Minuten später folgte, kaum weniger furchtbar, die Breitseite der "Gefion." Die Schlacht hatte begonnen, der eherne Tritt des Kriegsgottes ließ die Luft erdröhnen und erfüllte die Herzen der Zuschauer mit bangem Schrecken. Jetzt bogen beide Schiffe um, gaben der etwas weiter entfernten Südschanze eine andere Breitseite und entzogen sich dann für kurze Zeit in einer dichten Wolke den angsterfüllten Blicken der Stadtbewohner.
Als der Wind den Pulverdampf verwehte, lagen sie vor Anker, "Christian VIII." weiter südlich, die "Gefion" in Kernschuß- weite der Nordschanze. Offenbar hatte man nicht anders ge- glaubt, als daß die beiden Werke durch das Höllenfeuer vom Erdboden vertilgt oder wenigstens gänzlich kampfunfähig gemacht worden seien, da sie sonst wohl nicht ein so gewagtes Manöver ausgeführt und mit auflandigem Winde an einer Stelle so tief in der Bucht vor Anker gegangen wären, wo die Nähe des Ufers ein nothwendig werdendes Untersegel-Gehen sehr erschweren mußte.
Bald sahen die Dänen auch den gemachten schweren Fehler ein. Beim Ankern war das Linienschiff etwas getrieben und dem Ufer so nahe gekommen, daß sein Steuerruder bereits den Grund berührte, und als sich auch von den Schanzen die schwarze Rauchwolke hob, da zeigten sich diese zwar nicht unverletzt, ver- schiedene ihrer Geschütze waren beschädigt, auch ihre Erdwälle hatten gelitten -- indeß keineswegs in dem Maße, wie die Dänen in Ueberschätzung ihrer Streitmittel erwartet.
Von den Bedienungsmannschaften war Niemand gefallen, nur ein kleiner Theil verwundet, und bald zeigten die tapferen Kanoniere, daß Furcht und Muthlosigkeit, auch einer so gewalti- gen Macht gegenüber, in ihrer Brust keinen Raum hatte. Ihre Geschütze spieen auf die kurze Entfernung Tod und Verderben und rissen in die dichtgedrängte Mannschaft an Bord der Schiffe furchtbare Lücken. Die Dänen kämpften verzweiflungsvoll; Lage um Lage schmetterten sie den Schanzen entgegen, aber es schien,
Werner
Minuten ſpäter folgte, kaum weniger furchtbar, die Breitſeite der „Gefion.“ Die Schlacht hatte begonnen, der eherne Tritt des Kriegsgottes ließ die Luft erdröhnen und erfüllte die Herzen der Zuſchauer mit bangem Schrecken. Jetzt bogen beide Schiffe um, gaben der etwas weiter entfernten Südſchanze eine andere Breitſeite und entzogen ſich dann für kurze Zeit in einer dichten Wolke den angſterfüllten Blicken der Stadtbewohner.
Als der Wind den Pulverdampf verwehte, lagen ſie vor Anker, „Chriſtian VIII.“ weiter ſüdlich, die „Gefion“ in Kernſchuß- weite der Nordſchanze. Offenbar hatte man nicht anders ge- glaubt, als daß die beiden Werke durch das Höllenfeuer vom Erdboden vertilgt oder wenigſtens gänzlich kampfunfähig gemacht worden ſeien, da ſie ſonſt wohl nicht ein ſo gewagtes Manöver ausgeführt und mit auflandigem Winde an einer Stelle ſo tief in der Bucht vor Anker gegangen wären, wo die Nähe des Ufers ein nothwendig werdendes Unterſegel-Gehen ſehr erſchweren mußte.
Bald ſahen die Dänen auch den gemachten ſchweren Fehler ein. Beim Ankern war das Linienſchiff etwas getrieben und dem Ufer ſo nahe gekommen, daß ſein Steuerruder bereits den Grund berührte, und als ſich auch von den Schanzen die ſchwarze Rauchwolke hob, da zeigten ſich dieſe zwar nicht unverletzt, ver- ſchiedene ihrer Geſchütze waren beſchädigt, auch ihre Erdwälle hatten gelitten — indeß keineswegs in dem Maße, wie die Dänen in Ueberſchätzung ihrer Streitmittel erwartet.
