sinnigen zu thun, in das Zwischendeck und die übrigen Kranken hinter ihm her.
"Siehst Du, College," rief Bell lachend dem ganz perplex dastehenden Ascheberg zu, "wie probat mein Mittel ist! Alles auf einmal curirt; das kenne ich von Holland her -- lauter Simulanten die Kerle. Ich weiß mit ihnen umzugehen, ha, ha! alles -- Si -- mu -- lan --"
Das letzte Wort kam nur noch in Gurgeltönen zu Tage, dann sank Bell auf die Bank, wo der Kranke gelegen, und verfiel in einen Todtenschlaf.
Ein lautschallendes Gelächter veranlaßte den drastischen Erzähler, eine kleine Pause zu machen. "Was sagte denn aber Ascheberg zu dem Experiment?" fragte Fähnrich Neuland, als wieder etwas Ruhe eintrat.
"Nun er war völlig außer sich, da Sie ja wissen, wie ungemein besorgt er um seine Kranken ist, und hat Bell radical die Freundschaft gekündigt. Uebrigens hörte ich heute, daß dieser selbst von seiner gestrigen Kur sehr angegriffen ist. Sein Kapi- tän hat ihm heute Morgen deshalb in Gegenwart des ersten Officiers gerathen, acht Tage lang seine Kammer zu hüten, und zwar soll dies infolge eines Schreibens vom Admiral geschehen sein, der also wol Kenntniß von dem sonderbaren Heilverfahren erhalten haben muß."
Der Bootsmannsmaat der Wache pfiff die Seite, und die Ankunft eines Officiers unterbrach einen Augenblick die Unter- haltung.
"Ah, guten Abend Flamberg, wie geht es Ihnen? das ist nett, daß Sie sich einmal wieder sehen lassen!" tönte es ihm von allen Seiten entgegen, und die Bewillkommnung zeigte, ein wie gern gesehener Kamerad der Neuangekommene sein mußte. Er war Lieutenant bei den Marinieren, wie damals die Seesoldaten hießen, und ein fideles Haus, dessen Humor jede gesellige Unterhaltung, an der er sich betheiligte, zu würzen
Ernſtes und Heiteres
ſinnigen zu thun, in das Zwiſchendeck und die übrigen Kranken hinter ihm her.
„Siehſt Du, College,“ rief Bell lachend dem ganz perplex daſtehenden Aſcheberg zu, „wie probat mein Mittel iſt! Alles auf einmal curirt; das kenne ich von Holland her — lauter Simulanten die Kerle. Ich weiß mit ihnen umzugehen, ha, ha! alles — Si — mu — lan —“
Das letzte Wort kam nur noch in Gurgeltönen zu Tage, dann ſank Bell auf die Bank, wo der Kranke gelegen, und verfiel in einen Todtenſchlaf.
Ein lautſchallendes Gelächter veranlaßte den draſtiſchen Erzähler, eine kleine Pauſe zu machen. „Was ſagte denn aber Aſcheberg zu dem Experiment?“ fragte Fähnrich Neuland, als wieder etwas Ruhe eintrat.
„Nun er war völlig außer ſich, da Sie ja wiſſen, wie ungemein beſorgt er um ſeine Kranken iſt, und hat Bell radical die Freundſchaft gekündigt. Uebrigens hörte ich heute, daß dieſer ſelbſt von ſeiner geſtrigen Kur ſehr angegriffen iſt. Sein Kapi- tän hat ihm heute Morgen deshalb in Gegenwart des erſten Officiers gerathen, acht Tage lang ſeine Kammer zu hüten, und zwar ſoll dies infolge eines Schreibens vom Admiral geſchehen ſein, der alſo wol Kenntniß von dem ſonderbaren Heilverfahren erhalten haben muß.“
Der Bootsmannsmaat der Wache pfiff die Seite, und die Ankunft eines Officiers unterbrach einen Augenblick die Unter- haltung.
