Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

Die deutsche Marine 1848--1852
als ob diese gefeit seien. Trotz der Tausende von Geschossen,
die sie überschütteten, wurden sie weder zum Schweigen gebracht
noch eines ihrer Geschütze dauernd außer Gefecht gesetzt. Gar
oft zwar wurde eines oder das andere getroffen, aber immer
gelang es, den Schaden wieder auszubessern und von Neuem
sprühte es dem erschreckten Feinde seinen tödtlichen Inhalt ent-
gegen.

Gegen elf Uhr hatte die "Gefion" schon bedeutend gelitten;
sie lag im Kreuzfeuer beider Batterien und ihre Todten und
Verwundeten beliefen sich bereits auf ein Viertheil der Besatzung.
Auf ein Signal von ihr kam der Geschwaderchef Garde mit dem
"Geyser" in die Bucht hinein, um die Fregatte aus ihrer ver-
zweifelten Lage zu befreien. Schon befand sich der Dampfer in
nächster Nähe des unglücklichen Schiffes; es wurden Anstalten
gemacht, um das Bugsiertau an Bord zu geben; wenige Minu-
ten länger und die "Gefion" wäre gerettet gewesen -- da schlug
eine aus der Nordschanze kommende Kugel in den Radkasten
des "Geyser" und vereitelte den Versuch. Der Schuß war
von dem Gefreiten Wommelsdorf gegeben worden, er besiegelte
das Schicksal der "Gefion". Der "Geyser" war so beschädigt, daß
er sofort Kehrt machen und von dem "Hecla" in's Schlepptau
genommen werden mußte.

Kapitän Paludan gewann die Ueberzeugung, daß sowol sein
Schiff, wie die "Gefion" verloren waren; Hauptmann Jungmann
hatte begonnen, mit glühenden Kugeln zu feuern und mehrere der-
selben waren nur mit großer Mühe aus dem Rumpf des
"Christian VIII." zu entfernen gewesen. Paludan ließ deshalb
kurz nach zwölf Uhr die Parlamentärflagge aufziehen und sandte
nach Einstellung des Feuers einen Seeofficier mit der peremptori
schen Forderung an's Land, sofort die Schanzen zu räumen und die
beiden Schiffe ungehindert ziehen zu lassen, widrigenfalls die Stadt
in Brand geschossen werden würde. Doch die Botschaft ver-
fehlte ihren Zweck; trotz der drohenden Form erklang es aus

Die deutſche Marine 1848—1852
als ob dieſe gefeit ſeien. Trotz der Tauſende von Geſchoſſen,
die ſie überſchütteten, wurden ſie weder zum Schweigen gebracht
noch eines ihrer Geſchütze dauernd außer Gefecht geſetzt. Gar
oft zwar wurde eines oder das andere getroffen, aber immer
gelang es, den Schaden wieder auszubeſſern und von Neuem
ſprühte es dem erſchreckten Feinde ſeinen tödtlichen Inhalt ent-
gegen.

Gegen elf Uhr hatte die „Gefion“ ſchon bedeutend gelitten;
ſie lag im Kreuzfeuer beider Batterien und ihre Todten und
Verwundeten beliefen ſich bereits auf ein Viertheil der Beſatzung.
Auf ein Signal von ihr kam der Geſchwaderchef Garde mit dem
„Geyſer“ in die Bucht hinein, um die Fregatte aus ihrer ver-
zweifelten Lage zu befreien. Schon befand ſich der Dampfer in
nächſter Nähe des unglücklichen Schiffes; es wurden Anſtalten
gemacht, um das Bugſiertau an Bord zu geben; wenige Minu-
ten länger und die „Gefion“ wäre gerettet geweſen — da ſchlug
eine aus der Nordſchanze kommende Kugel in den Radkaſten
des „Geyſer“ und vereitelte den Verſuch. Der Schuß war
von dem Gefreiten Wommelsdorf gegeben worden, er beſiegelte
das Schickſal der „Gefion“. Der „Geyſer“ war ſo beſchädigt, daß
er ſofort Kehrt machen und von dem „Hecla“ in’s Schlepptau
genommen werden mußte.