Von den Bedienungsmannſchaften war Niemand gefallen, nur ein kleiner Theil verwundet, und bald zeigten die tapferen Kanoniere, daß Furcht und Muthloſigkeit, auch einer ſo gewalti- gen Macht gegenüber, in ihrer Bruſt keinen Raum hatte. Ihre Geſchütze ſpieen auf die kurze Entfernung Tod und Verderben und riſſen in die dichtgedrängte Mannſchaft an Bord der Schiffe furchtbare Lücken. Die Dänen kämpften verzweiflungsvoll; Lage um Lage ſchmetterten ſie den Schanzen entgegen, aber es ſchien,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0192"n="180"/><fwplace="top"type="header">Werner</fw><lb/>
Minuten ſpäter folgte, kaum weniger furchtbar, die Breitſeite der<lb/>„Gefion.“ Die Schlacht hatte begonnen, der eherne Tritt des<lb/>
Kriegsgottes ließ die Luft erdröhnen und erfüllte die Herzen<lb/>
der Zuſchauer mit bangem Schrecken. Jetzt bogen beide Schiffe<lb/>
um, gaben der etwas weiter entfernten Südſchanze eine andere<lb/>
Breitſeite und entzogen ſich dann für kurze Zeit in einer dichten<lb/>
Wolke den angſterfüllten Blicken der Stadtbewohner.</p><lb/><p>Als der Wind den Pulverdampf verwehte, lagen ſie vor<lb/>
Anker, „Chriſtian <hirendition="#aq">VIII.</hi>“ weiter ſüdlich, die „Gefion“ in Kernſchuß-<lb/>
weite der Nordſchanze. Offenbar hatte man nicht anders ge-<lb/>
glaubt, als daß die beiden Werke durch das Höllenfeuer vom<lb/>
Erdboden vertilgt oder wenigſtens gänzlich kampfunfähig gemacht<lb/>
worden ſeien, da ſie ſonſt wohl nicht ein ſo gewagtes Manöver<lb/>
ausgeführt und mit auflandigem Winde an einer Stelle ſo tief<lb/>
in der Bucht vor Anker gegangen wären, wo die Nähe des<lb/>
Ufers ein nothwendig werdendes Unterſegel-Gehen ſehr erſchweren<lb/>
mußte.</p><lb/><p>Bald ſahen die Dänen auch den gemachten ſchweren Fehler<lb/>
ein. Beim Ankern war das Linienſchiff etwas getrieben und<lb/>
dem Ufer ſo nahe gekommen, daß ſein Steuerruder bereits den<lb/>
Grund berührte, und als ſich auch von den Schanzen die ſchwarze<lb/>
Rauchwolke hob, da zeigten ſich dieſe zwar nicht unverletzt, ver-<lb/>ſchiedene ihrer Geſchütze waren beſchädigt, auch ihre Erdwälle<lb/>
hatten gelitten — indeß keineswegs in dem Maße, wie die Dänen<lb/>
in Ueberſchätzung ihrer Streitmittel erwartet.</p><lb/><p>Von den Bedienungsmannſchaften war Niemand gefallen,<lb/>
nur ein kleiner Theil verwundet, und bald zeigten die tapferen<lb/>
Kanoniere, daß Furcht und Muthloſigkeit, auch einer ſo gewalti-<lb/>
gen Macht gegenüber, in ihrer Bruſt keinen Raum hatte. Ihre<lb/>
Geſchütze ſpieen auf die kurze Entfernung Tod und Verderben<lb/>
und riſſen in die dichtgedrängte Mannſchaft an Bord der Schiffe<lb/>
furchtbare Lücken. Die Dänen kämpften verzweiflungsvoll; Lage<lb/>
um Lage ſchmetterten ſie den Schanzen entgegen, aber es ſchien,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[180/0192]
Werner
Minuten ſpäter folgte, kaum weniger furchtbar, die Breitſeite der
„Gefion.“ Die Schlacht hatte begonnen, der eherne Tritt des
Kriegsgottes ließ die Luft erdröhnen und erfüllte die Herzen
der Zuſchauer mit bangem Schrecken. Jetzt bogen beide Schiffe
um, gaben der etwas weiter entfernten Südſchanze eine andere
Breitſeite und entzogen ſich dann für kurze Zeit in einer dichten
Wolke den angſterfüllten Blicken der Stadtbewohner.
Als der Wind den Pulverdampf verwehte, lagen ſie vor
Anker, „Chriſtian VIII.“ weiter ſüdlich, die „Gefion“ in Kernſchuß-
weite der Nordſchanze. Offenbar hatte man nicht anders ge-
glaubt, als daß die beiden Werke durch das Höllenfeuer vom
Erdboden vertilgt oder wenigſtens gänzlich kampfunfähig gemacht
worden ſeien, da ſie ſonſt wohl nicht ein ſo gewagtes Manöver
ausgeführt und mit auflandigem Winde an einer Stelle ſo tief
in der Bucht vor Anker gegangen wären, wo die Nähe des
Ufers ein nothwendig werdendes Unterſegel-Gehen ſehr erſchweren
mußte.
Bald ſahen die Dänen auch den gemachten ſchweren Fehler
ein. Beim Ankern war das Linienſchiff etwas getrieben und
dem Ufer ſo nahe gekommen, daß ſein Steuerruder bereits den
Grund berührte, und als ſich auch von den Schanzen die ſchwarze
Rauchwolke hob, da zeigten ſich dieſe zwar nicht unverletzt, ver-
ſchiedene ihrer Geſchütze waren beſchädigt, auch ihre Erdwälle
hatten gelitten — indeß keineswegs in dem Maße, wie die Dänen
in Ueberſchätzung ihrer Streitmittel erwartet.
Von den Bedienungsmannſchaften war Niemand gefallen,
nur ein kleiner Theil verwundet, und bald zeigten die tapferen
Kanoniere, daß Furcht und Muthloſigkeit, auch einer ſo gewalti-
gen Macht gegenüber, in ihrer Bruſt keinen Raum hatte. Ihre
Geſchütze ſpieen auf die kurze Entfernung Tod und Verderben
und riſſen in die dichtgedrängte Mannſchaft an Bord der Schiffe
furchtbare Lücken. Die Dänen kämpften verzweiflungsvoll; Lage
um Lage ſchmetterten ſie den Schanzen entgegen, aber es ſchien,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/192>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.