"Paßt auf! Jetzt geht er über Stag; ich wette, er liegt auf vier Strich am Winde!"
"Richtig, jetzt ist er herum; er kreuzt wahrhaftig im rechten Winkel!"
"Welch' ein prachtvolles Fahrzeug!"
Diese und ähnliche Bemerkungen tönten von allen Seiten und zeigten, wie lebhaft die Erscheinung des schönen Schiffes das fachmännische Interesse fesselte.
Nachdem der Schuner gewendet, zeigte er den Nachblicken- den sein Heck, auf dem in goldenen Buchstaben Name und Heimathsort stand.
Mathy hatte das Fernrohr genommen, um den Namen zu lesen. "Dachte ich's mir doch, daß er es sein mußte!" rief er aus, "das ist der "Grey-Hound" von New-Orleans, meine Herren, ich kenne ihn, denn ich habe auf seinem Schwester- schiffe, dem "Bugbear", zwei Jahre gefahren und mit ihm ver- schiedene Reisen nach Archangel und St. Petersburg gemacht. Ja," fuhr er wie begeistert fort, "das sind Schiffe, wie man sie wol nicht wieder trifft. Sie segeln nicht, sie fliegen, und bei dem schlechtesten Wetter liegen sie so ruhig, daß man Flaschen und Gläser getrost auf den polirten Tischen stehen lassen kann."
"Wenn man sie festhält," äußerte malitiös Frank, der die Gelegenheit wahrnahm, um für den stets abgeschnittenen Faden eine kleine Rache zu nehmen und die Lacher auf seine Seite zu bringen. Er hatte Mr. Roberts seine Geschichte glück- lich beigebracht und sich den Uebrigen wieder angeschlossen.
"Pah! diese Klipper kommen doch nicht gegen die "Luise" auf," fuhr er, um den errungenen Vortheil auszubeuten, schnell fort; "das ist ein Fruchtjager, meine Herren, auf dem ich ge- fahren. Wissen Sie, den hatte der bekannte Schiffsbaumeister Randow in Stettin gebaut und die Amerikaner haben ihn zum Modell genommen, reichen ihm aber nicht das Wasser. In
Werner
„Paßt auf! Jetzt geht er über Stag; ich wette, er liegt auf vier Strich am Winde!“
„Richtig, jetzt iſt er herum; er kreuzt wahrhaftig im rechten Winkel!“
„Welch’ ein prachtvolles Fahrzeug!“
Dieſe und ähnliche Bemerkungen tönten von allen Seiten und zeigten, wie lebhaft die Erſcheinung des ſchönen Schiffes das fachmänniſche Intereſſe feſſelte.
Nachdem der Schuner gewendet, zeigte er den Nachblicken- den ſein Heck, auf dem in goldenen Buchſtaben Name und Heimathsort ſtand.
Mathy hatte das Fernrohr genommen, um den Namen zu leſen. „Dachte ich’s mir doch, daß er es ſein mußte!“ rief er aus, „das iſt der „Grey-Hound“ von New-Orleans, meine Herren, ich kenne ihn, denn ich habe auf ſeinem Schweſter- ſchiffe, dem „Bugbear“, zwei Jahre gefahren und mit ihm ver- ſchiedene Reiſen nach Archangel und St. Petersburg gemacht. Ja,“ fuhr er wie begeiſtert fort, „das ſind Schiffe, wie man ſie wol nicht wieder trifft. Sie ſegeln nicht, ſie fliegen, und bei dem ſchlechteſten Wetter liegen ſie ſo ruhig, daß man Flaſchen und Gläſer getroſt auf den polirten Tiſchen ſtehen laſſen kann.“
„Wenn man ſie feſthält,“ äußerte malitiös Frank, der die Gelegenheit wahrnahm, um für den ſtets abgeſchnittenen Faden eine kleine Rache zu nehmen und die Lacher auf ſeine Seite zu bringen. Er hatte Mr. Roberts ſeine Geſchichte glück- lich beigebracht und ſich den Uebrigen wieder angeſchloſſen.
