ciere und Beamte auf dem Rauchplatze. Die Unterhaltung drehte sich um ein großes Herrenfrühstück, das der Commandant des "Ernst August" am Tage zuvor zur Feier seines Geburts- tages an Bord seines Schiffes gegeben hatte und zu dem eine große Anzahl Gäste, wie auch verschiedene Officiere des "Barba- rossa" eingeladen gewesen waren. Daß es dabei sehr heiter hergegangen und mancher am andern Morgen mit schmerzenden Haaren aufgewacht war, kann man sich denken, da dergleichen auch anderwärts vorkommt.
Mathy war wie gewöhnlich der Vortragende; die Wunden, welche die Kartätschbüchsen und die 68-Pfünder dem Doctor Altmanns geschlagen, waren noch nicht vernarbt und er beschränkte sich auf das Zuhören. Fähnrich Frank hatte schon verschiedene Male vergebens versucht, auch zu Worte zu kommen und den Erzähler in seinem Referate zu ergänzen, allein es war ihm nicht gelungen und er rückte infolge dessen sehr unruhig mit seinem Stuhle hin und her.
"So scheint also das Amüsement ein allgemeines gewesen zu sein," bemerkte Zahlmeister Albert.
"Sicher," erwiderte Mathy. "Sie können es daraus ent- nehmen, daß das Frühstück netto zwölf Stunden dauerte, von ein Uhr Mittags bis ein Uhr Nachts. Es fing an Bord mit sechszig Gästen an und endete schließlich in Schillings Hotel mit sechs der tapfersten Streiter; der Verbrauch von achtzig Flaschen Champagner erklärt diesen Ausfall zur Genüge."
Eine kurze Pause, welche Mathy machte, schien Frank eine günstige Gelegenheit zu bieten, den Zuhörern eine seiner Ge- schichten zu versetzen. "Ja," bekräftigte er, "es war eine solenne Fete, wie ich sie nur noch einmal in meinem Leben mitgemacht habe. Nun, meine Herren, das war eine ganz famose Ge- schichte, die ich Ihnen doch erzählen muß. Als ich noch in Hamburg auf der Schule war . . . ."
"Aber Frank," unterbrach Mathy seinen Rivalen bei diesen
Werner
ciere und Beamte auf dem Rauchplatze. Die Unterhaltung drehte ſich um ein großes Herrenfrühſtück, das der Commandant des „Ernſt Auguſt“ am Tage zuvor zur Feier ſeines Geburts- tages an Bord ſeines Schiffes gegeben hatte und zu dem eine große Anzahl Gäſte, wie auch verſchiedene Officiere des „Barba- roſſa“ eingeladen geweſen waren. Daß es dabei ſehr heiter hergegangen und mancher am andern Morgen mit ſchmerzenden Haaren aufgewacht war, kann man ſich denken, da dergleichen auch anderwärts vorkommt.
Mathy war wie gewöhnlich der Vortragende; die Wunden, welche die Kartätſchbüchſen und die 68-Pfünder dem Doctor Altmanns geſchlagen, waren noch nicht vernarbt und er beſchränkte ſich auf das Zuhören. Fähnrich Frank hatte ſchon verſchiedene Male vergebens verſucht, auch zu Worte zu kommen und den Erzähler in ſeinem Referate zu ergänzen, allein es war ihm nicht gelungen und er rückte infolge deſſen ſehr unruhig mit ſeinem Stuhle hin und her.
„So ſcheint alſo das Amüſement ein allgemeines geweſen zu ſein,“ bemerkte Zahlmeiſter Albert.
„Sicher,“ erwiderte Mathy. „Sie können es daraus ent- nehmen, daß das Frühſtück netto zwölf Stunden dauerte, von ein Uhr Mittags bis ein Uhr Nachts. Es fing an Bord mit ſechszig Gäſten an und endete ſchließlich in Schillings Hotel mit ſechs der tapferſten Streiter; der Verbrauch von achtzig Flaſchen Champagner erklärt dieſen Ausfall zur Genüge.“
Eine kurze Pauſe, welche Mathy machte, ſchien Frank eine günſtige Gelegenheit zu bieten, den Zuhörern eine ſeiner Ge- ſchichten zu verſetzen. „Ja,“ bekräftigte er, „es war eine ſolenne Fête, wie ich ſie nur noch einmal in meinem Leben mitgemacht habe. Nun, meine Herren, das war eine ganz famoſe Ge- ſchichte, die ich Ihnen doch erzählen muß. Als ich noch in Hamburg auf der Schule war . . . .“
„Aber Frank,“ unterbrach Mathy ſeinen Rivalen bei dieſen
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Werner
ciere und Beamte auf dem Rauchplatze. Die Unterhaltung
drehte ſich um ein großes Herrenfrühſtück, das der Commandant
des „Ernſt Auguſt“ am Tage zuvor zur Feier ſeines Geburts-
tages an Bord ſeines Schiffes gegeben hatte und zu dem eine
große Anzahl Gäſte, wie auch verſchiedene Officiere des „Barba-
roſſa“ eingeladen geweſen waren. Daß es dabei ſehr heiter
hergegangen und mancher am andern Morgen mit ſchmerzenden
Haaren aufgewacht war, kann man ſich denken, da dergleichen
auch anderwärts vorkommt.
Mathy war wie gewöhnlich der Vortragende; die Wunden,
welche die Kartätſchbüchſen und die 68-Pfünder dem Doctor
Altmanns geſchlagen, waren noch nicht vernarbt und er beſchränkte
ſich auf das Zuhören. Fähnrich Frank hatte ſchon verſchiedene
Male vergebens verſucht, auch zu Worte zu kommen und den
Erzähler in ſeinem Referate zu ergänzen, allein es war ihm
nicht gelungen und er rückte infolge deſſen ſehr unruhig mit
ſeinem Stuhle hin und her.
„So ſcheint alſo das Amüſement ein allgemeines geweſen
zu ſein,“ bemerkte Zahlmeiſter Albert.
„Sicher,“ erwiderte Mathy. „Sie können es daraus ent-
nehmen, daß das Frühſtück netto zwölf Stunden dauerte, von
ein Uhr Mittags bis ein Uhr Nachts. Es fing an Bord mit
ſechszig Gäſten an und endete ſchließlich in Schillings Hotel
mit ſechs der tapferſten Streiter; der Verbrauch von achtzig
Flaſchen Champagner erklärt dieſen Ausfall zur Genüge.“
Eine kurze Pauſe, welche Mathy machte, ſchien Frank eine
günſtige Gelegenheit zu bieten, den Zuhörern eine ſeiner Ge-
ſchichten zu verſetzen. „Ja,“ bekräftigte er, „es war eine ſolenne
Fête, wie ich ſie nur noch einmal in meinem Leben mitgemacht
habe. Nun, meine Herren, das war eine ganz famoſe Ge-
ſchichte, die ich Ihnen doch erzählen muß. Als ich noch in
Hamburg auf der Schule war . . . .“
„Aber Frank,“ unterbrach Mathy ſeinen Rivalen bei dieſen
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/278>, abgerufen am 28.07.2024.
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