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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Nach Westindien und dem Mittelmeer
endlichen Fruchtbarkeit, die bei der geringsten Pflege des Bodens
hundertfachen Ertrag liefert, mit seinem Reichthum an edlen
und nützlichen Metallen, seinen großartigen Waldungen der
werthvollsten Holzarten mit Millionen Hectaren culturfähigen
aber unbebaut liegenden Landes, mit seinen Llanos, auf denen
unzählbare Viehheerden üppige Weide finden -- und wenn
man daran denkt, daß eine Fläche von über 800 Quadratmeilen
dieses gesegneten Striches fast drei Jahrzehnte lang in deutschem
Besitze war, dann kann man ein Gefühl wehmüthiger Trauer
nicht unterdrücken, daß ein solcher Schatz für Deutschland und
zwar durch eigene Schuld seiner damaligen Besitzer wieder ver-
loren gehen mußte. Was hätte aus diesem Lande bei ver-
ständiger Colonisation und rationeller Ausbeutung seiner Boden-
erzeugnisse und Mineralschätze gemacht werden können, welche
unversiegbare Quelle nationalen Wohlstandes und Reichthumes
hätte sich für Deutschland daraus schaffen lassen!

Im Jahre 1528 gab Kaiser Karl V. Venezuela den
Augsburger Welsern, welchen er große Summen schuldete, zum
castilischen Erblehn. Das abgetretene Land erstreckte sich zwi-
schen Cap Maracapanos und de la Vela und dem 10. und 12.
Grade nördlicher Breite in einer Länge von 200 Leguas bis
zum See von Maracaibo und schloß den reichsten und frucht-
barsten Theil der jetzigen Republik ein.

Ambrosius Dalfinger, Geschäftsträger der Welser in Madrid,
segelte 1529 mit 400 deutschen und spanischen Soldaten und
achtzig Pferden von Spanien aus über den Ocean, um das
Lehn für seine Herren in Besitz zu nehmen. Er machte Züge
in das Innere, gründete auch eine Niederlassung an der Grenze
von Neu-Granada, allein die krankhafte Sucht nach Auffindung
von Gold und Silber, welche damals Alle beherrschte, die nach
Amerika zogen, ließ auch ihm keine Ruhe. Anstatt zu coloni-
siren, streifte er mit seinen Truppen in den Cordilleren umher,
wo er Minen zu finden hoffte, und gerieth in verderbliche

Nach Weſtindien und dem Mittelmeer
endlichen Fruchtbarkeit, die bei der geringſten Pflege des Bodens
hundertfachen Ertrag liefert, mit ſeinem Reichthum an edlen
und nützlichen Metallen, ſeinen großartigen Waldungen der
werthvollſten Holzarten mit Millionen Hectaren culturfähigen
aber unbebaut liegenden Landes, mit ſeinen Llanos, auf denen
unzählbare Viehheerden üppige Weide finden — und wenn
man daran denkt, daß eine Fläche von über 800 Quadratmeilen
dieſes geſegneten Striches faſt drei Jahrzehnte lang in deutſchem
Beſitze war, dann kann man ein Gefühl wehmüthiger Trauer
nicht unterdrücken, daß ein ſolcher Schatz für Deutſchland und
zwar durch eigene Schuld ſeiner damaligen Beſitzer wieder ver-
loren gehen mußte. Was hätte aus dieſem Lande bei ver-
ſtändiger Coloniſation und rationeller Ausbeutung ſeiner Boden-
erzeugniſſe und Mineralſchätze gemacht werden können, welche
unverſiegbare Quelle nationalen Wohlſtandes und Reichthumes
hätte ſich für Deutſchland daraus ſchaffen laſſen!

Im Jahre 1528 gab Kaiſer Karl V. Venezuela den
Augsburger Welſern, welchen er große Summen ſchuldete, zum
caſtiliſchen Erblehn. Das abgetretene Land erſtreckte ſich zwi-
ſchen Cap Maracapanos und de la Vela und dem 10. und 12.
Grade nördlicher Breite in einer Länge von 200 Leguas bis
zum See von Maracaibo und ſchloß den reichſten und frucht-
barſten Theil der jetzigen Republik ein.

Ambroſius Dalfinger, Geſchäftsträger der Welſer in Madrid,
ſegelte 1529 mit 400 deutſchen und ſpaniſchen Soldaten und
achtzig Pferden von Spanien aus über den Ocean, um das
Lehn für ſeine Herren in Beſitz zu nehmen. Er machte Züge
in das Innere, gründete auch eine Niederlaſſung an der Grenze
von Neu-Granada, allein die krankhafte Sucht nach Auffindung
von Gold und Silber, welche damals Alle beherrſchte, die nach
Amerika zogen, ließ auch ihm keine Ruhe. Anſtatt zu coloni-
ſiren, ſtreifte er mit ſeinen Truppen in den Cordilleren umher,
wo er Minen zu finden hoffte, und gerieth in verderbliche

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[335/0347] Nach Weſtindien und dem Mittelmeer endlichen Fruchtbarkeit, die bei der geringſten Pflege des Bodens hundertfachen Ertrag liefert, mit ſeinem Reichthum an edlen und nützlichen Metallen, ſeinen großartigen Waldungen der werthvollſten Holzarten mit Millionen Hectaren culturfähigen aber unbebaut liegenden Landes, mit ſeinen Llanos, auf denen unzählbare Viehheerden üppige Weide finden — und wenn man daran denkt, daß eine Fläche von über 800 Quadratmeilen dieſes geſegneten Striches faſt drei Jahrzehnte lang in deutſchem Beſitze war, dann kann man ein Gefühl wehmüthiger Trauer nicht unterdrücken, daß ein ſolcher Schatz für Deutſchland und zwar durch eigene Schuld ſeiner damaligen Beſitzer wieder ver- loren gehen mußte. Was hätte aus dieſem Lande bei ver- ſtändiger Coloniſation und rationeller Ausbeutung ſeiner Boden- erzeugniſſe und Mineralſchätze gemacht werden können, welche unverſiegbare Quelle nationalen Wohlſtandes und Reichthumes hätte ſich für Deutſchland daraus ſchaffen laſſen! Im Jahre 1528 gab Kaiſer Karl V. Venezuela den Augsburger Welſern, welchen er große Summen ſchuldete, zum caſtiliſchen Erblehn. Das abgetretene Land erſtreckte ſich zwi- ſchen Cap Maracapanos und de la Vela und dem 10. und 12. Grade nördlicher Breite in einer Länge von 200 Leguas bis zum See von Maracaibo und ſchloß den reichſten und frucht- barſten Theil der jetzigen Republik ein. Ambroſius Dalfinger, Geſchäftsträger der Welſer in Madrid, ſegelte 1529 mit 400 deutſchen und ſpaniſchen Soldaten und achtzig Pferden von Spanien aus über den Ocean, um das Lehn für ſeine Herren in Beſitz zu nehmen. Er machte Züge in das Innere, gründete auch eine Niederlaſſung an der Grenze von Neu-Granada, allein die krankhafte Sucht nach Auffindung von Gold und Silber, welche damals Alle beherrſchte, die nach Amerika zogen, ließ auch ihm keine Ruhe. Anſtatt zu coloni- ſiren, ſtreifte er mit ſeinen Truppen in den Cordilleren umher, wo er Minen zu finden hoffte, und gerieth in verderbliche

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/347>, abgerufen am 25.11.2024.