Sie müssen mir zugeben, meine Herren, daß das für einen Vogel alles mögliche ist, und wenn ich nicht Alles erlebt hätte, würde ich es selbst kaum glauben. Sie können sich daher auch denken, wie schwer es mir werden mußte, mich von ihm zu trennen."
"Heute haben Sie sich selbst übertroffen, Mathy," sagte Fähnrich Fix, während allgemeine Heiterkeit laut wurde. "Das geht noch über den Thomas a Kempis."
"Und über das Aussegeln des Sturmes," fügte der Zahl- meister hinzu.
"Very funny, indeed!" bekräftigte Mr. Roberts.
Frank schüttelte nur schweigend den Kopf; er überzeugte sich endgültig, daß er einem solchen Rivalen im Erzählen nicht gewachsen sei.
"Ja, meine Herren," erwiderte Mathy gleichmüthig, "wenn man so viel in der Welt herumgekommen ist, wie ich, dann er- lebt man auch viel und darunter mancherlei, das im ersten Augenblicke wunderbar klingt, aber nichtsdestoweniger thatsäch- lich ist. Denken Sie an Flambergs Buch: "Es geschieht bis- weilen Mehreres, als der Mensch begreifen kann.""
Jean, der Steward, meldete jetzt, daß das Abendessen servirt sei, und die Gesellschaft brach auf, um sich wieder in die Messe zu begeben. Das Plauderstündchen war für heute vor- bei, aber Mathy's Vorrath an "Erlebnissen" noch lange nicht erschöpft. Wir haben später noch oft davon gehört und dar- über gelacht.
Ernſtes und Heiteres
Sie müſſen mir zugeben, meine Herren, daß das für einen Vogel alles mögliche iſt, und wenn ich nicht Alles erlebt hätte, würde ich es ſelbſt kaum glauben. Sie können ſich daher auch denken, wie ſchwer es mir werden mußte, mich von ihm zu trennen.“
„Heute haben Sie ſich ſelbſt übertroffen, Mathy,“ ſagte Fähnrich Fix, während allgemeine Heiterkeit laut wurde. „Das geht noch über den Thomas a Kempis.“
„Und über das Ausſegeln des Sturmes,“ fügte der Zahl- meiſter hinzu.
„Very funny, indeed!“ bekräftigte Mr. Roberts.
Frank ſchüttelte nur ſchweigend den Kopf; er überzeugte ſich endgültig, daß er einem ſolchen Rivalen im Erzählen nicht gewachſen ſei.
„Ja, meine Herren,“ erwiderte Mathy gleichmüthig, „wenn man ſo viel in der Welt herumgekommen iſt, wie ich, dann er- lebt man auch viel und darunter mancherlei, das im erſten Augenblicke wunderbar klingt, aber nichtsdeſtoweniger thatſäch- lich iſt. Denken Sie an Flambergs Buch: „Es geſchieht bis- weilen Mehreres, als der Menſch begreifen kann.““
Jean, der Steward, meldete jetzt, daß das Abendeſſen ſervirt ſei, und die Geſellſchaft brach auf, um ſich wieder in die Meſſe zu begeben. Das Plauderſtündchen war für heute vor- bei, aber Mathy’s Vorrath an „Erlebniſſen“ noch lange nicht erſchöpft. Wir haben ſpäter noch oft davon gehört und dar- über gelacht.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0297"n="285"/><fwplace="top"type="header">Ernſtes und Heiteres</fw><lb/><p>Sie müſſen mir zugeben, meine Herren, daß das für einen<lb/>
Vogel alles mögliche iſt, und wenn ich nicht Alles erlebt hätte,<lb/>
würde ich es ſelbſt kaum glauben. Sie können ſich daher auch<lb/>
denken, wie ſchwer es mir werden mußte, mich von ihm zu<lb/>
trennen.“</p><lb/><p>„Heute haben Sie ſich ſelbſt übertroffen, Mathy,“ſagte<lb/>
Fähnrich Fix, während allgemeine Heiterkeit laut wurde. „Das<lb/>
geht noch über den Thomas a Kempis.“</p><lb/><p>„Und über das Ausſegeln des Sturmes,“ fügte der Zahl-<lb/>
meiſter hinzu.</p><lb/><p><hirendition="#aq">„Very funny, indeed!“</hi> bekräftigte Mr. Roberts.</p><lb/><p>Frank ſchüttelte nur ſchweigend den Kopf; er überzeugte<lb/>ſich endgültig, daß er einem ſolchen Rivalen im Erzählen nicht<lb/>
gewachſen ſei.</p><lb/><p>„Ja, meine Herren,“ erwiderte Mathy gleichmüthig, „wenn<lb/>
man ſo viel in der Welt herumgekommen iſt, wie ich, dann er-<lb/>
lebt man auch viel und darunter mancherlei, das im erſten<lb/>
Augenblicke wunderbar klingt, aber nichtsdeſtoweniger thatſäch-<lb/>
lich iſt. Denken Sie an Flambergs Buch: „Es geſchieht bis-<lb/>
weilen Mehreres, als der Menſch begreifen kann.““</p><lb/><p>Jean, der Steward, meldete jetzt, daß das Abendeſſen<lb/>ſervirt ſei, und die Geſellſchaft brach auf, um ſich wieder in die<lb/>
Meſſe zu begeben. Das Plauderſtündchen war für heute vor-<lb/>
bei, aber Mathy’s Vorrath an „Erlebniſſen“ noch lange nicht<lb/>
erſchöpft. Wir haben ſpäter noch oft davon gehört und dar-<lb/>
über gelacht.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[285/0297]
Ernſtes und Heiteres
Sie müſſen mir zugeben, meine Herren, daß das für einen
Vogel alles mögliche iſt, und wenn ich nicht Alles erlebt hätte,
würde ich es ſelbſt kaum glauben. Sie können ſich daher auch
denken, wie ſchwer es mir werden mußte, mich von ihm zu
trennen.“
„Heute haben Sie ſich ſelbſt übertroffen, Mathy,“ ſagte
Fähnrich Fix, während allgemeine Heiterkeit laut wurde. „Das
geht noch über den Thomas a Kempis.“
„Und über das Ausſegeln des Sturmes,“ fügte der Zahl-
meiſter hinzu.
„Very funny, indeed!“ bekräftigte Mr. Roberts.
Frank ſchüttelte nur ſchweigend den Kopf; er überzeugte
ſich endgültig, daß er einem ſolchen Rivalen im Erzählen nicht
gewachſen ſei.
„Ja, meine Herren,“ erwiderte Mathy gleichmüthig, „wenn
man ſo viel in der Welt herumgekommen iſt, wie ich, dann er-
lebt man auch viel und darunter mancherlei, das im erſten
Augenblicke wunderbar klingt, aber nichtsdeſtoweniger thatſäch-
lich iſt. Denken Sie an Flambergs Buch: „Es geſchieht bis-
weilen Mehreres, als der Menſch begreifen kann.““
Jean, der Steward, meldete jetzt, daß das Abendeſſen
ſervirt ſei, und die Geſellſchaft brach auf, um ſich wieder in die
Meſſe zu begeben. Das Plauderſtündchen war für heute vor-
bei, aber Mathy’s Vorrath an „Erlebniſſen“ noch lange nicht
erſchöpft. Wir haben ſpäter noch oft davon gehört und dar-
über gelacht.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/297>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.