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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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barkeit, mit der Venezuela von der Natur gesegnet ist. Was
die Tropen an nutzbaren Bäumen, Sträuchern und Früchten
bieten, das findet sich hier in wunderbarer Fülle und Mannich-
faltigkeit vereinigt. Kaffee, Zucker, Cacao, Baumwolle, Indigo,
Vanille, Brodfrucht, Banane, Guave und hundert andere Pro-
ducte der heißen Zone wachsen in größter Ueppigkeit und er-
freuen das Auge.

Am meisten wird jedoch Kaffee gebaut, der unter den zu
diesem Zwecke angepflanzten und ihn gegen die Sonnenstrahlen
schützenden Schattenbäumen vorzugsweise gedeiht und den Haupt-
ausfuhrartikel von Puerto Cabello bildet. Parallel dem Flusse
läuft eine breite und sehr gut gehaltene Fahrstraße, zu deren
beiden Seiten die Landhäuser der Fremden, umgeben von Gärten,
liegen. Sie zeichnen sich weniger durch schönen Baustyl aus,
als durch tropischen Comfort, der darin gipfelt, daß die
Zimmer möglichst kühl sind und der Wind überall freien Zu-
tritt hat. Wir empfanden keine übermäßige Hitze, und im
Winter ist das Klima von Puerto Cabello überhaupt ein höchst
angenehmes, so daß wir während des Tages, selbst zur Mittags-
zeit, in der Umgebung von Esteban umherstreiften, ohne durch
die Sonne zu sehr belästigt zu werden.

So reich und mannichfaltig wie die Flora ist auch die
Fauna in dem Thale vertreten, namentlich an Vögeln und
Schmetterlingen, die an Farbenpracht mit einander wetteifern.
Hunderte von Kolibris schweben über den Blüthenkelchen der
Orchideen, die wie Festons von den Zweigen der Bäume herab-
hängen, und sie sind so wenig scheu, daß sie sich von den Menschen
aus nächster Nähe beobachten lassen. Der metallische Glanz ihres
Gefieders blitzt und leuchtet in den Strahlen der Sonne wie Edel-
gestein, bald wie Diamant, bald wie Topas, Rubin oder Smaragd,
je nachdem das Licht darauf fällt; man wird nicht müde, dem
Spiele der reizenden Thierchen zuzuschauen, wie sie von Blume
zu Blume huschen, um duftenden Honig aus ihnen zu saugen.


Werner
barkeit, mit der Venezuela von der Natur geſegnet iſt. Was
die Tropen an nutzbaren Bäumen, Sträuchern und Früchten
bieten, das findet ſich hier in wunderbarer Fülle und Mannich-
faltigkeit vereinigt. Kaffee, Zucker, Cacao, Baumwolle, Indigo,
Vanille, Brodfrucht, Banane, Guave und hundert andere Pro-
ducte der heißen Zone wachſen in größter Ueppigkeit und er-
freuen das Auge.

Am meiſten wird jedoch Kaffee gebaut, der unter den zu
dieſem Zwecke angepflanzten und ihn gegen die Sonnenſtrahlen
ſchützenden Schattenbäumen vorzugsweiſe gedeiht und den Haupt-
ausfuhrartikel von Puerto Cabello bildet. Parallel dem Fluſſe
läuft eine breite und ſehr gut gehaltene Fahrſtraße, zu deren
beiden Seiten die Landhäuſer der Fremden, umgeben von Gärten,
liegen. Sie zeichnen ſich weniger durch ſchönen Bauſtyl aus,
als durch tropiſchen Comfort, der darin gipfelt, daß die
Zimmer möglichſt kühl ſind und der Wind überall freien Zu-
tritt hat. Wir empfanden keine übermäßige Hitze, und im
Winter iſt das Klima von Puerto Cabello überhaupt ein höchſt
angenehmes, ſo daß wir während des Tages, ſelbſt zur Mittags-
zeit, in der Umgebung von Eſteban umherſtreiften, ohne durch
die Sonne zu ſehr beläſtigt zu werden.

So reich und mannichfaltig wie die Flora iſt auch die
Fauna in dem Thale vertreten, namentlich an Vögeln und
Schmetterlingen, die an Farbenpracht mit einander wetteifern.
Hunderte von Kolibris ſchweben über den Blüthenkelchen der
Orchideen, die wie Feſtons von den Zweigen der Bäume herab-
hängen, und ſie ſind ſo wenig ſcheu, daß ſie ſich von den Menſchen
aus nächſter Nähe beobachten laſſen. Der metalliſche Glanz ihres
Gefieders blitzt und leuchtet in den Strahlen der Sonne wie Edel-
geſtein, bald wie Diamant, bald wie Topas, Rubin oder Smaragd,
je nachdem das Licht darauf fällt; man wird nicht müde, dem
Spiele der reizenden Thierchen zuzuſchauen, wie ſie von Blume
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[340/0352] Werner barkeit, mit der Venezuela von der Natur geſegnet iſt. Was die Tropen an nutzbaren Bäumen, Sträuchern und Früchten bieten, das findet ſich hier in wunderbarer Fülle und Mannich- faltigkeit vereinigt. Kaffee, Zucker, Cacao, Baumwolle, Indigo, Vanille, Brodfrucht, Banane, Guave und hundert andere Pro- ducte der heißen Zone wachſen in größter Ueppigkeit und er- freuen das Auge. Am meiſten wird jedoch Kaffee gebaut, der unter den zu dieſem Zwecke angepflanzten und ihn gegen die Sonnenſtrahlen ſchützenden Schattenbäumen vorzugsweiſe gedeiht und den Haupt- ausfuhrartikel von Puerto Cabello bildet. Parallel dem Fluſſe läuft eine breite und ſehr gut gehaltene Fahrſtraße, zu deren beiden Seiten die Landhäuſer der Fremden, umgeben von Gärten, liegen. Sie zeichnen ſich weniger durch ſchönen Bauſtyl aus, als durch tropiſchen Comfort, der darin gipfelt, daß die Zimmer möglichſt kühl ſind und der Wind überall freien Zu- tritt hat. Wir empfanden keine übermäßige Hitze, und im Winter iſt das Klima von Puerto Cabello überhaupt ein höchſt angenehmes, ſo daß wir während des Tages, ſelbſt zur Mittags- zeit, in der Umgebung von Eſteban umherſtreiften, ohne durch die Sonne zu ſehr beläſtigt zu werden. So reich und mannichfaltig wie die Flora iſt auch die Fauna in dem Thale vertreten, namentlich an Vögeln und Schmetterlingen, die an Farbenpracht mit einander wetteifern. Hunderte von Kolibris ſchweben über den Blüthenkelchen der Orchideen, die wie Feſtons von den Zweigen der Bäume herab- hängen, und ſie ſind ſo wenig ſcheu, daß ſie ſich von den Menſchen aus nächſter Nähe beobachten laſſen. Der metalliſche Glanz ihres Gefieders blitzt und leuchtet in den Strahlen der Sonne wie Edel- geſtein, bald wie Diamant, bald wie Topas, Rubin oder Smaragd, je nachdem das Licht darauf fällt; man wird nicht müde, dem Spiele der reizenden Thierchen zuzuſchauen, wie ſie von Blume zu Blume huſchen, um duftenden Honig aus ihnen zu ſaugen.

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/352>, abgerufen am 22.11.2024.