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Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893.

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sie bedienen sich häufig doch auch der Kiefer, um ihre
Nahrung in Stücke zu reissen; hauptsächlich aber gebrauchen
sie ihre Kiefer zu allen möglichen häuslichen Verrichtungen,
zum Hin- und Hertransportiren der Eier, Larven und
Puppen, zum Herbeischleppen des Baumaterials, zum Auf-
bauen der Gänge, Zellen und Höhlen des Nestes und zum
Miniren in Erde oder Holz u. s. w. Bei Polyergus haben
nun die Arbeiterinnen alle diese häuslichen Triebe verlernt,
sie kümmern sich nicht mehr um ihre Brut und überlassen
die Sorge dafür vollständig ihren Sklaven, sie schleppen
weder Nahrung herbei, noch Material zum Nestbau, indem
auch dies ihre Sklaven schon ausreichend besorgen, und
thun nichts, als kämpfen und Puppen anderer Arten rauben
und in ihr Nest schleppen. Dementsprechend sind ihre
Kiefer zu säbelförmigen, spitzen und starken Zangen umge-
wandelt worden, die zugleich eine mörderische Waffe sind,
wenn sie damit ihrem Feind den Kopf durchbohren, wie es
ihre Gewohnheit ist, und zugleich ein ungemein geschicktes
Werkzeug zum Transport der geraubten Puppen, weil die
beiden Kieferzangen den Puppenkörper umfassen können,
ohne ihn zu verletzen. Diese genaue Anpassung der Kiefer
an den Puppenraub kann also nur durch Selectionsprocesse
erklärt werden, welchen das Keimplasma der Eltern der
Arbeiterinnen unterworfen wurde, und ebenso die starke
Entwickelung des Kampftriebes, des Muthes und des Triebes,
fremde Puppen zu rauben und ins Nest zu schleppen. Hier
also haben wir positive Selection.

Negative Selection oder Panmixie aber haben wir
in der Verkümmerung der gewöhnlichen Triebe der Ar-
beiterinnen: Sorge für die Brut, den Nestbau, die Nahrungs-
vorräthe und die höchst ungewöhnliche und höchst

sie bedienen sich häufig doch auch der Kiefer, um ihre
Nahrung in Stücke zu reissen; hauptsächlich aber gebrauchen
sie ihre Kiefer zu allen möglichen häuslichen Verrichtungen,
zum Hin- und Hertransportiren der Eier, Larven und
Puppen, zum Herbeischleppen des Baumaterials, zum Auf-
bauen der Gänge, Zellen und Höhlen des Nestes und zum
Miniren in Erde oder Holz u. s. w. Bei Polyergus haben
nun die Arbeiterinnen alle diese häuslichen Triebe verlernt,
sie kümmern sich nicht mehr um ihre Brut und überlassen
die Sorge dafür vollständig ihren Sklaven, sie schleppen
weder Nahrung herbei, noch Material zum Nestbau, indem
auch dies ihre Sklaven schon ausreichend besorgen, und
thun nichts, als kämpfen und Puppen anderer Arten rauben
und in ihr Nest schleppen. Dementsprechend sind ihre
Kiefer zu säbelförmigen, spitzen und starken Zangen umge-
wandelt worden, die zugleich eine mörderische Waffe sind,
wenn sie damit ihrem Feind den Kopf durchbohren, wie es
ihre Gewohnheit ist, und zugleich ein ungemein geschicktes
Werkzeug zum Transport der geraubten Puppen, weil die
beiden Kieferzangen den Puppenkörper umfassen können,
ohne ihn zu verletzen. Diese genaue Anpassung der Kiefer
an den Puppenraub kann also nur durch Selectionsprocesse
erklärt werden, welchen das Keimplasma der Eltern der
Arbeiterinnen unterworfen wurde, und ebenso die starke
Entwickelung des Kampftriebes, des Muthes und des Triebes,
fremde Puppen zu rauben und ins Nest zu schleppen. Hier
also haben wir positive Selection.

Negative Selection oder Panmixie aber haben wir
in der Verkümmerung der gewöhnlichen Triebe der Ar-
beiterinnen: Sorge für die Brut, den Nestbau, die Nahrungs-
vorräthe und die höchst ungewöhnliche und höchst

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[50/0062] sie bedienen sich häufig doch auch der Kiefer, um ihre Nahrung in Stücke zu reissen; hauptsächlich aber gebrauchen sie ihre Kiefer zu allen möglichen häuslichen Verrichtungen, zum Hin- und Hertransportiren der Eier, Larven und Puppen, zum Herbeischleppen des Baumaterials, zum Auf- bauen der Gänge, Zellen und Höhlen des Nestes und zum Miniren in Erde oder Holz u. s. w. Bei Polyergus haben nun die Arbeiterinnen alle diese häuslichen Triebe verlernt, sie kümmern sich nicht mehr um ihre Brut und überlassen die Sorge dafür vollständig ihren Sklaven, sie schleppen weder Nahrung herbei, noch Material zum Nestbau, indem auch dies ihre Sklaven schon ausreichend besorgen, und thun nichts, als kämpfen und Puppen anderer Arten rauben und in ihr Nest schleppen. Dementsprechend sind ihre Kiefer zu säbelförmigen, spitzen und starken Zangen umge- wandelt worden, die zugleich eine mörderische Waffe sind, wenn sie damit ihrem Feind den Kopf durchbohren, wie es ihre Gewohnheit ist, und zugleich ein ungemein geschicktes Werkzeug zum Transport der geraubten Puppen, weil die beiden Kieferzangen den Puppenkörper umfassen können, ohne ihn zu verletzen. Diese genaue Anpassung der Kiefer an den Puppenraub kann also nur durch Selectionsprocesse erklärt werden, welchen das Keimplasma der Eltern der Arbeiterinnen unterworfen wurde, und ebenso die starke Entwickelung des Kampftriebes, des Muthes und des Triebes, fremde Puppen zu rauben und ins Nest zu schleppen. Hier also haben wir positive Selection. Negative Selection oder Panmixie aber haben wir in der Verkümmerung der gewöhnlichen Triebe der Ar- beiterinnen: Sorge für die Brut, den Nestbau, die Nahrungs- vorräthe und die höchst ungewöhnliche und höchst

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Zitationshilfe: Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_naturzuechtung_1893/62>, abgerufen am 23.11.2024.