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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Das Schiff war natürlich klar zum Gefecht gemacht, und auch
dies konnte den Landbewohnern nicht entgehen und zeigte ihnen
den Ernst der Situation. Es ließ sich nicht leugnen, daß die
Lage inmitten der sechs Festungswerke etwas stark vorgeschoben
war, wenn es zum Kampfe kam, allein die Verhältnisse geboten
schnelles Handeln, und letzterem kamen verschiedene günstige Um-
stände zu Hülfe. Die Forts datirten aus alter Zeit; man
sah ihnen schon von außen an, daß sie vernachlässigt waren
und 21 Centimeter Granaten nicht wirkungslos von ihnen ab-
prallen würden. Ebenso war Grund zu der Annahme vor-
handen, daß sie nicht voll armirt und besetzt seien, sowie daß
bei den politischen Zuständen in der Stadt ein energischer und
erfolgreicher Widerstand nicht erwartet werden konnte. Nach den
erhaltenen Mittheilungen hatten auch alle anständigen Officiere
der Besatzung die Stadt verlassen; es fehlte die Disciplin
unter den vorhandenen Truppen und ein energisches Vorgehen
erschien deshalb angezeigt und zweckentsprechend. Diese Vor-
aussetzung erwies sich in allen Punkten als zutreffend. In den
Festungswerken zeigte sich nirgends der Versuch eines Wider-
standes und nicht einmal die Geschütze wurden besetzt. Die
von Contreras angedrohte Verhaftung der Familie des Consuls
unterblieb und ich erhielt die Nachricht, es sei den Deutschen
gestattet worden, sich an Bord des "Friedrich Karl" zu begeben.
Die im Hafen liegende "Victoria", ein Panzerschiff von der
Stärke und Bewaffnung unseres "König Wilhelm", also dem
"Friedrich Karl" bedeutend überlegen, sowie ein Raddampfer
"Fernando el Catolico" machten zwar Dampf, allein die Demon-
stration verlief sehr kläglich. Als unser Schiff sich mit geöff-
neten Geschützpforten den Molen näherte und sich so legte, um
jene Schiffe beim Verlassen des Hafens sofort anzugreifen, be-
ruhigte sich ihr Eifer und sie ließen die Feuer wieder ausgehen.
Im Hafen lagen außerdem noch die Panzerschiffe "Numancia",
"Mendez Nu[fi]ez" und "Tetuan", aber auf ihnen rührte sich

Werner
Das Schiff war natürlich klar zum Gefecht gemacht, und auch
dies konnte den Landbewohnern nicht entgehen und zeigte ihnen
den Ernſt der Situation. Es ließ ſich nicht leugnen, daß die
Lage inmitten der ſechs Feſtungswerke etwas ſtark vorgeſchoben
war, wenn es zum Kampfe kam, allein die Verhältniſſe geboten
ſchnelles Handeln, und letzterem kamen verſchiedene günſtige Um-
ſtände zu Hülfe. Die Forts datirten aus alter Zeit; man
ſah ihnen ſchon von außen an, daß ſie vernachläſſigt waren
und 21 Centimeter Granaten nicht wirkungslos von ihnen ab-
prallen würden. Ebenſo war Grund zu der Annahme vor-
handen, daß ſie nicht voll armirt und beſetzt ſeien, ſowie daß
bei den politiſchen Zuſtänden in der Stadt ein energiſcher und
erfolgreicher Widerſtand nicht erwartet werden konnte. Nach den
erhaltenen Mittheilungen hatten auch alle anſtändigen Officiere
der Beſatzung die Stadt verlaſſen; es fehlte die Disciplin
unter den vorhandenen Truppen und ein energiſches Vorgehen
erſchien deshalb angezeigt und zweckentſprechend. Dieſe Vor-
ausſetzung erwies ſich in allen Punkten als zutreffend. In den
Feſtungswerken zeigte ſich nirgends der Verſuch eines Wider-
ſtandes und nicht einmal die Geſchütze wurden beſetzt. Die
von Contreras angedrohte Verhaftung der Familie des Conſuls
unterblieb und ich erhielt die Nachricht, es ſei den Deutſchen
geſtattet worden, ſich an Bord des „Friedrich Karl“ zu begeben.
Die im Hafen liegende „Victoria“, ein Panzerſchiff von der
Stärke und Bewaffnung unſeres „König Wilhelm“, alſo dem
„Friedrich Karl“ bedeutend überlegen, ſowie ein Raddampfer
„Fernando el Catolico“ machten zwar Dampf, allein die Demon-
ſtration verlief ſehr kläglich. Als unſer Schiff ſich mit geöff-
neten Geſchützpforten den Molen näherte und ſich ſo legte, um
jene Schiffe beim Verlaſſen des Hafens ſofort anzugreifen, be-
ruhigte ſich ihr Eifer und ſie ließen die Feuer wieder ausgehen.
Im Hafen lagen außerdem noch die Panzerſchiffe „Numancia“,
„Mendez Nu[fi]ez“ und „Tetuan“, aber auf ihnen rührte ſich

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[390/0402] Werner Das Schiff war natürlich klar zum Gefecht gemacht, und auch dies konnte den Landbewohnern nicht entgehen und zeigte ihnen den Ernſt der Situation. Es ließ ſich nicht leugnen, daß die Lage inmitten der ſechs Feſtungswerke etwas ſtark vorgeſchoben war, wenn es zum Kampfe kam, allein die Verhältniſſe geboten ſchnelles Handeln, und letzterem kamen verſchiedene günſtige Um- ſtände zu Hülfe. Die Forts datirten aus alter Zeit; man ſah ihnen ſchon von außen an, daß ſie vernachläſſigt waren und 21 Centimeter Granaten nicht wirkungslos von ihnen ab- prallen würden. Ebenſo war Grund zu der Annahme vor- handen, daß ſie nicht voll armirt und beſetzt ſeien, ſowie daß bei den politiſchen Zuſtänden in der Stadt ein energiſcher und erfolgreicher Widerſtand nicht erwartet werden konnte. Nach den erhaltenen Mittheilungen hatten auch alle anſtändigen Officiere der Beſatzung die Stadt verlaſſen; es fehlte die Disciplin unter den vorhandenen Truppen und ein energiſches Vorgehen erſchien deshalb angezeigt und zweckentſprechend. Dieſe Vor- ausſetzung erwies ſich in allen Punkten als zutreffend. In den Feſtungswerken zeigte ſich nirgends der Verſuch eines Wider- ſtandes und nicht einmal die Geſchütze wurden beſetzt. Die von Contreras angedrohte Verhaftung der Familie des Conſuls unterblieb und ich erhielt die Nachricht, es ſei den Deutſchen geſtattet worden, ſich an Bord des „Friedrich Karl“ zu begeben. Die im Hafen liegende „Victoria“, ein Panzerſchiff von der Stärke und Bewaffnung unſeres „König Wilhelm“, alſo dem „Friedrich Karl“ bedeutend überlegen, ſowie ein Raddampfer „Fernando el Catolico“ machten zwar Dampf, allein die Demon- ſtration verlief ſehr kläglich. Als unſer Schiff ſich mit geöff- neten Geſchützpforten den Molen näherte und ſich ſo legte, um jene Schiffe beim Verlaſſen des Hafens ſofort anzugreifen, be- ruhigte ſich ihr Eifer und ſie ließen die Feuer wieder ausgehen. Im Hafen lagen außerdem noch die Panzerſchiffe „Numancia“, „Mendez Nufiez“ und „Tetuan“, aber auf ihnen rührte ſich

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/402>, abgerufen am 23.11.2024.