„Pah! dieſe Klipper kommen doch nicht gegen die „Luiſe“ auf,“ fuhr er, um den errungenen Vortheil auszubeuten, ſchnell fort; „das iſt ein Fruchtjager, meine Herren, auf dem ich ge- fahren. Wiſſen Sie, den hatte der bekannte Schiffsbaumeiſter Randow in Stettin gebaut und die Amerikaner haben ihn zum Modell genommen, reichen ihm aber nicht das Waſſer. In
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0288"n="276"/><fwplace="top"type="header">Werner</fw><lb/><p>„Paßt auf! Jetzt geht er über Stag; ich wette, er liegt<lb/>
auf vier Strich am Winde!“</p><lb/><p>„Richtig, jetzt iſt er herum; er kreuzt wahrhaftig im rechten<lb/>
Winkel!“</p><lb/><p>„Welch’ ein prachtvolles Fahrzeug!“</p><lb/><p>Dieſe und ähnliche Bemerkungen tönten von allen Seiten<lb/>
und zeigten, wie lebhaft die Erſcheinung des ſchönen Schiffes<lb/>
das fachmänniſche Intereſſe feſſelte.</p><lb/><p>Nachdem der Schuner gewendet, zeigte er den Nachblicken-<lb/>
den ſein Heck, auf dem in goldenen Buchſtaben Name und<lb/>
Heimathsort ſtand.</p><lb/><p>Mathy hatte das Fernrohr genommen, um den Namen<lb/>
zu leſen. „Dachte ich’s mir doch, daß er es ſein mußte!“<lb/>
rief er aus, „das iſt der „Grey-Hound“ von New-Orleans,<lb/>
meine Herren, ich kenne ihn, denn ich habe auf ſeinem Schweſter-<lb/>ſchiffe, dem „Bugbear“, zwei Jahre gefahren und mit ihm ver-<lb/>ſchiedene Reiſen nach Archangel und St. Petersburg gemacht.<lb/>
Ja,“ fuhr er wie begeiſtert fort, „das ſind Schiffe, wie man<lb/>ſie wol nicht wieder trifft. Sie ſegeln nicht, ſie fliegen, und<lb/>
bei dem ſchlechteſten Wetter liegen ſie ſo ruhig, daß man<lb/>
Flaſchen und Gläſer getroſt auf den polirten Tiſchen ſtehen<lb/>
laſſen kann.“</p><lb/><p>„Wenn man ſie feſthält,“ äußerte malitiös Frank, der<lb/>
die Gelegenheit wahrnahm, um für den ſtets abgeſchnittenen<lb/>
Faden eine kleine Rache zu nehmen und die Lacher auf ſeine<lb/>
Seite zu bringen. Er hatte Mr. Roberts ſeine Geſchichte glück-<lb/>
lich beigebracht und ſich den Uebrigen wieder angeſchloſſen.</p><lb/><p>„Pah! dieſe Klipper kommen doch nicht gegen die „Luiſe“<lb/>
auf,“ fuhr er, um den errungenen Vortheil auszubeuten, ſchnell<lb/>
fort; „das iſt ein Fruchtjager, meine Herren, auf dem ich ge-<lb/>
fahren. Wiſſen Sie, den hatte der bekannte Schiffsbaumeiſter<lb/>
Randow in Stettin gebaut und die Amerikaner haben ihn zum<lb/>
Modell genommen, reichen ihm aber nicht das Waſſer. In<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[276/0288]
Werner
„Paßt auf! Jetzt geht er über Stag; ich wette, er liegt
auf vier Strich am Winde!“
„Richtig, jetzt iſt er herum; er kreuzt wahrhaftig im rechten
Winkel!“
„Welch’ ein prachtvolles Fahrzeug!“
Dieſe und ähnliche Bemerkungen tönten von allen Seiten
und zeigten, wie lebhaft die Erſcheinung des ſchönen Schiffes
das fachmänniſche Intereſſe feſſelte.
Nachdem der Schuner gewendet, zeigte er den Nachblicken-
den ſein Heck, auf dem in goldenen Buchſtaben Name und
Heimathsort ſtand.
Mathy hatte das Fernrohr genommen, um den Namen
zu leſen. „Dachte ich’s mir doch, daß er es ſein mußte!“
rief er aus, „das iſt der „Grey-Hound“ von New-Orleans,
meine Herren, ich kenne ihn, denn ich habe auf ſeinem Schweſter-
ſchiffe, dem „Bugbear“, zwei Jahre gefahren und mit ihm ver-
ſchiedene Reiſen nach Archangel und St. Petersburg gemacht.
Ja,“ fuhr er wie begeiſtert fort, „das ſind Schiffe, wie man
ſie wol nicht wieder trifft. Sie ſegeln nicht, ſie fliegen, und
bei dem ſchlechteſten Wetter liegen ſie ſo ruhig, daß man
Flaſchen und Gläſer getroſt auf den polirten Tiſchen ſtehen
laſſen kann.“
„Wenn man ſie feſthält,“ äußerte malitiös Frank, der
die Gelegenheit wahrnahm, um für den ſtets abgeſchnittenen
Faden eine kleine Rache zu nehmen und die Lacher auf ſeine
Seite zu bringen. Er hatte Mr. Roberts ſeine Geſchichte glück-
lich beigebracht und ſich den Uebrigen wieder angeſchloſſen.
„Pah! dieſe Klipper kommen doch nicht gegen die „Luiſe“
auf,“ fuhr er, um den errungenen Vortheil auszubeuten, ſchnell
fort; „das iſt ein Fruchtjager, meine Herren, auf dem ich ge-
fahren. Wiſſen Sie, den hatte der bekannte Schiffsbaumeiſter
Randow in Stettin gebaut und die Amerikaner haben ihn zum
Modell genommen, reichen ihm aber nicht das Waſſer. In
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/288>, abgerufen am 28.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.