;chüten<note place="foot" n="10">Schiffs-<lb/>
zwieback, engli&#x017F;ch Biscuit.</note> &#x017F;ich regt und bewegt</l><lb/>
            <l>Von Würmern und Gott weiß was mehr,</l><lb/>
            <l>Daß, wenn man &#x017F;ie hin auf die Back<note place="foot" n="11">Ti&#x017F;ch.</note> vor &#x017F;ich legt,</l><lb/>
            <l>Von &#x017F;elber &#x017F;ie laufen umher;</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <l>Wenn Erb&#x017F;en und Bohnen wie Blei &#x017F;ind &#x017F;o hart,</l><lb/>
            <l>Bram&#x017F;tagläufer<note place="foot" n="12">Graue Erb&#x017F;en.</note> ähnlich wie Stein,</l><lb/>
            <l>Wenn&#x2019;s Salzflei&#x017F;ch nicht riecht aromati&#x017F;cher Art</l><lb/>
            <l>Und das Speck hat nun goldgelben Schein,</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="11">
            <l>Was kümmert es Janmaat? ihm i&#x017F;t es egal,</l><lb/>
            <l>Kaum daß er verziehet den Mund,</l><lb/>
            <l>Er klopfet das Brod auf die Back ein&#x2019;ge Mal</l><lb/>
            <l>Und dann geht&#x2019;s hinein in den Mund.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="12">
            <l>Er trö&#x017F;tet &#x017F;ich dann, daß er bald kommt zu Haus,</l><lb/>
            <l>Da giebt es den Beutel voll Geld,</l><lb/>
            <l>Damit wird gejubelt in Saus und in Braus</l><lb/>
            <l>Und alles kopfüber ge&#x017F;tellt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="13">
            <l>Wie lebt &#x017F;ich&#x2019;s &#x017F;o lu&#x017F;tig und fröhlich an Land!</l><lb/>
            <l>Da wird nicht geheißt und gereeft,</l><lb/>
            <l>Da wird nicht ge&#x017F;cheuert mit Steinen und Sand;</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;tört ihn kein Wind, wenn er &#x017F;chläft.</l>
          </lg>
          <note xml:id="note-0080" prev="#note-0079" place="foot" n="8">Stunde der Wache übrig. Da die Arbeit des Reefens aber oft eine<lb/>
Stunde und länger dauert, &#x017F;o haben die dazu verwendeten Leute der Frei-<lb/>
wache keine Chance, noch einmal zur Coje zu gehen und kommen deshalb<lb/>
in ihrem Schlafe zu kurz.</note><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0080] Werner Doch hat er gereeft nun und hat ihm der Wind Die Augen gehörig verklart, Dann iſt auch verflogen der Aerger geſchwind Sobald er das Grogfaß gewahrt. Mit Hoi! ho! da fliegen die Raaen hinauf, Dann wird das Beſanſchrot geholt 9. Zur Coje! ſchallt’s nun und im ſchnellſten Lauf Die Freiwach’ hinunter ſich trollt. Wenn’s in den Beſchüten 10 ſich regt und bewegt Von Würmern und Gott weiß was mehr, Daß, wenn man ſie hin auf die Back 11 vor ſich legt, Von ſelber ſie laufen umher; Wenn Erbſen und Bohnen wie Blei ſind ſo hart, Bramſtagläufer 12 ähnlich wie Stein, Wenn’s Salzfleiſch nicht riecht aromatiſcher Art Und das Speck hat nun goldgelben Schein, Was kümmert es Janmaat? ihm iſt es egal, Kaum daß er verziehet den Mund, Er klopfet das Brod auf die Back ein’ge Mal Und dann geht’s hinein in den Mund. Er tröſtet ſich dann, daß er bald kommt zu Haus, Da giebt es den Beutel voll Geld, Damit wird gejubelt in Saus und in Braus Und alles kopfüber geſtellt. Wie lebt ſich’s ſo luſtig und fröhlich an Land! Da wird nicht geheißt und gereeft, Da wird nicht geſcheuert mit Steinen und Sand; Da ſtört ihn kein Wind, wenn er ſchläft. 8 9 Figürlich für „Schnapsaustheilen“. Das Beſanſchrot iſt ein Tau, das auf dem Hinterdeck fährt und in ſeiner Nähe treten die Leute an, um Schnaps zu empfangen. 10 Schiffs- zwieback, engliſch Biscuit. 11 Tiſch. 12 Graue Erbſen. 8 Stunde der Wache übrig. Da die Arbeit des Reefens aber oft eine Stunde und länger dauert, ſo haben die dazu verwendeten Leute der Frei- wache keine Chance, noch einmal zur Coje zu gehen und kommen deshalb in ihrem Schlafe zu kurz.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/80
Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/80>, abgerufen am 04.05.2024.