Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weiss, Philipp Friedrich: Ueber den Starrkrampf. Stuttgart, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

3) als gleichmässige Wärme die krankhaft ge-
steigerte, und ungleich angehäufte Empfind-
lichkeit des Nerven-Systems, zertheilend und
abstumpfend.

Die reitzende Wirkung des warmen Ba-
des hat man noch durch Zusatz von andern
Mitteln sehr verstärkt; besonders wichtig sind
in dieser Beziehung warme Laugenbäder. Sie
wurden vorzüglich von Stütz, nöthigenfalls
noch durch Aetzstein verstärkt, ein oder mehr-
mal täglich gegen den Wundstarrkrampf mit
dem besten Erfolg gebraucht. Von andern
wurden Bäder mit aromatischen Kräutern vor-
gezogen, doch stehen sie, ausser ihrer Wir-
kung auf die Haut-Ausdünstung und also ent-
weder zur Einleitung der Krise oder gegen
das causale Moment gerichtet, den Laugen-
Bädern weit nach, denn ihre Wirkung als
Gegenreitz ist viel schwächer.

Kalte Bäder haben schon a priori den Grund
gegen sich, dass sie die Contraction und Starr-
heit der Muskeln vermehren, und die Erfah-
rung hat ihren Nutzen auch nicht sehr be-
währt. Wie das kalte Bad heilsam wirken
könne, beurtheilte schon Hippokrates sehr rich-
tig, indem er bey Erzählung eines Falls, worin
ein junger Mann von starkem Körperbau durch
kalte Uebergiessung vom Tetanus geheilt wurde,
hinzufügt: caloris revocationem efficit, calor

3) als gleichmässige Wärme die krankhaft ge-
steigerte, und ungleich angehäufte Empfind-
lichkeit des Nerven-Systems, zertheilend und
abstumpfend.

Die reitzende Wirkung des warmen Ba-
des hat man noch durch Zusatz von andern
Mitteln sehr verstärkt; besonders wichtig sind
in dieser Beziehung warme Laugenbäder. Sie
wurden vorzüglich von Stütz, nöthigenfalls
noch durch Aetzstein verstärkt, ein oder mehr-
mal täglich gegen den Wundstarrkrampf mit
dem besten Erfolg gebraucht. Von andern
wurden Bäder mit aromatischen Kräutern vor-
gezogen, doch stehen sie, ausser ihrer Wir-
kung auf die Haut-Ausdünstung und also ent-
weder zur Einleitung der Krise oder gegen
das causale Moment gerichtet, den Laugen-
Bädern weit nach, denn ihre Wirkung als
Gegenreitz ist viel schwächer.

Kalte Bäder haben schon a priori den Grund
gegen sich, dass sie die Contraction und Starr-
heit der Muskeln vermehren, und die Erfah-
rung hat ihren Nutzen auch nicht sehr be-
währt. Wie das kalte Bad heilsam wirken
könne, beurtheilte schon Hippokrates sehr rich-
tig, indem er bey Erzählung eines Falls, worin
ein junger Mann von starkem Körperbau durch
kalte Uebergiessung vom Tetanus geheilt wurde,
hinzufügt: caloris revocationem efficit, calor

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="77"/>
3) als gleichmässige Wärme die krankhaft ge-<lb/>
steigerte,
                und ungleich angehäufte Empfind-<lb/>
lichkeit des Nerven-Systems, zertheilend
                und<lb/>
abstumpfend. </p><lb/>
        <p>Die reitzende Wirkung des warmen Ba-<lb/>
des hat man noch durch Zusatz von
                andern<lb/>
Mitteln sehr verstärkt; besonders wichtig sind<lb/>
in dieser Beziehung
                warme Laugenbäder. Sie<lb/>
wurden vorzüglich von <hi rendition="#i">Stütz</hi>,
                nöthigenfalls<lb/>
noch durch Aetzstein verstärkt, ein oder mehr-<lb/>
mal täglich gegen
                den Wundstarrkrampf mit<lb/>
dem besten Erfolg gebraucht. Von andern<lb/>
wurden Bäder
                mit aromatischen Kräutern vor-<lb/>
gezogen, doch stehen sie, ausser ihrer Wir-<lb/>
kung
                auf die Haut-Ausdünstung und also ent-<lb/>
weder zur Einleitung der Krise oder
                gegen<lb/>
das causale Moment gerichtet, den Laugen-<lb/>
Bädern weit nach, denn ihre
                Wirkung als<lb/>
Gegenreitz ist viel schwächer. </p><lb/>
        <p>Kalte Bäder haben schon a priori den Grund<lb/>
gegen sich, dass sie die Contraction
                und Starr-<lb/>
heit der Muskeln vermehren, und die Erfah-<lb/>
rung hat ihren Nutzen auch
                nicht sehr be-<lb/>
währt. Wie das kalte Bad heilsam wirken<lb/>
könne, beurtheilte schon <hi rendition="#i">Hippokrates</hi> sehr rich-<lb/>
tig, indem er bey Erzählung eines
                Falls, worin<lb/>
ein junger Mann von starkem Körperbau durch<lb/>
kalte Uebergiessung
                vom Tetanus geheilt wurde,<lb/>
hinzufügt: <quote>caloris revocationem efficit,
                      calor<lb/></quote></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0087] 3) als gleichmässige Wärme die krankhaft ge- steigerte, und ungleich angehäufte Empfind- lichkeit des Nerven-Systems, zertheilend und abstumpfend. Die reitzende Wirkung des warmen Ba- des hat man noch durch Zusatz von andern Mitteln sehr verstärkt; besonders wichtig sind in dieser Beziehung warme Laugenbäder. Sie wurden vorzüglich von Stütz, nöthigenfalls noch durch Aetzstein verstärkt, ein oder mehr- mal täglich gegen den Wundstarrkrampf mit dem besten Erfolg gebraucht. Von andern wurden Bäder mit aromatischen Kräutern vor- gezogen, doch stehen sie, ausser ihrer Wir- kung auf die Haut-Ausdünstung und also ent- weder zur Einleitung der Krise oder gegen das causale Moment gerichtet, den Laugen- Bädern weit nach, denn ihre Wirkung als Gegenreitz ist viel schwächer. Kalte Bäder haben schon a priori den Grund gegen sich, dass sie die Contraction und Starr- heit der Muskeln vermehren, und die Erfah- rung hat ihren Nutzen auch nicht sehr be- währt. Wie das kalte Bad heilsam wirken könne, beurtheilte schon Hippokrates sehr rich- tig, indem er bey Erzählung eines Falls, worin ein junger Mann von starkem Körperbau durch kalte Uebergiessung vom Tetanus geheilt wurde, hinzufügt: caloris revocationem efficit, calor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning, Hannah Sophia Glaum: Bereitstellung der Texttranskription und strukturellen Auszeichnung. (2013-05-03T12:17:31Z)
Bayerische StaatsBibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-05-03T12:17:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung wurde aufgehoben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weiss_starrkrampf_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weiss_starrkrampf_1824/87
Zitationshilfe: Weiss, Philipp Friedrich: Ueber den Starrkrampf. Stuttgart, 1824, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weiss_starrkrampf_1824/87>, abgerufen am 06.05.2024.