formen. Idioplasmatisch beruhte dies darauf, dass die erste und älteste Form einfache Flügel-Determinanten besässe, während die zweite und dritte Form Doppeldeterminanten hätte, deren männliche Hälfte die ursprüngliche Beschaffenheit beibehielt, während die weibliche Hälfte nach zwei verschiedenen Richtungen abänderte.
Dreigestaltigkeit einer Art zwingt also nicht ohne Weiteres, wie man hätte denken können, zur Annahme von dreifachen Determinanten, und Polymorphismus nicht zur Annahme vier- und fünffacher Determinanten.
Der Polymorphismus der Thier- und Pflanzen- stöcke beruht auf anderer Grundlage, indem er sich auf die physiologisch ungleichwerthigen Glieder einer höheren Indivi- dualitätsstufe, des Stockes, bezieht. Er wurde bereits als Ent- wickelungserscheinung im Zusammenhang mit dem Generations- wechsel betrachtet. Dagegen würde hier noch der ihm nahe verwandte Polymorphismus zu betrachten sein, den wir bei Thierstaaten beobachten.
Bei der Biene wurden bereits die Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Individuen auf die Anwesenheit von Doppeldeterminanten bezogen. Bekanntlich kommt aber bei der Honigbiene noch eine dritte Form von Individuen vor: die Arbeiterinnen. Diese unterscheiden sich von den Weibchen durch die geringe Entwickelung der Ovarien, deren Eiröhren nicht nur an Zahl weit hinter denjenigen der "Königin" zurück- bleiben, sondern auch häufig gar keine Eier entfalten, oder doch nur ganz wenige. Auch das Receptaculum seminis ist mehr oder weniger verkümmert, und der Hinterleib viel kürzer und dünner als bei der Königin. Wäre dies Alles, was beide Weibchenformen unterscheidet, so würde man kaum genöthigt sein, besondere Determinanten jener Theile für die Arbeiterinnen im Keimplasma anzunehmen; man würde sich vorstellen können,
formen. Idioplasmatisch beruhte dies darauf, dass die erste und älteste Form einfache Flügel-Determinanten besässe, während die zweite und dritte Form Doppeldeterminanten hätte, deren männliche Hälfte die ursprüngliche Beschaffenheit beibehielt, während die weibliche Hälfte nach zwei verschiedenen Richtungen abänderte.
Dreigestaltigkeit einer Art zwingt also nicht ohne Weiteres, wie man hätte denken können, zur Annahme von dreifachen Determinanten, und Polymorphismus nicht zur Annahme vier- und fünffacher Determinanten.
Der Polymorphismus der Thier- und Pflanzen- stöcke beruht auf anderer Grundlage, indem er sich auf die physiologisch ungleichwerthigen Glieder einer höheren Indivi- dualitätsstufe, des Stockes, bezieht. Er wurde bereits als Ent- wickelungserscheinung im Zusammenhang mit dem Generations- wechsel betrachtet. Dagegen würde hier noch der ihm nahe verwandte Polymorphismus zu betrachten sein, den wir bei Thierstaaten beobachten.
Bei der Biene wurden bereits die Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Individuen auf die Anwesenheit von Doppeldeterminanten bezogen. Bekanntlich kommt aber bei der Honigbiene noch eine dritte Form von Individuen vor: die Arbeiterinnen. Diese unterscheiden sich von den Weibchen durch die geringe Entwickelung der Ovarien, deren Eiröhren nicht nur an Zahl weit hinter denjenigen der „Königin“ zurück- bleiben, sondern auch häufig gar keine Eier entfalten, oder doch nur ganz wenige. Auch das Receptaculum seminis ist mehr oder weniger verkümmert, und der Hinterleib viel kürzer und dünner als bei der Königin. Wäre dies Alles, was beide Weibchenformen unterscheidet, so würde man kaum genöthigt sein, besondere Determinanten jener Theile für die Arbeiterinnen im Keimplasma anzunehmen; man würde sich vorstellen können,
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formen. Idioplasmatisch beruhte dies darauf, dass die erste und
älteste Form einfache Flügel-Determinanten besässe, während
die zweite und dritte Form Doppeldeterminanten hätte, deren
männliche Hälfte die ursprüngliche Beschaffenheit beibehielt,
während die weibliche Hälfte nach zwei verschiedenen Richtungen
abänderte.
Dreigestaltigkeit einer Art zwingt also nicht ohne Weiteres,
wie man hätte denken können, zur Annahme von dreifachen
Determinanten, und Polymorphismus nicht zur Annahme vier-
und fünffacher Determinanten.
Der Polymorphismus der Thier- und Pflanzen-
stöcke beruht auf anderer Grundlage, indem er sich auf die
physiologisch ungleichwerthigen Glieder einer höheren Indivi-
dualitätsstufe, des Stockes, bezieht. Er wurde bereits als Ent-
wickelungserscheinung im Zusammenhang mit dem Generations-
wechsel betrachtet. Dagegen würde hier noch der ihm nahe
verwandte Polymorphismus zu betrachten sein, den wir bei
Thierstaaten beobachten.
Bei der Biene wurden bereits die Unterschiede zwischen
weiblichen und männlichen Individuen auf die Anwesenheit von
Doppeldeterminanten bezogen. Bekanntlich kommt aber bei
der Honigbiene noch eine dritte Form von Individuen vor: die
Arbeiterinnen. Diese unterscheiden sich von den Weibchen
durch die geringe Entwickelung der Ovarien, deren Eiröhren
nicht nur an Zahl weit hinter denjenigen der „Königin“ zurück-
bleiben, sondern auch häufig gar keine Eier entfalten, oder doch
nur ganz wenige. Auch das Receptaculum seminis ist mehr
oder weniger verkümmert, und der Hinterleib viel kürzer und
dünner als bei der Königin. Wäre dies Alles, was beide
Weibchenformen unterscheidet, so würde man kaum genöthigt
sein, besondere Determinanten jener Theile für die Arbeiterinnen
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/518>, abgerufen am 22.11.2024.
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