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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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so verbreitet, daß er ganze Waldungen bildet und die übrigen
Bäume verdrängt.

Das weidende Vieh frißt sehr gern seine auch dem Menschen
wohlschmeckenden Früchte, welche die Größe eines Apfels und
gelbes säuerliches Fleisch haben und verpflanzt dadurch die Kerne,
die wie Kokosnüsse auf der Erdoberfläche liegen, keimen und
sich bewurzeln. Nur der mächtige Baumwollenbaum, der Riese
der Pflanzenwelt auf der Insel, weicht nicht vor den fremden
Eindringlingen zurück. Mit einem Stamme von oft 15 bis
20 Fuß Durchmesser festen Holzes, umgeben von dichtem Ge-
flechte Tausender von Luftwurzeln, die einen undurchdringlichen
Wald für sich bilden, und geschmückt mit einer Krone, deren üppiges
Blätterdach einem ganzen Regimente Schatten gewähren kann,
steht der gewaltige Baum da. Er ist der Aristokrat des Waldes,
blickt stolz auf die Plebejer herab und duldet nicht ihre Nähe,
denn fast immer erblickt man ihn einsam auf freien Plätzen in
Ebene und Thal und seine gigantischen Formen, in denen sich
die schöpferische Kraft der Tropennatur so großartig bekundet,
fordern das Staunen und die Bewunderung der Menschen
heraus.

In den Thälern und Niederungen Jamaika's ist das Klima
nicht gesund und oft hat das gelbe Fieber die Bevölkerung deci-
mirt, doch auf den Bergen verweht der frische Hauch des Passat-
windes die bösartigen Miasmen und schafft einen ewigen
Frühling. Alle Europäer suchen deshalb die Höhen; in den
Städten an der Küste weilt von ihnen nur, wen Geschäfte dort
fesseln. Der Gouverneur wohnt 2000 Fuß hoch mit einer
prachtvollen Aussicht auf einen Theil der Insel und das Meer.
Ein in europäischem Style angelegter und schön gehaltener
Garten überraschte uns durch einen prachtvollen Rosenflor; zwei
Tausend Fuß höher an den Gipfeln der blauen Berge pflückten
wir Walderdbeeren, deren aromatische Früchte uns bei unseren
Spazierritten erquickten und uns an die Heimath erinnerten.

Werner
ſo verbreitet, daß er ganze Waldungen bildet und die übrigen
Bäume verdrängt.

Das weidende Vieh frißt ſehr gern ſeine auch dem Menſchen
wohlſchmeckenden Früchte, welche die Größe eines Apfels und
gelbes ſäuerliches Fleiſch haben und verpflanzt dadurch die Kerne,
die wie Kokosnüſſe auf der Erdoberfläche liegen, keimen und
ſich bewurzeln. Nur der mächtige Baumwollenbaum, der Rieſe
der Pflanzenwelt auf der Inſel, weicht nicht vor den fremden
Eindringlingen zurück. Mit einem Stamme von oft 15 bis
20 Fuß Durchmeſſer feſten Holzes, umgeben von dichtem Ge-
flechte Tauſender von Luftwurzeln, die einen undurchdringlichen
Wald für ſich bilden, und geſchmückt mit einer Krone, deren üppiges
Blätterdach einem ganzen Regimente Schatten gewähren kann,
ſteht der gewaltige Baum da. Er iſt der Ariſtokrat des Waldes,
blickt ſtolz auf die Plebejer herab und duldet nicht ihre Nähe,
denn faſt immer erblickt man ihn einſam auf freien Plätzen in
Ebene und Thal und ſeine gigantiſchen Formen, in denen ſich
die ſchöpferiſche Kraft der Tropennatur ſo großartig bekundet,
fordern das Staunen und die Bewunderung der Menſchen
heraus.

In den Thälern und Niederungen Jamaika’s iſt das Klima
nicht geſund und oft hat das gelbe Fieber die Bevölkerung deci-
mirt, doch auf den Bergen verweht der friſche Hauch des Paſſat-
windes die bösartigen Miasmen und ſchafft einen ewigen
Frühling. Alle Europäer ſuchen deshalb die Höhen; in den
Städten an der Küſte weilt von ihnen nur, wen Geſchäfte dort
feſſeln. Der Gouverneur wohnt 2000 Fuß hoch mit einer
prachtvollen Ausſicht auf einen Theil der Inſel und das Meer.
Ein in europäiſchem Style angelegter und ſchön gehaltener
Garten überraſchte uns durch einen prachtvollen Roſenflor; zwei
Tauſend Fuß höher an den Gipfeln der blauen Berge pflückten
wir Walderdbeeren, deren aromatiſche Früchte uns bei unſeren
Spazierritten erquickten und uns an die Heimath erinnerten.

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[366/0378] Werner ſo verbreitet, daß er ganze Waldungen bildet und die übrigen Bäume verdrängt. Das weidende Vieh frißt ſehr gern ſeine auch dem Menſchen wohlſchmeckenden Früchte, welche die Größe eines Apfels und gelbes ſäuerliches Fleiſch haben und verpflanzt dadurch die Kerne, die wie Kokosnüſſe auf der Erdoberfläche liegen, keimen und ſich bewurzeln. Nur der mächtige Baumwollenbaum, der Rieſe der Pflanzenwelt auf der Inſel, weicht nicht vor den fremden Eindringlingen zurück. Mit einem Stamme von oft 15 bis 20 Fuß Durchmeſſer feſten Holzes, umgeben von dichtem Ge- flechte Tauſender von Luftwurzeln, die einen undurchdringlichen Wald für ſich bilden, und geſchmückt mit einer Krone, deren üppiges Blätterdach einem ganzen Regimente Schatten gewähren kann, ſteht der gewaltige Baum da. Er iſt der Ariſtokrat des Waldes, blickt ſtolz auf die Plebejer herab und duldet nicht ihre Nähe, denn faſt immer erblickt man ihn einſam auf freien Plätzen in Ebene und Thal und ſeine gigantiſchen Formen, in denen ſich die ſchöpferiſche Kraft der Tropennatur ſo großartig bekundet, fordern das Staunen und die Bewunderung der Menſchen heraus. In den Thälern und Niederungen Jamaika’s iſt das Klima nicht geſund und oft hat das gelbe Fieber die Bevölkerung deci- mirt, doch auf den Bergen verweht der friſche Hauch des Paſſat- windes die bösartigen Miasmen und ſchafft einen ewigen Frühling. Alle Europäer ſuchen deshalb die Höhen; in den Städten an der Küſte weilt von ihnen nur, wen Geſchäfte dort feſſeln. Der Gouverneur wohnt 2000 Fuß hoch mit einer prachtvollen Ausſicht auf einen Theil der Inſel und das Meer. Ein in europäiſchem Style angelegter und ſchön gehaltener Garten überraſchte uns durch einen prachtvollen Roſenflor; zwei Tauſend Fuß höher an den Gipfeln der blauen Berge pflückten wir Walderdbeeren, deren aromatiſche Früchte uns bei unſeren Spazierritten erquickten und uns an die Heimath erinnerten.

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/378>, abgerufen am 25.11.2024.