Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach Westindien und dem Mittelmeer
zehn); eine armirte Dampfbarkasse nahm je eine Colonne in's
Schlepptau, "Delphin" und "Torch" gaben mit zum Gefecht
fertig gemachten Schiffe zu beiden Seiten das Geleit, "Fried-
rich Karl" und "Swiftsure" lichteten Anker und legten sich,
ebenfalls gefechtsbereit, ganz nahe an den inneren Hafen, um
anzudeuten, daß irgend welcher Widerstand sofort niederge-
schlagen werden würde. Diese Maßregeln verfehlten die beab-
sichtigte Wirkung nicht. Die Boote landeten, unter dem stummen
Zuschauen der eingeschüchterten Bevölkerung, die Mannschaften
an den Kaimauern der Stadt ohne irgend welche Unordnung
und kehrten ungefährdet an Bord zurück.

Mit der "Victoria" wurde dann ebenso verfahren, jedoch
schifften wir deren Mannschaften nicht im Hafen, sondern an
der Ostseite der Bucht von Escombrero aus. Wir bemerkten
nämlich, daß man von der Insel Escombrero nach der "Vic-
toria" lebhaft signalisirte und gleichzeitig schickte unser Consul
Botschaft, daß nach Ankunft der "Almansa"-Mannschaften
"Mendez-Nundez" und "Fernando el Catolico" Dampf gemacht
hätten und uns anzugreifen beabsichtigten.

Nach allem, was wir bis jetzt von den Intransigenten ge-
sehen, konnte dies nur eine Bravade der Bevölkerung gegenüber
sein, jedoch hielten wir es für richtig, die Gemüther etwas ab-
zukühlen. Das Kanonenboot "Torch" wurde mit der schrift-
lichen Warnung an den "Mendez-Nundez" in den Hafen ge-
schickt, sich nicht außerhalb sehen zu lassen, da wir jedes aus-
laufende Kriegsschiff sofort angreifen und fortnehmen würden.
Damit war die Komödie ausgespielt, denn die Schiffe ließen
nach Empfang der Botschaft die Feuer alsbald wieder ausgehen.
Den Signalisten auf der Insel Escombrero legte ein scharfer
Schuß aus einem Krupp'schen Ballongeschütz schleunigst das
Handwerk, und als die kleine Granate in ihrer Nähe platzte,
räumten sie Hals über Kopf das Feld. Die Mannschaften der

26**

Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
zehn); eine armirte Dampfbarkaſſe nahm je eine Colonne in’s
Schlepptau, „Delphin“ und „Torch“ gaben mit zum Gefecht
fertig gemachten Schiffe zu beiden Seiten das Geleit, „Fried-
rich Karl“ und „Swiftſure“ lichteten Anker und legten ſich,
ebenfalls gefechtsbereit, ganz nahe an den inneren Hafen, um
anzudeuten, daß irgend welcher Widerſtand ſofort niederge-
ſchlagen werden würde. Dieſe Maßregeln verfehlten die beab-
ſichtigte Wirkung nicht. Die Boote landeten, unter dem ſtummen
Zuſchauen der eingeſchüchterten Bevölkerung, die Mannſchaften
an den Kaimauern der Stadt ohne irgend welche Unordnung
und kehrten ungefährdet an Bord zurück.

Mit der „Victoria“ wurde dann ebenſo verfahren, jedoch
ſchifften wir deren Mannſchaften nicht im Hafen, ſondern an
der Oſtſeite der Bucht von Escombrero aus. Wir bemerkten
nämlich, daß man von der Inſel Escombrero nach der „Vic-
toria“ lebhaft ſignaliſirte und gleichzeitig ſchickte unſer Conſul
Botſchaft, daß nach Ankunft der „Almanſa“-Mannſchaften
„Mendez-Nuñez“ und „Fernando el Catolico“ Dampf gemacht
hätten und uns anzugreifen beabſichtigten.

Nach allem, was wir bis jetzt von den Intranſigenten ge-
ſehen, konnte dies nur eine Bravade der Bevölkerung gegenüber
ſein, jedoch hielten wir es für richtig, die Gemüther etwas ab-
zukühlen. Das Kanonenboot „Torch“ wurde mit der ſchrift-
lichen Warnung an den „Mendez-Nuñez“ in den Hafen ge-
ſchickt, ſich nicht außerhalb ſehen zu laſſen, da wir jedes aus-
laufende Kriegsſchiff ſofort angreifen und fortnehmen würden.
Damit war die Komödie ausgeſpielt, denn die Schiffe ließen
nach Empfang der Botſchaft die Feuer alsbald wieder ausgehen.
Den Signaliſten auf der Inſel Escombrero legte ein ſcharfer
Schuß aus einem Krupp’ſchen Ballongeſchütz ſchleunigſt das
Handwerk, und als die kleine Granate in ihrer Nähe platzte,
räumten ſie Hals über Kopf das Feld. Die Mannſchaften der

