Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

Werner
uns eine besondere Ehre sein, Sie in unserer Messe bewill-
kommen zu dürfen."

"Himmel!" ruft Rosenstock, "da kommt Damenbesuch,
Meyer führt umher; was sollen wir anfangen?"

Der unglückliche Böhrs entkleidet und mit den eingesalbten
Füßen, glaubt in die Erde sinken zu müssen und sieht sich
hülflos nach den Kameraden um. In diesem Augenblicke wird
an die Thür geklopft.

"Unter den Tisch, unter den Tisch!" commandirt Fahren-
holz. Es ist der einzige Platz, wo Böhrs sich verbergen kann,
und er gehorcht instinktmäßig; seine Kleider werden ihm nachge-
worfen und das noch vom Frühstück her liegende Tischtuch als
schützender Vorhang etwas mehr heruntergezogen. Auf das in-
zwischen gerufene "Herein" öffnet sich die Thür und der kleine
Meyer nöthigt mit vielen Verbeugungen die von ihm geführte
Gesellschaft in die Messe. Es sind Bremerhafener Bekannte
und mehrere allerliebste junge Tamen dabei, mit denen die
Seejunker auf dem letzten Balle getanzt haben. Meyer ladet
sie daher unbefangen ein, etwas Platz zu nehmen, und weiß
die Rippenstöße nicht zu deuten, die er deshalb von einigen
Kameraden erhält.

"Ist Herr Böhrs nicht an Bord?" fragt eine der jungen
Damen. "Er war bei dem letzten Balle mein Cotillontänzer
und ich habe mich so gut mit ihm unterhalten."

"Er wird sehr bedauern, sich Ihnen nicht vorstellen zu
können, mein gnädiges Fräulein," nimmt Fahrenholz das Wort,
"er ist aber im Augenblick etwas unpäßlich."

"Wie schade! Was fehlt ihm denn?"

"Oh, gerade nichts Bedenkliches. Er hatte nur etwas
Rheumatismus in den Füßen; da ist ihm, kurz bevor Sie
kamen, eine Einreibung verordnet und er hat sich auf kurze
Zeit hinlegen müssen."

Wol eine halbe Stunde lang bleibt die Gesellschaft --

Werner
uns eine beſondere Ehre ſein, Sie in unſerer Meſſe bewill-
kommen zu dürfen.“

„Himmel!“ ruft Roſenſtock, „da kommt Damenbeſuch,
Meyer führt umher; was ſollen wir anfangen?“

Der unglückliche Böhrs entkleidet und mit den eingeſalbten
Füßen, glaubt in die Erde ſinken zu müſſen und ſieht ſich
hülflos nach den Kameraden um. In dieſem Augenblicke wird
an die Thür geklopft.

„Unter den Tiſch, unter den Tiſch!“ commandirt Fahren-
holz. Es iſt der einzige Platz, wo Böhrs ſich verbergen kann,
und er gehorcht inſtinktmäßig; ſeine Kleider werden ihm nachge-
worfen und das noch vom Frühſtück her liegende Tiſchtuch als
ſchützender Vorhang etwas mehr heruntergezogen. Auf das in-
zwiſchen gerufene „Herein“ öffnet ſich die Thür und der kleine
Meyer nöthigt mit vielen Verbeugungen die von ihm geführte
Geſellſchaft in die Meſſe. Es ſind Bremerhafener Bekannte
und mehrere allerliebſte junge Tamen dabei, mit denen die
Seejunker auf dem letzten Balle getanzt haben. Meyer ladet
ſie daher unbefangen ein, etwas Platz zu nehmen, und weiß
die Rippenſtöße nicht zu deuten, die er deshalb von einigen
Kameraden erhält.

„Iſt Herr Böhrs nicht an Bord?“ fragt eine der jungen
Damen. „Er war bei dem letzten Balle mein Cotillontänzer
und ich habe mich ſo gut mit ihm unterhalten.“

„Er wird ſehr bedauern, ſich Ihnen nicht vorſtellen zu
können, mein gnädiges Fräulein,“ nimmt Fahrenholz das Wort,
„er iſt aber im Augenblick etwas unpäßlich.“

„Wie ſchade! Was fehlt ihm denn?“

„Oh, gerade nichts Bedenkliches. Er hatte nur etwas
Rheumatismus in den Füßen; da iſt ihm, kurz bevor Sie
kamen, eine Einreibung verordnet und er hat ſich auf kurze
Zeit hinlegen müſſen.“

