schichte der Arten. Die Festhaltung dieser Ubereinstimmung bei der fortwährenden Kreuzung der Individuen beruht natür- lich eben auf dieser annähernden Gleichheit der entsprechenden linken und rechten Determinanten bei beiden Eltern. Es ist klar, dass nach unserer Vorstellung von dem Bau des Idio- plasma's mit der Gleichheit der antimeralen Determinanten beider Eltern auch die Gleichheit der betreffenden Theile des Kindes gegeben ist, denn mit diesen Determinanten ist auch die Ver- hältnisszahl der auf mütterlicher und väterlicher Seite vor- handenen homodynamen Ide, und damit das Verhältniss zwischen der "bestimmenden Kraft" des väterlichen und mütterlichen Idio- plasma's für das betreffende Organ gegeben. Da dies nun rechts und links gleich sein muss, so muss auch das Organ selbst auf beiden Seiten dieselbe Mischung väterlicher und mütterlicher Charaktere aufweisen, d. h. es muss rechts und links gleich sein.
Ich glaube nicht, dass diese Thatsachen sich durch irgend eine der andern theoretischen Annahmen vom Bau der Vererbungs- substanz verstehen lassen. Die Annahme von Pangenen z. B. könnte wohl erklären, dass eine Mischung väterlicher und mütter- licher Merkmale für das betreffende Organ, z. B. das äussere Ohr, überhaupt zu Stande käme, nicht aber, wieso dieselbe für das rechte und linke Ohr die gleiche sein müsste.
Für die Richtigkeit des auf anderem Wege gefundenen Satzes von der Vorausbestimmung der Vererbungsmischung eines jeden Theiles vom Keim aus scheinen mir gerade diese That- sachen ein weiterer und willkommener Beweis zu sein. Un- möglich könnte das rechte und linke Ohr gleich ausfallen, wenn nicht schon in der Beschaffenheit der mütterlichen und väter- lichen Idanten das Kraftverhältniss der beiderseitigen Ver- erbungstendenzen für sämmtliche Theile des Kindes im Voraus gegeben wäre.
Nun giebt es aber Ausnahmen von der Regel. Eine Ver-
schichte der Arten. Die Festhaltung dieser Ubereinstimmung bei der fortwährenden Kreuzung der Individuen beruht natür- lich eben auf dieser annähernden Gleichheit der entsprechenden linken und rechten Determinanten bei beiden Eltern. Es ist klar, dass nach unserer Vorstellung von dem Bau des Idio- plasma’s mit der Gleichheit der antimeralen Determinanten beider Eltern auch die Gleichheit der betreffenden Theile des Kindes gegeben ist, denn mit diesen Determinanten ist auch die Ver- hältnisszahl der auf mütterlicher und väterlicher Seite vor- handenen homodynamen Ide, und damit das Verhältniss zwischen der „bestimmenden Kraft“ des väterlichen und mütterlichen Idio- plasma’s für das betreffende Organ gegeben. Da dies nun rechts und links gleich sein muss, so muss auch das Organ selbst auf beiden Seiten dieselbe Mischung väterlicher und mütterlicher Charaktere aufweisen, d. h. es muss rechts und links gleich sein.
Ich glaube nicht, dass diese Thatsachen sich durch irgend eine der andern theoretischen Annahmen vom Bau der Vererbungs- substanz verstehen lassen. Die Annahme von Pangenen z. B. könnte wohl erklären, dass eine Mischung väterlicher und mütter- licher Merkmale für das betreffende Organ, z. B. das äussere Ohr, überhaupt zu Stande käme, nicht aber, wieso dieselbe für das rechte und linke Ohr die gleiche sein müsste.
Für die Richtigkeit des auf anderem Wege gefundenen Satzes von der Vorausbestimmung der Vererbungsmischung eines jeden Theiles vom Keim aus scheinen mir gerade diese That- sachen ein weiterer und willkommener Beweis zu sein. Un- möglich könnte das rechte und linke Ohr gleich ausfallen, wenn nicht schon in der Beschaffenheit der mütterlichen und väter- lichen Idanten das Kraftverhältniss der beiderseitigen Ver- erbungstendenzen für sämmtliche Theile des Kindes im Voraus gegeben wäre.
Nun giebt es aber Ausnahmen von der Regel. Eine Ver-
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schichte der Arten. Die Festhaltung dieser Ubereinstimmung
bei der fortwährenden Kreuzung der Individuen beruht natür-
lich eben auf dieser annähernden Gleichheit der entsprechenden
linken und rechten Determinanten bei beiden Eltern. Es ist
klar, dass nach unserer Vorstellung von dem Bau des Idio-
plasma’s mit der Gleichheit der antimeralen Determinanten beider
Eltern auch die Gleichheit der betreffenden Theile des Kindes
gegeben ist, denn mit diesen Determinanten ist auch die Ver-
hältnisszahl der auf mütterlicher und väterlicher Seite vor-
handenen homodynamen Ide, und damit das Verhältniss zwischen
der „bestimmenden Kraft“ des väterlichen und mütterlichen Idio-
plasma’s für das betreffende Organ gegeben. Da dies nun rechts
und links gleich sein muss, so muss auch das Organ selbst auf
beiden Seiten dieselbe Mischung väterlicher und mütterlicher
Charaktere aufweisen, d. h. es muss rechts und links gleich sein.
Ich glaube nicht, dass diese Thatsachen sich durch irgend
eine der andern theoretischen Annahmen vom Bau der Vererbungs-
substanz verstehen lassen. Die Annahme von Pangenen z. B.
könnte wohl erklären, dass eine Mischung väterlicher und mütter-
licher Merkmale für das betreffende Organ, z. B. das äussere
Ohr, überhaupt zu Stande käme, nicht aber, wieso dieselbe für
das rechte und linke Ohr die gleiche sein müsste.
Für die Richtigkeit des auf anderem Wege gefundenen
Satzes von der Vorausbestimmung der Vererbungsmischung eines
jeden Theiles vom Keim aus scheinen mir gerade diese That-
sachen ein weiterer und willkommener Beweis zu sein. Un-
möglich könnte das rechte und linke Ohr gleich ausfallen, wenn
nicht schon in der Beschaffenheit der mütterlichen und väter-
lichen Idanten das Kraftverhältniss der beiderseitigen Ver-
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gegeben wäre.
Nun giebt es aber Ausnahmen von der Regel. Eine Ver-
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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/399>, abgerufen am 22.11.2024.
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