Netzwerk blasser Fäden zerstreuen, so dass zuletzt wieder ein Kern von ganz ähnlichem Bau zu Stande kommt, wie der war, von dem wir ausgegangen sind. Der Zerstreuungsprocess durch- läuft auch dieselben Phasen, welche der Verdichtungsprocess der Chromatinsubstanz1) im Mutterkern durchlief, als er sich zur Theilung anschickte, nur in umgekehrter Reihenfolge.
Man sieht: der ganze verwickelte, aber höchst präcis ar- beitende Theilungsapparat des Kernes ist lediglich dazu da, die Chromatinsubstanz in einer bestimmten und gesetzmässigen Weise zu theilen, wie Wilhelm Roux zuerst dargethan hat, und zwar nicht nur der Masse nach, sondern nach den in ihm vorauszusetzenden verschiedenen Qualitäten; zu einer blossen Massentheilung wäre ein so verwickelter Apparat nicht nöthig gewesen, wenn aber das Chromatin nicht gleichmässig, sondern aus mehreren oder vielen verschiedenen Qualitäten zusammen- gesetzt ist, von denen jede möglichst genau halbirt oder über- haupt gesetzmässig vertheilt werden sollte, dann könnte ein besserer Apparat dafür nicht ersonnen werden. Wir werden also schon allein durch die Erkenntniss des Theilungsapparates auf die Vorstellung geleitet, dass die Vererbungssubstanz aus verschiedenen Qualitäten zusammengesetzt ist. Zu derselben Vorstellung kommen wir auch von rein theoretischer Seite her, wie später gezeigt werden soll, wenn wir den Vor- gang der Amphimixis in seine Consequenzen verfolgen.
Für jetzt kam es nur darauf an, zu zeigen, dass die com-
1) Das "Chromatin" hat seinen Namen von seiner leichten Färb- barkeit mit allen möglichen Farbstoffen; wir wissen aber durchaus nicht, ob diese Färbbarkeit an der chemischen Zusammensetzung dieses Stoffes hängt, oder etwa blos an seiner gewöhnlichen mikroskopischen Structur. Manches spricht für die letztere Ansicht; überhaupt soll mit "Chromatin" nicht eine einheitliche chemische Verbindung gemeint sein, sondern ein Gemenge chemisch unbekannter Substanzen, von deren Gesammtheit wir nur soviel sicher wissen, dass sie die Vererbungssubstanz ausmachen.
Netzwerk blasser Fäden zerstreuen, so dass zuletzt wieder ein Kern von ganz ähnlichem Bau zu Stande kommt, wie der war, von dem wir ausgegangen sind. Der Zerstreuungsprocess durch- läuft auch dieselben Phasen, welche der Verdichtungsprocess der Chromatinsubstanz1) im Mutterkern durchlief, als er sich zur Theilung anschickte, nur in umgekehrter Reihenfolge.
Man sieht: der ganze verwickelte, aber höchst präcis ar- beitende Theilungsapparat des Kernes ist lediglich dazu da, die Chromatinsubstanz in einer bestimmten und gesetzmässigen Weise zu theilen, wie Wilhelm Roux zuerst dargethan hat, und zwar nicht nur der Masse nach, sondern nach den in ihm vorauszusetzenden verschiedenen Qualitäten; zu einer blossen Massentheilung wäre ein so verwickelter Apparat nicht nöthig gewesen, wenn aber das Chromatin nicht gleichmässig, sondern aus mehreren oder vielen verschiedenen Qualitäten zusammen- gesetzt ist, von denen jede möglichst genau halbirt oder über- haupt gesetzmässig vertheilt werden sollte, dann könnte ein besserer Apparat dafür nicht ersonnen werden. Wir werden also schon allein durch die Erkenntniss des Theilungsapparates auf die Vorstellung geleitet, dass die Vererbungssubstanz aus verschiedenen Qualitäten zusammengesetzt ist. Zu derselben Vorstellung kommen wir auch von rein theoretischer Seite her, wie später gezeigt werden soll, wenn wir den Vor- gang der Amphimixis in seine Consequenzen verfolgen.
Für jetzt kam es nur darauf an, zu zeigen, dass die com-
1) Das „Chromatin“ hat seinen Namen von seiner leichten Färb- barkeit mit allen möglichen Farbstoffen; wir wissen aber durchaus nicht, ob diese Färbbarkeit an der chemischen Zusammensetzung dieses Stoffes hängt, oder etwa blos an seiner gewöhnlichen mikroskopischen Structur. Manches spricht für die letztere Ansicht; überhaupt soll mit „Chromatin“ nicht eine einheitliche chemische Verbindung gemeint sein, sondern ein Gemenge chemisch unbekannter Substanzen, von deren Gesammtheit wir nur soviel sicher wissen, dass sie die Vererbungssubstanz ausmachen.
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Netzwerk blasser Fäden zerstreuen, so dass zuletzt wieder ein
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von dem wir ausgegangen sind. Der Zerstreuungsprocess durch-
läuft auch dieselben Phasen, welche der Verdichtungsprocess
der Chromatinsubstanz 1) im Mutterkern durchlief, als er sich
zur Theilung anschickte, nur in umgekehrter Reihenfolge.
Man sieht: der ganze verwickelte, aber höchst präcis ar-
beitende Theilungsapparat des Kernes ist lediglich dazu da, die
Chromatinsubstanz in einer bestimmten und gesetzmässigen
Weise zu theilen, wie Wilhelm Roux zuerst dargethan hat,
und zwar nicht nur der Masse nach, sondern nach den in ihm
vorauszusetzenden verschiedenen Qualitäten; zu einer blossen
Massentheilung wäre ein so verwickelter Apparat nicht nöthig
gewesen, wenn aber das Chromatin nicht gleichmässig, sondern
aus mehreren oder vielen verschiedenen Qualitäten zusammen-
gesetzt ist, von denen jede möglichst genau halbirt oder über-
haupt gesetzmässig vertheilt werden sollte, dann könnte ein
besserer Apparat dafür nicht ersonnen werden. Wir werden
also schon allein durch die Erkenntniss des Theilungsapparates
auf die Vorstellung geleitet, dass die Vererbungssubstanz
aus verschiedenen Qualitäten zusammengesetzt ist. Zu
derselben Vorstellung kommen wir auch von rein theoretischer
Seite her, wie später gezeigt werden soll, wenn wir den Vor-
gang der Amphimixis in seine Consequenzen verfolgen.
Für jetzt kam es nur darauf an, zu zeigen, dass die com-
1) Das „Chromatin“ hat seinen Namen von seiner leichten Färb-
barkeit mit allen möglichen Farbstoffen; wir wissen aber durchaus nicht,
ob diese Färbbarkeit an der chemischen Zusammensetzung dieses Stoffes
hängt, oder etwa blos an seiner gewöhnlichen mikroskopischen Structur.
Manches spricht für die letztere Ansicht; überhaupt soll mit „Chromatin“
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/61>, abgerufen am 23.11.2024.
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