Wol eine halbe Stunde lang bleibt die Geſellſchaft —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0314" n="302"/><fw place="top" type="header">Werner</fw><lb/>
uns eine be&#x017F;ondere Ehre &#x017F;ein, Sie in un&#x017F;erer Me&#x017F;&#x017F;e bewill-<lb/>
kommen zu dürfen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Himmel!&#x201C; ruft Ro&#x017F;en&#x017F;tock, &#x201E;da kommt Damenbe&#x017F;uch,<lb/>
Meyer führt umher; was &#x017F;ollen wir anfangen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der unglückliche Böhrs entkleidet und mit den einge&#x017F;albten<lb/>
Füßen, glaubt in die Erde &#x017F;inken zu mü&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ieht &#x017F;ich<lb/>
hülflos nach den Kameraden um. In die&#x017F;em Augenblicke wird<lb/>
an die Thür geklopft.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Unter den Ti&#x017F;ch, unter den Ti&#x017F;ch!&#x201C; commandirt Fahren-<lb/>
holz. Es i&#x017F;t der einzige Platz, wo Böhrs &#x017F;ich verbergen kann,<lb/>
und er gehorcht in&#x017F;tinktmäßig; &#x017F;eine Kleider werden ihm nachge-<lb/>
worfen und das noch vom Früh&#x017F;tück her liegende Ti&#x017F;chtuch als<lb/>
&#x017F;chützender Vorhang etwas mehr heruntergezogen. Auf das in-<lb/>
zwi&#x017F;chen gerufene &#x201E;Herein&#x201C; öffnet &#x017F;ich die Thür und der kleine<lb/>
Meyer nöthigt mit vielen Verbeugungen die von ihm geführte<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in die Me&#x017F;&#x017F;e. Es &#x017F;ind Bremerhafener Bekannte<lb/>
und mehrere allerlieb&#x017F;te junge Tamen dabei, mit denen die<lb/>
Seejunker auf dem letzten Balle getanzt haben. Meyer ladet<lb/>
&#x017F;ie daher unbefangen ein, etwas Platz zu nehmen, und weiß<lb/>
die Rippen&#x017F;töße nicht zu deuten, die er deshalb von einigen<lb/>
Kameraden erhält.</p><lb/>
        <p>&#x201E;I&#x017F;t Herr Böhrs nicht an Bord?&#x201C; fragt eine der jungen<lb/>
Damen. &#x201E;Er war bei dem letzten Balle mein Cotillontänzer<lb/>
und ich habe mich &#x017F;o gut mit ihm unterhalten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er wird &#x017F;ehr bedauern, &#x017F;ich Ihnen nicht vor&#x017F;tellen zu<lb/>
können, mein gnädiges Fräulein,&#x201C; nimmt Fahrenholz das Wort,<lb/>
&#x201E;er i&#x017F;t aber im Augenblick etwas unpäßlich.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie &#x017F;chade! Was fehlt ihm denn?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Oh, gerade nichts Bedenkliches. Er hatte nur etwas<lb/>
Rheumatismus in den Füßen; da i&#x017F;t ihm, kurz bevor Sie<lb/>
kamen, eine Einreibung verordnet und er hat &#x017F;ich auf kurze<lb/>
Zeit hinlegen mü&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Wol eine halbe Stunde lang bleibt die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x2014;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0314] Werner uns eine beſondere Ehre ſein, Sie in unſerer Meſſe bewill- kommen zu dürfen.“ „Himmel!“ ruft Roſenſtock, „da kommt Damenbeſuch, Meyer führt umher; was ſollen wir anfangen?“ Der unglückliche Böhrs entkleidet und mit den eingeſalbten Füßen, glaubt in die Erde ſinken zu müſſen und ſieht ſich hülflos nach den Kameraden um. In dieſem Augenblicke wird an die Thür geklopft. „Unter den Tiſch, unter den Tiſch!“ commandirt Fahren- holz. Es iſt der einzige Platz, wo Böhrs ſich verbergen kann, und er gehorcht inſtinktmäßig; ſeine Kleider werden ihm nachge- worfen und das noch vom Frühſtück her liegende Tiſchtuch als ſchützender Vorhang etwas mehr heruntergezogen. Auf das in- zwiſchen gerufene „Herein“ öffnet ſich die Thür und der kleine Meyer nöthigt mit vielen Verbeugungen die von ihm geführte Geſellſchaft in die Meſſe. Es ſind Bremerhafener Bekannte und mehrere allerliebſte junge Tamen dabei, mit denen die Seejunker auf dem letzten Balle getanzt haben. Meyer ladet ſie daher unbefangen ein, etwas Platz zu nehmen, und weiß die Rippenſtöße nicht zu deuten, die er deshalb von einigen Kameraden erhält. „Iſt Herr Böhrs nicht an Bord?“ fragt eine der jungen Damen. „Er war bei dem letzten Balle mein Cotillontänzer und ich habe mich ſo gut mit ihm unterhalten.“ „Er wird ſehr bedauern, ſich Ihnen nicht vorſtellen zu können, mein gnädiges Fräulein,“ nimmt Fahrenholz das Wort, „er iſt aber im Augenblick etwas unpäßlich.“ „Wie ſchade! Was fehlt ihm denn?“ „Oh, gerade nichts Bedenkliches. Er hatte nur etwas Rheumatismus in den Füßen; da iſt ihm, kurz bevor Sie kamen, eine Einreibung verordnet und er hat ſich auf kurze Zeit hinlegen müſſen.“ Wol eine halbe Stunde lang bleibt die Geſellſchaft —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/314
Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/314>, abgerufen am 22.11.2024.