26**
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0421" n="409"/><fw place="top" type="header">Nach We&#x017F;tindien und dem Mittelmeer</fw><lb/>
zehn); eine armirte Dampfbarka&#x017F;&#x017F;e nahm je eine Colonne in&#x2019;s<lb/>
Schlepptau, &#x201E;Delphin&#x201C; und &#x201E;Torch&#x201C; gaben mit zum Gefecht<lb/>
fertig gemachten Schiffe zu beiden Seiten das Geleit, &#x201E;Fried-<lb/>
rich Karl&#x201C; und &#x201E;Swift&#x017F;ure&#x201C; lichteten Anker und legten &#x017F;ich,<lb/>
ebenfalls gefechtsbereit, ganz nahe an den inneren Hafen, um<lb/>
anzudeuten, daß irgend welcher Wider&#x017F;tand &#x017F;ofort niederge-<lb/>
&#x017F;chlagen werden würde. Die&#x017F;e Maßregeln verfehlten die beab-<lb/>
&#x017F;ichtigte Wirkung nicht. Die Boote landeten, unter dem &#x017F;tummen<lb/>
Zu&#x017F;chauen der einge&#x017F;chüchterten Bevölkerung, die Mann&#x017F;chaften<lb/>
an den Kaimauern der Stadt ohne irgend welche Unordnung<lb/>
und kehrten ungefährdet an Bord zurück.</p><lb/>
        <p>Mit der &#x201E;Victoria&#x201C; wurde dann eben&#x017F;o verfahren, jedoch<lb/>
&#x017F;chifften wir deren Mann&#x017F;chaften nicht im Hafen, &#x017F;ondern an<lb/>
der O&#x017F;t&#x017F;eite der Bucht von Escombrero aus. Wir bemerkten<lb/>
nämlich, daß man von der In&#x017F;el Escombrero nach der &#x201E;Vic-<lb/>
toria&#x201C; lebhaft &#x017F;ignali&#x017F;irte und gleichzeitig &#x017F;chickte un&#x017F;er Con&#x017F;ul<lb/>
Bot&#x017F;chaft, daß nach Ankunft der &#x201E;Alman&#x017F;a&#x201C;-Mann&#x017F;chaften<lb/>
&#x201E;Mendez-Nuñez&#x201C; und &#x201E;Fernando el Catolico&#x201C; Dampf gemacht<lb/>
hätten und uns anzugreifen beab&#x017F;ichtigten.</p><lb/>
        <p>Nach allem, was wir bis jetzt von den Intran&#x017F;igenten ge-<lb/>
&#x017F;ehen, konnte dies nur eine Bravade der Bevölkerung gegenüber<lb/>
&#x017F;ein, jedoch hielten wir es für richtig, die Gemüther etwas ab-<lb/>
zukühlen. Das Kanonenboot &#x201E;Torch&#x201C; wurde mit der &#x017F;chrift-<lb/>
lichen Warnung an den &#x201E;Mendez-Nuñez&#x201C; in den Hafen ge-<lb/>
&#x017F;chickt, &#x017F;ich nicht außerhalb &#x017F;ehen zu la&#x017F;&#x017F;en, da wir jedes aus-<lb/>
laufende Kriegs&#x017F;chiff &#x017F;ofort angreifen und fortnehmen würden.<lb/>
Damit war die Komödie ausge&#x017F;pielt, denn die Schiffe ließen<lb/>
nach Empfang der Bot&#x017F;chaft die Feuer alsbald wieder ausgehen.<lb/>
Den Signali&#x017F;ten auf der In&#x017F;el Escombrero legte ein &#x017F;charfer<lb/>
Schuß aus einem Krupp&#x2019;&#x017F;chen Ballonge&#x017F;chütz &#x017F;chleunig&#x017F;t das<lb/>
Handwerk, und als die kleine Granate in ihrer Nähe platzte,<lb/>
räumten &#x017F;ie Hals über Kopf das Feld. Die Mann&#x017F;chaften der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">26**</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0421] Nach Weſtindien und dem Mittelmeer zehn); eine armirte Dampfbarkaſſe nahm je eine Colonne in’s Schlepptau, „Delphin“ und „Torch“ gaben mit zum Gefecht fertig gemachten Schiffe zu beiden Seiten das Geleit, „Fried- rich Karl“ und „Swiftſure“ lichteten Anker und legten ſich, ebenfalls gefechtsbereit, ganz nahe an den inneren Hafen, um anzudeuten, daß irgend welcher Widerſtand ſofort niederge- ſchlagen werden würde. Dieſe Maßregeln verfehlten die beab- ſichtigte Wirkung nicht. Die Boote landeten, unter dem ſtummen Zuſchauen der eingeſchüchterten Bevölkerung, die Mannſchaften an den Kaimauern der Stadt ohne irgend welche Unordnung und kehrten ungefährdet an Bord zurück. Mit der „Victoria“ wurde dann ebenſo verfahren, jedoch ſchifften wir deren Mannſchaften nicht im Hafen, ſondern an der Oſtſeite der Bucht von Escombrero aus. Wir bemerkten nämlich, daß man von der Inſel Escombrero nach der „Vic- toria“ lebhaft ſignaliſirte und gleichzeitig ſchickte unſer Conſul Botſchaft, daß nach Ankunft der „Almanſa“-Mannſchaften „Mendez-Nuñez“ und „Fernando el Catolico“ Dampf gemacht hätten und uns anzugreifen beabſichtigten. Nach allem, was wir bis jetzt von den Intranſigenten ge- ſehen, konnte dies nur eine Bravade der Bevölkerung gegenüber ſein, jedoch hielten wir es für richtig, die Gemüther etwas ab- zukühlen. Das Kanonenboot „Torch“ wurde mit der ſchrift- lichen Warnung an den „Mendez-Nuñez“ in den Hafen ge- ſchickt, ſich nicht außerhalb ſehen zu laſſen, da wir jedes aus- laufende Kriegsſchiff ſofort angreifen und fortnehmen würden. Damit war die Komödie ausgeſpielt, denn die Schiffe ließen nach Empfang der Botſchaft die Feuer alsbald wieder ausgehen. Den Signaliſten auf der Inſel Escombrero legte ein ſcharfer Schuß aus einem Krupp’ſchen Ballongeſchütz ſchleunigſt das Handwerk, und als die kleine Granate in ihrer Nähe platzte, räumten ſie Hals über Kopf das Feld. Die Mannſchaften der 26**

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/421
Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/421>, abgerufen am 02.05.2024.