„Ah, guten Abend Flamberg, wie geht es Ihnen? das iſt nett, daß Sie ſich einmal wieder ſehen laſſen!“ tönte es ihm von allen Seiten entgegen, und die Bewillkommnung zeigte, ein wie gern geſehener Kamerad der Neuangekommene ſein mußte. Er war Lieutenant bei den Marinieren, wie damals die Seeſoldaten hießen, und ein fideles Haus, deſſen Humor jede geſellige Unterhaltung, an der er ſich betheiligte, zu würzen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0283"n="271"/><fwplace="top"type="header">Ernſtes und Heiteres</fw><lb/>ſinnigen zu thun, in das Zwiſchendeck und die übrigen Kranken<lb/>
hinter ihm her.</p><lb/><p>„Siehſt Du, College,“ rief Bell lachend dem ganz perplex<lb/>
daſtehenden Aſcheberg zu, „wie probat mein Mittel iſt! Alles<lb/>
auf einmal curirt; das kenne ich von Holland her — lauter<lb/>
Simulanten die Kerle. Ich weiß mit ihnen umzugehen, ha,<lb/>
ha! alles — Si — mu — lan —“</p><lb/><p>Das letzte Wort kam nur noch in Gurgeltönen zu Tage,<lb/>
dann ſank Bell auf die Bank, wo der Kranke gelegen, und<lb/>
verfiel in einen Todtenſchlaf.</p><lb/><p>Ein lautſchallendes Gelächter veranlaßte den draſtiſchen<lb/>
Erzähler, eine kleine Pauſe zu machen. „Was ſagte denn aber<lb/>
Aſcheberg zu dem Experiment?“ fragte Fähnrich Neuland, als<lb/>
wieder etwas Ruhe eintrat.</p><lb/><p>„Nun er war völlig außer ſich, da Sie ja wiſſen, wie<lb/>
ungemein beſorgt er um ſeine Kranken iſt, und hat Bell radical<lb/>
die Freundſchaft gekündigt. Uebrigens hörte ich heute, daß dieſer<lb/>ſelbſt von ſeiner geſtrigen Kur ſehr angegriffen iſt. Sein Kapi-<lb/>
tän hat ihm heute Morgen deshalb in Gegenwart des erſten<lb/>
Officiers gerathen, acht Tage lang ſeine Kammer zu hüten, und<lb/>
zwar ſoll dies infolge eines Schreibens vom Admiral geſchehen<lb/>ſein, der alſo wol Kenntniß von dem ſonderbaren Heilverfahren<lb/>
erhalten haben muß.“</p><lb/><p>Der Bootsmannsmaat der Wache pfiff die Seite, und die<lb/>
Ankunft eines Officiers unterbrach einen Augenblick die Unter-<lb/>
haltung.</p><lb/><p>„Ah, guten Abend Flamberg, wie geht es Ihnen? das<lb/>
iſt nett, daß Sie ſich einmal wieder ſehen laſſen!“ tönte es<lb/>
ihm von allen Seiten entgegen, und die Bewillkommnung zeigte,<lb/>
ein wie gern geſehener Kamerad der Neuangekommene ſein<lb/>
mußte. Er war Lieutenant bei den Marinieren, wie damals<lb/>
die Seeſoldaten hießen, und ein fideles Haus, deſſen Humor<lb/>
jede geſellige Unterhaltung, an der er ſich betheiligte, zu würzen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[271/0283]
Ernſtes und Heiteres
ſinnigen zu thun, in das Zwiſchendeck und die übrigen Kranken
hinter ihm her.
„Siehſt Du, College,“ rief Bell lachend dem ganz perplex
daſtehenden Aſcheberg zu, „wie probat mein Mittel iſt! Alles
auf einmal curirt; das kenne ich von Holland her — lauter
Simulanten die Kerle. Ich weiß mit ihnen umzugehen, ha,
ha! alles — Si — mu — lan —“
Das letzte Wort kam nur noch in Gurgeltönen zu Tage,
dann ſank Bell auf die Bank, wo der Kranke gelegen, und
verfiel in einen Todtenſchlaf.
Ein lautſchallendes Gelächter veranlaßte den draſtiſchen
Erzähler, eine kleine Pauſe zu machen. „Was ſagte denn aber
Aſcheberg zu dem Experiment?“ fragte Fähnrich Neuland, als
wieder etwas Ruhe eintrat.
„Nun er war völlig außer ſich, da Sie ja wiſſen, wie
ungemein beſorgt er um ſeine Kranken iſt, und hat Bell radical
die Freundſchaft gekündigt. Uebrigens hörte ich heute, daß dieſer
ſelbſt von ſeiner geſtrigen Kur ſehr angegriffen iſt. Sein Kapi-
tän hat ihm heute Morgen deshalb in Gegenwart des erſten
Officiers gerathen, acht Tage lang ſeine Kammer zu hüten, und
zwar ſoll dies infolge eines Schreibens vom Admiral geſchehen
ſein, der alſo wol Kenntniß von dem ſonderbaren Heilverfahren
erhalten haben muß.“
Der Bootsmannsmaat der Wache pfiff die Seite, und die
Ankunft eines Officiers unterbrach einen Augenblick die Unter-
haltung.
„Ah, guten Abend Flamberg, wie geht es Ihnen? das
iſt nett, daß Sie ſich einmal wieder ſehen laſſen!“ tönte es
ihm von allen Seiten entgegen, und die Bewillkommnung zeigte,
ein wie gern geſehener Kamerad der Neuangekommene ſein
mußte. Er war Lieutenant bei den Marinieren, wie damals
die Seeſoldaten hießen, und ein fideles Haus, deſſen Humor
jede geſellige Unterhaltung, an der er ſich betheiligte, zu würzen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/283>, abgerufen am 19.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.