Kapitän Paludan gewann die Ueberzeugung, daß ſowol ſein
Schiff, wie die „Gefion“ verloren waren; Hauptmann Jungmann
hatte begonnen, mit glühenden Kugeln zu feuern und mehrere der-
ſelben waren nur mit großer Mühe aus dem Rumpf des
„Chriſtian VIII.“ zu entfernen geweſen. Paludan ließ deshalb
kurz nach zwölf Uhr die Parlamentärflagge aufziehen und ſandte
nach Einſtellung des Feuers einen Seeofficier mit der peremptori
ſchen Forderung an’s Land, ſofort die Schanzen zu räumen und die
beiden Schiffe ungehindert ziehen zu laſſen, widrigenfalls die Stadt
in Brand geſchoſſen werden würde. Doch die Botſchaft ver-
fehlte ihren Zweck; trotz der drohenden Form erklang es aus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0193" n="181"/><fw place="top" type="header">Die deut&#x017F;che Marine 1848&#x2014;1852</fw><lb/>
als ob die&#x017F;e gefeit &#x017F;eien. Trotz der Tau&#x017F;ende von Ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die &#x017F;ie über&#x017F;chütteten, wurden &#x017F;ie weder zum Schweigen gebracht<lb/>
noch eines ihrer Ge&#x017F;chütze dauernd außer Gefecht ge&#x017F;etzt. Gar<lb/>
oft zwar wurde eines oder das andere getroffen, aber immer<lb/>
gelang es, den Schaden wieder auszube&#x017F;&#x017F;ern und von Neuem<lb/>
&#x017F;prühte es dem er&#x017F;chreckten Feinde &#x017F;einen tödtlichen Inhalt ent-<lb/>
gegen.</p><lb/>
          <p>Gegen elf Uhr hatte die &#x201E;Gefion&#x201C; &#x017F;chon bedeutend gelitten;<lb/>
&#x017F;ie lag im Kreuzfeuer beider Batterien und ihre Todten und<lb/>
Verwundeten beliefen &#x017F;ich bereits auf ein Viertheil der Be&#x017F;atzung.<lb/>
Auf ein Signal von ihr kam der Ge&#x017F;chwaderchef Garde mit dem<lb/>
&#x201E;Gey&#x017F;er&#x201C; in die Bucht hinein, um die Fregatte aus ihrer ver-<lb/>
zweifelten Lage zu befreien. Schon befand &#x017F;ich der Dampfer in<lb/>
näch&#x017F;ter Nähe des unglücklichen Schiffes; es wurden An&#x017F;talten<lb/>
gemacht, um das Bug&#x017F;iertau an Bord zu geben; wenige Minu-<lb/>
ten länger und die &#x201E;Gefion&#x201C; wäre gerettet gewe&#x017F;en &#x2014; da &#x017F;chlug<lb/>
eine aus der Nord&#x017F;chanze kommende Kugel in den Radka&#x017F;ten<lb/>
des &#x201E;Gey&#x017F;er&#x201C; und vereitelte den Ver&#x017F;uch. Der Schuß war<lb/>
von dem Gefreiten Wommelsdorf gegeben worden, er be&#x017F;iegelte<lb/>
das Schick&#x017F;al der &#x201E;Gefion&#x201C;. Der &#x201E;Gey&#x017F;er&#x201C; war &#x017F;o be&#x017F;chädigt, daß<lb/>
er &#x017F;ofort Kehrt machen und von dem &#x201E;Hecla&#x201C; in&#x2019;s Schlepptau<lb/>
genommen werden mußte.</p><lb/>
          <p>Kapitän Paludan gewann die Ueberzeugung, daß &#x017F;owol &#x017F;ein<lb/>
Schiff, wie die &#x201E;Gefion&#x201C; verloren waren; Hauptmann Jungmann<lb/>
hatte begonnen, mit glühenden Kugeln zu feuern und mehrere der-<lb/>
&#x017F;elben waren nur mit großer Mühe aus dem Rumpf des<lb/>
&#x201E;Chri&#x017F;tian <hi rendition="#aq">VIII.</hi>&#x201C; zu entfernen gewe&#x017F;en. Paludan ließ deshalb<lb/>
kurz nach zwölf Uhr die Parlamentärflagge aufziehen und &#x017F;andte<lb/>
nach Ein&#x017F;tellung des Feuers einen Seeofficier mit der peremptori<lb/>
&#x017F;chen Forderung an&#x2019;s Land, &#x017F;ofort die Schanzen zu räumen und die<lb/>
beiden Schiffe ungehindert ziehen zu la&#x017F;&#x017F;en, widrigenfalls die Stadt<lb/>
in Brand ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en werden würde. Doch die Bot&#x017F;chaft ver-<lb/>
fehlte ihren Zweck; trotz der drohenden Form erklang es aus<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0193] Die deutſche Marine 1848—1852 als ob dieſe gefeit ſeien. Trotz der Tauſende von Geſchoſſen, die ſie überſchütteten, wurden ſie weder zum Schweigen gebracht noch eines ihrer Geſchütze dauernd außer Gefecht geſetzt. Gar oft zwar wurde eines oder das andere getroffen, aber immer gelang es, den Schaden wieder auszubeſſern und von Neuem ſprühte es dem erſchreckten Feinde ſeinen tödtlichen Inhalt ent- gegen. Gegen elf Uhr hatte die „Gefion“ ſchon bedeutend gelitten; ſie lag im Kreuzfeuer beider Batterien und ihre Todten und Verwundeten beliefen ſich bereits auf ein Viertheil der Beſatzung. Auf ein Signal von ihr kam der Geſchwaderchef Garde mit dem „Geyſer“ in die Bucht hinein, um die Fregatte aus ihrer ver- zweifelten Lage zu befreien. Schon befand ſich der Dampfer in nächſter Nähe des unglücklichen Schiffes; es wurden Anſtalten gemacht, um das Bugſiertau an Bord zu geben; wenige Minu- ten länger und die „Gefion“ wäre gerettet geweſen — da ſchlug eine aus der Nordſchanze kommende Kugel in den Radkaſten des „Geyſer“ und vereitelte den Verſuch. Der Schuß war von dem Gefreiten Wommelsdorf gegeben worden, er beſiegelte das Schickſal der „Gefion“. Der „Geyſer“ war ſo beſchädigt, daß er ſofort Kehrt machen und von dem „Hecla“ in’s Schlepptau genommen werden mußte. Kapitän Paludan gewann die Ueberzeugung, daß ſowol ſein Schiff, wie die „Gefion“ verloren waren; Hauptmann Jungmann hatte begonnen, mit glühenden Kugeln zu feuern und mehrere der- ſelben waren nur mit großer Mühe aus dem Rumpf des „Chriſtian VIII.“ zu entfernen geweſen. Paludan ließ deshalb kurz nach zwölf Uhr die Parlamentärflagge aufziehen und ſandte nach Einſtellung des Feuers einen Seeofficier mit der peremptori ſchen Forderung an’s Land, ſofort die Schanzen zu räumen und die beiden Schiffe ungehindert ziehen zu laſſen, widrigenfalls die Stadt in Brand geſchoſſen werden würde. Doch die Botſchaft ver- fehlte ihren Zweck; trotz der drohenden Form erklang es aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/193
Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/193>, abgerufen am 03.05.2024.